Augsburg

Flüchtlinge sollen kommen, Lokal will nicht gehen

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    Thang und Cuc Nguyen vor ihrem vietnamesischen Restaurant Thai King in der Hammerschmiede. In das Gebäude sollen nach der Sanierung 50 Asylbewerber einziehen.
    Thang und Cuc Nguyen vor ihrem vietnamesischen Restaurant Thai King in der Hammerschmiede. In das Gebäude sollen nach der Sanierung 50 Asylbewerber einziehen. Foto: Andreas Schwarzbauer

    50 Asylbewerber sollen in einem Gebäudekomplex an der Neuburger Straße untergebracht werden. Im vorderen Teil, dem ehemaligen Lokal Heimstätte, betreibt die Familie Nguyen seit zwei Jahren das Restaurant Tai King – und möchte nicht gehen. Hausbesitzer ist die Schreiegg Grundbesitzgesellschaft, die zu Postbräu Thannhausen gehört. Sie will das heruntergekommene Haus umbauen und an die Stadt vermieten. Nun werfen Nachbarn Stadt und Brauerei vor, die Existenz der Familie Nguyen zu gefährden. Ein Anwohner, der ebenfalls ein Büro in dem Bau hat, zitiert die städtische Website zum Thema Asyl, auf der steht: „Auf keinen Fall sollen Objekte entmietet werden, um diese als Unterkunft für Asylsuchende anzubieten.“

    Das Lokal zog vor zwei Jahren von der Berliner Allee in die Hammerschmiede. Die Chefin Cuc Nguyen bricht in Tränen aus, wenn sie über die Kündigung spricht: „Wir wollen weitermachen, wir möchten das Haus sogar kaufen. Wir haben viel in das Restaurant investiert und es ist schwer, sich woanders wieder einen Kundenstamm aufzubauen.“ Die gebürtige Vietnamesin ist 54, ihr Mann 58 Jahre alt – da finde man keinen Job mehr. Sie sagt, es habe von Anfang an eine Kaufoption bestanden, legt einen Finanzierungsplan der Sparkasse und den Entwurf eines Notarvertrags vor. Im Sommer habe man sie immer wieder hingehalten – dann sei die Kündigung gekommen.

    Gekündigt wurde auch zwei anderen Mietern: einem Steuerberater sowie dem Elektriker Wolfgang Ritter, der dort seit Jahrzehnten ein Lager hat. Diese Kündigungen wurden allerdings wieder zurückgezogen. Das Büro der Siedlergemeinschaft, die den Bau einst als Begegnungsstätte errichtet hatte, war nie gefährdet. Die anderen Einheiten stehen leer.

    Stadt Augsburg: Haus wird nicht nur wegen Flüchtlingen geräumt

    Anna-Dina Priller, Geschäftsführerin der Schreiegg GmbH, verteidigt die Vorgehensweise. Das Gebäude sei renovierungsbedürftig; die Sanierung jedoch mit dem Lokal als Mieter wirtschaftlich nicht machbar. Priller bezweifelt, dass die Lokalbetreiber den Kauf finanzieren könnten. Außerdem habe aufgrund von Beschwerden aus der Nachbarschaft bezüglich Hygiene, Müll und Geruch Handlungsbedarf bestanden und die Betreiber seien vertragsbrüchig geworden. Dann sei die Stadt auf das Unternehmen zugekommen. Rund eine dreiviertel Million Euro will die GmbH in den Umbau stecken; 2016 soll er fertig sein. Unter anderem sollen Sanitäranlagen eingebaut, die Kegelbahn soll umgebaut und mit Fenstern versehen werden, sodass dort Menschen wohnen können. „Wir werden uns nicht nur an den Mindestanforderungen orientieren“, sagt Priller. Sie räumt ein, „dass die Kündigungsschreiben erst mit Klarheit über die weitere Nutzung versendet wurde. Allerdings ist dies ein komplett normaler Vorgang, der aus unserer Sicht auch folgerichtig erscheint“. Dem Lokal habe man zwei Alternativen angeboten. Darauf hätten die Betreiber nicht reagiert.

    Auch Sozialreferent Stefan Kiefer betont: „Es wird nicht wegen Asyl geräumt, sondern es gibt ohnehin Veränderungsdruck.“ Der Mietvertrag sei noch nicht unterschrieben; er geht von Mietzahlungen von rund 300 Euro pro Person und Monat aus, also 180000 Euro im Jahr. Diese seien wegen des Renovierungsaufwandes, Möblierung und Nebenkosten gerechtfertigt. Kiefer mutmaßt, das einige Nachbarn die Sorge um das Lokal vorschieben, um die Flüchtlingsunterkunft zu verhindern. „Wir bekommen viele Angebote und kennen die Vorgeschichte nicht“, gibt er zu. Das Asylteam frage stets nach und lehne auch Objekte ab. Mehrfach habe sich zum Beispiel herausgestellt, dass Inhaber das Thema als Druckmittel nutzen, um bei Nachbarn eine Baugenehmigung zu erzwingen.

    Sorge um Lokal oder nur Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkunft?

    Beschwerden, Vertragsbruch? Cuc Nguyen wehrt sich. Es sei mündlich vereinbart gewesen, dass sie Bier der Marke König Ludwig ausschenkt, es aber während der Startphase im Supermarkt billiger einkaufen darf, als es ihr die Brauerei geben würde. Plötzlich habe man ihr Vertragsbruch vorgeworfen. Auch habe sich nie ein Nachbar bei ihr beschwert. Mader will davon ebenfalls nichts gehört haben. Ein Rundgang bringt keine Auffälligkeiten, außer dass die Wertstofftonnen nicht eingehaust sind. Der Steuerberater räumt ein, dass er durch die künftige Nutzung Geschäftseinbußen befürchtet, verwahrt sich jedoch gegen den Vorwurf, ausländerfeindlich zu sein. „Es ist eine moralische Frechheit, Menschen, die jahrzehntelang Steuern gezahlt haben, die Existenzgrundlage zu entziehen, um mit ihren Steuergeldern das Objekt anzumieten.“

    Wie soll es weitergehen? Kiefer hofft, die Wogen bei einem Infoabend im Pfarrsaal Christkönig am 13. Oktober glätten zu können. Anwohner diskutieren bereits über diesen Termin. Einige wollen eine Demo organisieren, andere die Veranstaltung boykottieren, weil sie sie für eine Farce halten.

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