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Augsburg: Frau erhebt Vorwürfe: Wie christlich muss eine Caritas-Mitarbeiterin sein?

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Frau erhebt Vorwürfe: Wie christlich muss eine Caritas-Mitarbeiterin sein?

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    Eine 42-Jährige bekam keinen Vertrag mehr von der Caritas. Die Gründe dafür sind umstritten.
    Eine 42-Jährige bekam keinen Vertrag mehr von der Caritas. Die Gründe dafür sind umstritten. Foto: Paul Zinken, dpa (Symbolbild)

    Im vergangenen Frühjahr trennten sich die Wege von Marion F. und ihrem katholischen Arbeitgeber – der Caritas. Ein Vorgang, der die Augsburgerin, die ihren ganzen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, auch heute noch sehr beschäftigt. Denn ihrer Meinung nach wurde sie von ihrem damaligen Arbeitgeber nicht weiterbeschäftigt, weil sie zwischenzeitlich aus der Kirche ausgetreten war. Für sie eine schmerzvolle Erfahrung, die sie emotional sehr belastet und auch nach wie vor ärgert. „Ich bin enttäuscht. Die Wertigkeit meiner Arbeit wurde dadurch total untergraben“, sagt die Heilpädagogin.

    2010 bei der Caritas angefangen

    2010 begann die Augsburgerin für die Caritas zu arbeiten. Damals gehörte sie noch der katholischen Kirche an. Sie arbeitete 20 Stunden monatlich projektbezogen und hatte dafür einen Honorar-Vertrag. Beim „Kiasu-Projekt“ kümmerte sie sich um Kinder und Jugendliche aus suchtbelasteten Familien. „Das war eine tolle Tätigkeit, die eine besondere Feinfühligkeit voraussetzte“, sagt sie. Daneben arbeitete sie für verschiedene andere Arbeitgeber im sozialen Bereich.

    Im vergangenen Jahr wurden die Vertragsmodalitäten bei der Caritas überprüft. Marion F. sollte nach Wunsch ihres Arbeitgebers ein reguläres Anstellungsverhältnis aufnehmen, einen Minijob. „Aufgrund der Gesetzesänderungen bezüglich Scheinselbstständigkeit wollte die Caritas keinen Honorar-Vertrag mehr. Dabei bin ich natürlich gar nicht scheinselbstständig“, betont sie. Dennoch ließ sie sich, weil ihr das Projekt sehr am Herzen lag, auf die Veränderung ein und musste sich formal neu um ihre Stelle bewerben und somit einen Personalbogen ausfüllen.

    Zwischenzeitlich aus der Kirche ausgetreten

    Nur: Zwischenzeitlich war die Augsburgerin aus der Kirche ausgetreten. „Ich wollte nicht lügen und gab an, dass ich konfessionslos bin.“ Was folgte, waren aus ihrer Sicht unangenehme Gespräche, die in einem Auflösungsvertrag mündeten. „Ich war fix und fertig, fühlte mich missverstanden und in die Ecke gedrängt“, sagt die 42-Jährige sichtlich bewegt. Mehrere Gründe hatten sie zum Kirchenaustritt bewogen. Die ihres Erachtens nicht mehr zeitgemäße Haltung der Kirche, das verkrustete Frauenbild, der Zölibat, der Umgang mit Homosexualität sowie die Missbrauchsskandale waren für sie ausschlaggebend. „Meiner Meinung nach muss die Kirche reformiert und neu aufgestellt werden. Vieles passt nicht mehr in die heutige Zeit“, sagt sie.

    Dennoch sei sie ein gläubiger Mensch und habe ihre christlichen Werte in ihre Arbeit einfließen lassen. „Sieben Jahre lang hatte es trotz meiner Konfessionslosigkeit wunderbar und zur Zufriedenheit aller funktioniert.“ Marion F. führt die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an, die besagt, dass eine fehlende oder „falsche“ Konfession von Bewerbern auch bei kirchlichen Arbeitgebern nicht als Ausschlusskriterium herangezogen werden dürfen. Das sei schlichtweg diskriminierend.

    Caritasverband kontert

    Bernhard Gattner, Sprecher des Caritasverbands für die Diözese Augsburg, betont, dass niemand zwingend katholisch sein müsse, um bei der Caritas beschäftigt zu werden: „Nein, das muss nicht in jedem Fall sein.“ Es hänge vielmehr von der Position, der pädagogischen Verantwortung ab und davon, ob man die Grundordnung bereit sei mitzutragen und ob man die Kirche als Institution generell ablehne oder nicht.

    Gattner wisse die von Marion F. geleistete Arbeit zu schätzen. „Sie hat in der Tat sehr gute Arbeit geleistet. Ihr Engagement war sehr lobenswert. Das Angebot Kiasu erfuhr durch sie eine grundlegende Stabilisierung und Nachhaltigkeit.“ Selbstverständlich mache die Caritas „sehr wohl Ausnahmen“ bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter, so Gattner, würde aber voraussetzen, dass der Arbeitnehmer loyal zum Arbeitgeber stehe.

    Im persönlichen Gespräch habe sich aber gezeigt, dass die Voraussetzung für eine Beschäftigung fehle. Sie habe betont, dass sie mit der Institution Kirche nichts zu tun haben wolle, so Gattner. „Dass sie das Fehlverhalten von einzelnen Personen in der Kirche ablehnt und verurteilt, ist nachvollziehbar und verständlich. Auch die Caritas, die Teil der Kirche und eine Wesensäußerung der Kirche ist, verurteilt jegliches Fehlverhalten auch von kirchlichen Amtsträgern gegenüber Menschen.“ Dennoch dürfe die Ablehnung und die Verurteilung des Handelns einzelner Personen nicht dazu führen, dass die Kirche insgesamt abgelehnt werde. „Der Grund, Frau F. nicht anzustellen, war also nicht die fehlende Konfessions- beziehungsweise Religionszugehörigkeit, sondern ihre bewusste Abgrenzung gegenüber dem Arbeitgeber.“

    Kontakt zu den Jugendlichen besteht weiter

    Dass sie nichts mit der Institution Kirche zu tun haben wolle, will Marion F. so nicht stehen lassen. „Fakt ist doch, dass wenn ich meinen Kirchenaustritt verschwiegen hätte, immer noch Mitarbeiterin der Caritas wäre und zur Zufriedenheit aller beim Kiasu-Projekt arbeiten würde.“ Ende März des vergangenen Jahres endete das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Caritas. Was ihr geblieben ist, ist der Kontakt zu den Jugendlichen, die sie betreut hat. „Mit manchen gehe ich mal Essen, oder auf den Christkindlesmarkt oder wir halten uns über Whatsapp auf dem Laufenden. Dass ich sie weiter begleiten kann, ist mir sehr wichtig.“

    Hier lesen Sie den Kommentar von Miriam Zissler:

    Beruf: Die Religion darf keine Rolle spielen

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