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Augsburg: Flusslandschaft mit Inseln geplant: So weit und wild wird der neue Lech

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Flusslandschaft mit Inseln geplant: So weit und wild wird der neue Lech

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    Der Lech soll im Rahmen des Projekts „Licca liber“ wieder frei und wild fließen können. Auch in der Stadt Augsburg soll sich das positiv auswirken.
    Der Lech soll im Rahmen des Projekts „Licca liber“ wieder frei und wild fließen können. Auch in der Stadt Augsburg soll sich das positiv auswirken. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Der Lech bei Augsburg wird weiter und wilder. Die Pläne der Freistaates zur Renaturierung des Flussbetts sehen eine verzweigte Flusslandschaft mit Inseln vor. Sie soll sich vom Hochablass in Richtung Süden bis zum Mandichosee bei Mering erstrecken. Projektleiterin Simone Winter vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth sagt: „Es wird mehr möglich sein als gedacht.“

    Das bayerische Großprojekt läuft seit Jahren unter dem Stichwort „Licca liber“ (freier Lech). Anlass ist, dass sich der Lech immer tiefer in sein begradigtes Bett eingräbt, was Gefahren birgt. Der Fluss hat auch viele Betonschwellen im Wasser, die ihn bremsen. Künftig soll er wieder natürlicher fließen und mehr Lebensraum für wandernde Fische und andere Arten bieten.

    Lesen Sie dazu auch: Warum das Augsburger Stadtleben nicht am Lech spielt

    Diese Risiken müssen ausgeschlossen werden

    Die Planer müssen aber ausschließen, dass beim Umbau Risiken für die Bevölkerung entstehen, etwa Überschwemmungen bei Hochwasser oder steigendes Grundwasser. Deshalb wurden seit 2016 die erwünschten Ziele für die Renaturierung von Experten auf ihre technische Machbarkeit hin überprüft. Nun liegt das Ergebnis vor – und es sorgt für eine Überraschung. Lange glaubten Fachleute, der Renaturierung seien wegen vieler Zwänge enge Grenzen gesetzt. Die neueste Variante traut sich mehr. Sie geht weiter in Richtung des ursprünglichen Wildflusses.

    Am Augsburger Lech geht es erst einmal um die 9,5 Kilometer lange Strecke vom Hochablass durch den Stadtwald bis zur Staustufe 23 (Mandichosee). Künftig soll der Lech dort einen Hauptarm und zusätzliche Nebenarme bekommen. Im Hauptzweig soll er fast doppelt so breit werden wie bisher: statt 70 sind es 130 Meter. Möglich ist dies durch großzügige Deichrückverlegungen ins Hinterland.

    Zwischen dem Haupt- und einem Nebenarm soll in großen Bereichen das Gelände abgetragen werden, damit eine neue Flussaue wachsen kann, die wieder häufig überschwemmt wird und an das Grundwasser angeschlossen ist. In diesem Lebensraum können sich verschwundene Arten wieder ansiedeln. Die Nebenarme mit Kiesbänken und flachen Ufern sollen Lebensräume für Fische und Wasserlebewesen bieten. Damit Fische wieder wandern können, sollen vier der sechs Betonschwellen im Stadtwald wegfallen. Die dann noch verbleibenden Schwellen bei Flusskilometer 53,4 und 50,4 will das Wasserwirtschaftsamt in durchlässige Rampen umgebauen. Winter: „Diese Rampen sind weiterhin erforderlich, um die Flusssohle stabil zu halten.“ Der Flusslauf hat im Stadtwald ein starkes Gefälle. Deshalb gilt es als Überraschung, dass so viele Stützschwellen wegfallen können. Der Energiekonzern Uniper, früher Eon, hatte dort bislang ein sehr umstrittenes Kraftwerk im Naturschutzgebiet vorgesehen.

    Auch ein anderes Problem muss man lösen

    Auch ein anderes Problem wollen die Planer in den Griff bekommen: den Kiesmangel. Weil der Lech viele Staustufen hat, fehlt der natürliche Nachschub im Flussbett. Vorgesehen ist nun, Uferverbauungen zu beseitigen, damit die Ufer „weicher“ werden und sich der Fluss sein Material holen kann. Regelmäßige Kieszugaben unterhalb der Staustufe 23 sollen sicherstellen, dass Lech dynamischer fließt und wandernde Kiesbänke entstehen.

    Anfangs gab es Sorgen, das Projekt könnte Probleme fürs Augsburger Trinkwasser bringen, Brunnen müssten für teures Geld verlegt werden. Bürger in südlich angrenzenden Gemeinden befürchteten, das Grundwasser werde steigen und Keller unter Wasser setzen. Am Westufer des Lechs im Stadtwald liegt das Trinkwasserschutzgebiet der Stadt Augsburg, am Ostufer das Schutzgebiet der Gemeinde Kissing. Untersuchungen hätten laut Winter ergeben, dass die Renaturierung keine negativen Auswirkungen haben werde. Im Gegenteil: Durch die Stabilisierung des Flussbetts werde der Grundwasserstand stabilisiert und die Trinkwasserversorgung sichergestellt. Kissing werde nach den neuen Ergebnissen auch in anderer Weise profitieren: Bei Hochwasser im Lech können sich die Grundwasserstände um teils bis zu 50 Zentimeter verringern. Das Fazit der Projektleiterin: „Es ist uns gelungen, eine Lösung zu finden, bei der Hochwasserschutz nach einer Renaturierung weiterhin gewährleistet bleibt und die sohlstabilisierenden Maßnahmen keine negativen Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse haben.“ Gleichzeitig sei eine umfangreichere Renaturierung möglich als zunächst gedacht.

    In Augsburg ist das Umfeld für den Flussumbau noch schwieriger. Das Flussbett liegt bis zu elf Meter tiefer als das Gelände am Ufer. Die Bebauung rückt dicht an den Lech heran. Aber auch hier soll es Verbesserungen geben. Die Renaturierung werde sich auf den Abschnitt entlang der Flussmeisterstelle an der Berliner Allee beschränken. Dort sei eine Verbreiterung möglich. Denn gerade auch auf der Fließstrecke durch die Stadt gibt es ökologische Probleme im Lech. Bei Hochwasser werden Jungfische über mehrere Kilometer flussabwärts abgetrieben. Sie finden keinen Rückzugsraum. Die Flussaufweitung soll nicht nur eine Unterwasserwüste verhindern. Der Lech soll dort auch mehr Möglichkeiten für die Naherholung bieten. Zur Stabilisierung des Flussbetts und zum Schutz von Brücken sei eine zusätzliche Rampe auf Höhe der Ulrichsbrücke nötig.

    Der Freistaat muss noch Grund kaufen

    Im Herbst will das Wasserwirtschaftsamt die nächsten Planungsphasen ausschreiben. Auch Grundstücke muss der Freistaat erwerben und die Finanzierung im Haushalt verankern. Winter wagt keine Prognose, wann die Bagger auffahren. Fachleute hoffen, dass es zwischen 2025 und 2030 sein könnte. Beim Wasserwirtschaftsamt will man versuchen, eine Musterstrecke anzulegen. Bürger sollen bald die Zukunft sehen können.

    Im Rahmen von BayernTourNatur lädt das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth am 6. September zu einer Radtour ein. Unterwegs am Lech wird das Projekt vorgestellt. Auch Infoschilder entlang des Lechs sollen über das Projekt Licca liber informieren. Die Ergebnisse aus der weiterführenden Untersuchung sollen bis spätestens Herbst auf der Homepage des Wasserwirtschaftsamtes veröffentlicht werden.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Lech-Umbau: Erfreuliche Verbesserung für die Natur

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