Für Mediziner ist es Routine, doch die Sorge in der Bevölkerung ist groß, nachdem bekannt wurde, dass ein Asylbewerber, der in einer Unterkunft im Spickel wohnt, wegen ansteckender Tuberkulose im Klinikum behandelt werden muss. Im städtischen Gesundheitsamt häufen sich die Anrufe von Menschen aus dem Stadtteil.
Tuberkulose bei Mensch und Tier
Die Infektionskrankheit befällt vor allem die Lunge, kann aber auch andere Organe treffen.
Häufigster Infektionsweg für Menschen ist die Tröpfcheninfektion durch die Luft.
Die Erkrankung ist medikamentös sehr gut behandelbar.
Dem Landesamt für Gesundheit zufolge besteht keine erhöhte Infektionsgefahr durch die Rinder-Tbc. Nur bei direktem Kontakt zu kranken Tieren ist eine Ansteckung denkbar.
Die Tbc bei Menschen ist meldepflichtig. Seit 2001 ging die Fallzahl in Bayern um die Hälfte zurück.
Rinder-Tbc ist anzeigepflichtig. Tiere bleiben meist lange unauffällig; Organveränderungen fallen oft erst bei der Fleischuntersuchung auf.
Die Rinder-Tbc ist eine Zoonose: Der Erreger überträgt sich vom Tier auf Menschen und umgekehrt.
Das Mykobakterium bovis findet sich auch bei Dachsen (in England) und Weißwedelhirschen (USA) oder das Mykobakterium caprae bei Rotwild in Deutschland und Österreich.
Milch für Verzehr und Verarbeitung muss von Tbc-freien Tieren stammen. Rohmilch, die ab Hof verkauft wird, ist abzukochen.
Rohmilchkäse darf nur aus Milch von amtlich als Tbc-frei geltenden Herden hergestellt werden.
Europaweit wird jedes Rind für den menschlichen Verzehr einer Tier- und Fleischuntersuchung unterzogen. Es darf nur verwendet werden, wenn die gesundheitliche Unbedenklichkeit feststeht.
Betriebe unter Tbc-Verdacht sind mindestens sechs Wochen gesperrt.
Verdächtige Tiere werden getötet, die Milch der anderen muss erhitzt werden. Tiere dürfen in dieser Zeit nicht verkauft werden.
Der stellvertretende Amtsleiter Dr. Thomas Wibmer möchte sie beruhigen. Es sei so gut wie ausgeschlossen, dass Nachbarn sich angesteckt haben. Es sei auch bei weitem nicht der erste Tbc-Fall in der Stadt in diesem Jahr.
19 Augsburger sind 2015 bislang an Tbc erkrankt. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 31 Personen. „Die Zahl der Fälle geht also zurück, obwohl es mehr Asylbewerber gibt“, sagt Wibmer. In Augsburg habe es immer wieder Erkrankungen gegeben, auch in Asylbewerberunterkünften.
Die Gebäude bzw. deren Bewohner müssten deshalb jedoch keineswegs unter Quarantäne gestellt werden. Die Ansteckungsgefahr bei normalem Kontakt sei für Erwachsene sehr gering; eine Ansteckung über Menschen, die mit dem Kranken Kontakt hatten, sei gar nicht möglich. Das Gesundheitsamt untersucht aber vorschriftsmäßig alle 37 Bewohner der Unterkunft sowie Mitarbeiter des Helferkreises und der Behörden, die mit dem Mann Kontakt hatten. Er lebte seit etwa zwei Wochen in dem Haus an der Carron-du-Val-Straße. Asylbewerber werden bei ihrer Ankunft auf Tbc untersucht. Aufgrund der Inkubationszeit kann es jedoch sein, dass die Krankheit erst danach ausbricht.
Tuberkulose-Verdächtige dürfen die Infektionsstation nicht verlassen
Der Mann kam am vergangenen Mittwoch ins Klinikum. Seit der Schließung der Zusamklinik ist es das einzige Krankenhaus der Region, dass Tbc-Patienten behandelt. Laut Sprecherin Ines Lehmann sind immer wieder Patienten am Klinikum, die behandelt werden oder sich in der Abklärungsphase befinden. Lehmann weiter: „Patienten, bei denen sich der Verdachtsfall einer ansteckenden Tuberkulose bestätigt, müssen auf die Infektionsstation und dürfen diese auf eigene Faust nicht verlassen. Erklärt sich ein Patient mit den Isolationsmaßnahmen nicht einverstanden und verlässt das Klinikum ohne Einwilligung der Ärzte, wird – je nach Diagnose – die Polizei verständigt.“ Ein solcher Fall sei den Ärzten jedoch nicht bekannt.
Dr. Reinhard Hoffmann ist Chefarzt des Instituts für Labormedizin und Mikrobiologie am Klinikum. Ihm zufolge ist Tbc vor allem in Afrika verbreitet. Das liege zum einen an den schlechten Lebenbedingungen, Unterernährung und räumlicher Enge in Wohngebäuden. Der zweite Grund sei Aids. Laut Weltgesundheitsorganisation zählen Irak, Syrien und Afghanistan nicht zu den stark betroffenen Regionen. Hoffmann: „Unsere Widerstandsfähigkeit hier in Europa ist sehr hoch, weil es uns sehr gut geht. Und nicht jedes Anhusten führt zu Tbc.“
Letztmalig war Schwindsucht, wie die Infektionskrankheit früher genannt wurde, in und nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ein Problem. Es gibt Menschen, die sich damals ansteckten, aber nicht erkrankten. Sie tragen den Erreger jedoch in sich und können später erkranken, wenn ihr Immunsystem geschwächt ist.