Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wird aktuell (Dezember 2016) viral in Sozialen Netzwerken verbreitet und geteilt. Wir weisen deshalb darauf hin, dass der Artikel den Sachstand vom Dezember 2013 widergibt und durch neuere Entwicklungen veraltet, bzw. überholt sein kann.
Mehrere syrische Flüchtlingsfamilien wollen aus der Gemeinschaftsunterkunft Ottostraße ausziehen. Seit Wochen sorgen einige Familienväter für Ärger: Verbalattacken gegen Sozialarbeiter, Gebrüll, Sachbeschädigung. Ihr Argument: Im Libanon, wo sie zuvor waren, hätten ihnen Mitarbeiter der Vereinten Nationen versprochen, dass sie in Deutschland sofort Wohnungen bekommen. Am Montag eskalierte die Situation; drei Familien drohten, vor dem Rathaus zu nächtigen (wir berichteten).
"Das Verhalten ist sehr befremdend"
Die Regierung von Schwaben versucht nun mithilfe der Stadt und der Landkreise, Wohnungen zu finden. Ihre Aufgabe ist das nicht, aber der Druck ist eben groß. Peter Roos, Abteilungsleiter Soziales, weiß aber: „Etwas zu finden, wird schwer.“ Die Familien haben bis zu acht Kinder, die Erwachsenen sprechen kein Deutsch oder Englisch. Und einige von ihnen sind ziemlich rabiat. Da reichte es sogar denjenigen, die von Berufs wegen viel Verständnis haben. So sagt Wolfgang D. Friedel, Referatsleiter Migration der Caritas: „Das Verhalten ist sehr befremdend.“ Berater hätten sich von Anfang an um Schule, Krankenkasse usw. gekümmert. Es sei sogar eine Mitarbeiterin vor Ort, die aus Syrien stammt. Trotzdem schalten Leute auf stur. Vor allem ein Mann spielt sich offenbar in „Clanführer-Manier“ als Rädelsführer auf.
Die Syrer sind Kontingentflüchtlinge. Aufgrund des Bürgerkriegs und der Not der 2,3 Millionen Flüchtlinge hat die Bundesrepublik sich bereit erklärt, 5000 aufzunehmen. Diese sind gegenüber Asylbewerbern privilegiert: Sie müssen kein Verfahren durchlaufen, bekommen höhere Sozialleistungen, dürfen sofort arbeiten und müssen nicht in Sammelunterkünften leben. Friedel, der oft im Nahen Osten war, vermutet, dass bei der „Auswahl“ Bestechungsgelder eine Rolle spielen, die sich nur eine bestimmte Schicht leisten kann: „Da kommen nicht die Armen aus den Flüchtlingslagern zu uns.“ Auch die Syrer in der Ottostraße sagen, im Libanon hätten sie Wohnung und Arbeit gehabt. Die Rückkehrberatung der Caritas ist bereits involviert.
Schwierigkeiten werden erklärt
Die Unterkunft in der Ottostraße gilt als beste in Augsburg. Das Haus, im November eröffnet, ist renoviert, gut ausgestattet, für ein Flüchtlingsheim großzügig. Es hat viele Mitarbeiter. Im oberen Stock sind Asylbewerber untergebracht. Die syrischen Familien wohnen im Erdgeschoss, etwa 40 Leute, Scharen von Kindern rennen den Gang entlang; die ordentlichen, aber kahlen Räume bieten keinen Schallschutz, es ist laut. Ahmed Safrani steht mittendrin und versucht zu erklären, wie schwierig es sei. Die Versorgung sei gut, die Berater hilfsbereit. Aber seine siebenköpfige Familie ist auf zwei Zimmer verteilt. Wenn ein Kind krank ist, stecke es andere an. „Die Großen können nicht in Ruhe Aufgaben machen.“
Als der Hausmeister den Hausaufgabenraum aufsperrt, sagen die Eltern, dort hätten die Kinder bislang nicht hineingedurft. Der Hausmeister betont, man habe erklärt, dass jeder nach dem Schlüssel fragen kann, aber keiner habe das getan. Die reguläre Hausaufgabenbetreuung der Organisation Tür an Tür startete gestern. Safrani will trotzdem weg. Eine Rückkehr in den Libanon kommt nicht infrage. Er hofft, dass er in ein anderes Bundesland ziehen darf, wo es mehr Wohnungen gibt. Denn in Augsburg hat er keine Chance. Tür an Tür hat für Flüchtlinge im April das Projekt „Move in“ ins Leben gerufen, das bei der Suche hilft. 100 Personen stehen auf der Liste, erst wenige wurden vermittelt.