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Augsburg: "Fühlen uns überrumpelt": So reagieren Augsburger auf den zweiten Lockdown

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"Fühlen uns überrumpelt": So reagieren Augsburger auf den zweiten Lockdown

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    Wegen stark steigender Corona-Zahlen gilt in Augsburg ab Freitag, 30. Oktober, um 21 Uhr ein neuer Lockdown.
    Wegen stark steigender Corona-Zahlen gilt in Augsburg ab Freitag, 30. Oktober, um 21 Uhr ein neuer Lockdown. Foto: Silvio Wyszengrad

    Jetzt ist es beschlossene Sache: Nachdem Augsburg einen Sieben-Tage-Inzidenzwert von über 250 erreicht hat, kommt der vorgezogene Lockdown für die Stadt. Neben den ohnehin schon auf Bundes- und Landesebene beschlossenen Maßnahmen greifen in Augsburg seit Freitag 21 Uhr zusätzliche Regeln - unter anderem die Maskenpflicht an besonders belebten Plätzen. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

    Die Maskenpflicht ist seit Freitagabend in Augsburg noch ausgeweitet: Nicht nur in Teilen der Innenstadt, auch auf Spielplätzen, in öffentlichen Parks oder auf Spazierwegen entlang von Lech und Wertach müssen Mund und Nase bedeckt werden.
    Die Maskenpflicht ist seit Freitagabend in Augsburg noch ausgeweitet: Nicht nur in Teilen der Innenstadt, auch auf Spielplätzen, in öffentlichen Parks oder auf Spazierwegen entlang von Lech und Wertach müssen Mund und Nase bedeckt werden. Foto: Silvio Wyszengrad

    "Die Tage vor der Entscheidung waren sehr emotional.“ erzählt Manuela Marslin, Gründerin und Inhaberin des Yoga-Studios "Wolke 34". Zwar habe sie aufgrund der stetig steigenden Infektionszahlen damit gerechnet, ihr Studio schließen zu müssen, aber jetzt steht es wirklich fest. Seit Donnerstag laufen die Vorbereitungen für die nächste Zeit. Für die kommenden vier Wochen seien nun wieder Online-Übertragungen der Stunden geplant. So handhaben es auch viele andere Studios oder Musikschulen. Immerhin könne man auf Programme aus dem Frühjahr zurückgreifen.

    Für einige Sportvereine spitzt sich die Lage mit dem Lockdown zu

    Neben dem Aufwand für den Lockdown gilt der Blick aber auch der finanziellen Lage. "Die Treue unserer Kunden, das Entgegenkommen der Yoga-Lehrer, die gute Zusammenarbeit mit dem Vermieter sowie die Subventionen des Staats ermöglichen uns, durch das Jahr 2020 zu kommen“, schöpft Marslin Mut.

    Auch Christian Butz, Leiter Organisation beim Turnverein Augsburg, zeigt sich kämpferisch: "Aufgeben kommt für Sportler nie in Frage, daher werden wir weiterkämpfen und diese schwierige Phase überstehen“, sagt er. Für die Sportvereine, gerade für die Großvereine, aber auch Fitness-Studios, die auch hauptberufliche Angestellte haben, ist der neuerliche Lockdown aber trotzdem eine Katastrophe. Durchhalten sei auch hier eine Frage der Finanzen. Beim TVA beispielsweise wurden neben den üblichen Maßnahmen Lüftungsanlagen nachgerüstet, Trenn- und Spuckwände in den Duschen, den Trainingsräumen und in den Saunakabinen installiert. „Das hat nicht nur einmalige Kosten in Höhe von vielen Tausend Euro verursacht, auch die laufenden Kosten haben sich erhöht“, so Butz. Dass all diese Maßnahmen, die funktioniert haben, jetzt offenbar umsonst waren, sei frustrierend für alle Beteiligten. Man hoffe nun, dass die Mitglieder dem Verein treu bleiben, da sich die finanzielle Situation sonst zusehends verschärft. "Aus Gesprächen mit Verantwortlichen anderer Vereine, weiß ich, wie eng es für viele Sportvereine wird.“

    Augsburgs Freizeiteinrichtungen fehlen Alternativen

    Auch bei vielen Freizeiteinrichtungen sitzt der Frust tief. Bowling-Center, Indoor-Minigolf - alles muss schließen. Manche Einrichtung versucht, wenigstens für die angeschlossene Gastronomie ein Mitnahme-Angebot zu bieten. Beim Spielepark „Jimmy’s Fun Park“ – der zwar in Dasing im Landkreis Aichach-Friedberg liegt, aber von vielen Augsburgern besucht wird – zeigt man sich ein Stück weit hilflos. "Mittlerweile gewöhnt man sich fast daran, dass wir nur einen Monat auf haben“, sagt Mitarbeiter Christian Wolf. Zu der Frage, ob sie momentan Alternativen hätten, äußert er sich nachdenklich. "Im Sommer konnten wir Hüpfburgen vermieten, aber momentan läuft alles im Indoor-Bereich ab.“ Immerhin habe man sich über die Jahre eine finanzielles Polster anlegen können, das nun weiter helfe.

    Auch bei der Sauna- und Badewelt Titania in Neusäß gehen die Mitarbeiter ab Montag wieder in Kurzarbeit. Dass die Beschäftigten teils frustriert seien, läge nicht nur am Verdienstausfall. „Vielen ist es auch wichtig, gebraucht zu werden und einen sinnvollen Job zu machen“, so die stellvertretende Betriebsleiterin Petra Voßick.

    Beim Kino Liliom findet man es schade, dass die Appelle, die die Branche an die Politik gesandt hat, nicht gehört wurden. "Durch das umfassende Hygienekonzept hat sich nur eine Anzahl von 1,5 Prozent der infizierten Menschen in den Restaurants und Kinos angesteckt", sagt Liliom-Leiterin Daniela Bergauer. Trotzdem kommt jetzt auch für sie der Lockdown.

    Gastronomen in Augsburg fühlen sich überrumpelt

    Unter den Augsburger Gastronomen herrscht Frust über die aktuelle Lage. Luigi Mucci, Chef des "Gallo Nero" am Jakobsplatz, sagt, für ihn und seine Branche sei die bereits ab Freitagabend gültige Schließung überraschend gekommen. Nun müsse er "70 Prozent der eingekauften Waren wegschmeißen". Ein zusätzlicher Verlust - und das, nachdem das Restaurant seit dem Frühjahr in das Hygienekonzept investiert habe. Etwa mit einem Luftreiniger und Trennwänden zwischen einzelnen Tischen. Mucci sagt, "wir fühlen uns überrumpelt". Das "Gallo Nero" setze im November nun auf Take-Away und hoffe so auf ein wenig Umsatz. Ob er nach vier Wochen wirklich wieder öffnen kann? Mucci sagt, er glaube nicht recht daran.

    Luigi Mucci vom Restaurant Gallo Nero äußert sich skeptisch, was das Jahr für die Gastronomie angeht.
    Luigi Mucci vom Restaurant Gallo Nero äußert sich skeptisch, was das Jahr für die Gastronomie angeht. Foto: Bernd Hohlen

    Den Glauben an ein gutes Ende für die Gastronomie in diesem Jahr verliert auch Michael Foag. Der Gastronom betreibt den "Berghof" in Göggingen. "Wir wurden vom frühzeitigen Lockdown überrascht - wenn das jetzt des Rätsels Lösung sein soll, um die Fallzahlen zu senken..." Seine überschüssige Ware habe er nun der Tafel gespendet, das Restaurant sei an diesem letzten Tag komplett ausgebucht. Dabei war das Geschäft in den vergangenen Wochen stark rückläufig.

    Foag sagt, "ich vermute, wir öffnen dieses Jahr nicht mehr." Was die angekündigten Umsatzhilfen angeht - Betriebe bis zu 50 Mitarbeiter sollen 75 Prozent des Umsatzes aus November 2019 oder aber des Jahresdurchschnittes erhalten - bleibe er skeptisch. Er habe, erklärt der Gastronom, gehört, die Bewilligung laufe über den Steuerberater, aber zumindest seiner wisse noch nichts. "Sollte dieses Geld wirklich kommen, müsste ich meine Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken." Die hat er jetzt vorsorglich für das ganze Team beantragt.

    Die IHK Schwaben stellt die Frage nach der Zukunft

    Bei der Industrie- und Handelskammer für Schwaben sieht man die Lage ebenfalls kritisch: "Die wirtschaftlichen Folgen dieses neuerlichen Lockdowns werden gravierend sein“, stellt Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben fest. Gerade in der ohnehin stark gebeutelten Hotellerie und Gastronomie, der Veranstaltungsbranche sowie in der Freizeitwirtschaft droht trotz staatlicher Förderung eine Insolvenzwelle. Unbeantwortet bleibt aus Sicht der IHK die Frage, wie viele Lockdowns die Wirtschaft noch verkraften kann? Kopton: "Statt eines Lockdowns brauchen die Unternehmen differenzierte und umsetzbare Instrumente, wie sie unter Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Lebens ihren Beitrag zum Gesundheitsschutz leisten können. Denn am Willen und dem Verantwortungsbewusstsein der Wirtschaft fehlt es nicht.“

    Doch selbst in Branchen, die trotz Lockdown weiter geöffnet haben dürfen, sieht man den nächsten Wochen skeptisch entgegen. Augsburger Einzelhändler fürchten, dass die Bürger die Geschäfte der Innenstadt trotzdem weitestgehend meiden werden. "Die Menschen sind angesichts der hohen Infektionszahlen und der getroffenen Maßnahmen verunsichert", heißt es von verschiedenen Akteuren. Man tue aber weiterhin alles, das Einkaufen so sicher wie möglich zu machen. Hört man sich bei Friseuren um, ist der Tenor ähnlich. Es werden wohl weiter Kunden kommen, aber wohl auch Absagen für bereits vereinbarte Termine.

    Alle Neuigkeiten zum Coronavirus in Augsburg lesen Sie in unserem News-Blog.

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