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Augsburg: Evakuiertes Haus: Schon beim Bau gab es Probleme

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Evakuiertes Haus: Schon beim Bau gab es Probleme

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    Ein Bild aus dem Jahr 1898 zeigt die Fundamentierungsarbeiten für das Haus am Oberen Graben 8. Das Haus steht auf dem Areal links im Bild an der Böschung zur Fahrbahn. Rechts ist das Kanalbett des Inneren Stadtgrabens zu sehen. Wegen des schlammigen Untergrunds verteuerten sich die Baukosten.
    Ein Bild aus dem Jahr 1898 zeigt die Fundamentierungsarbeiten für das Haus am Oberen Graben 8. Das Haus steht auf dem Areal links im Bild an der Böschung zur Fahrbahn. Rechts ist das Kanalbett des Inneren Stadtgrabens zu sehen. Wegen des schlammigen Untergrunds verteuerten sich die Baukosten. Foto: Sammlung Häußler

    Nach der Räumung des Gebäudes am Oberen Graben 8 wegen Einsturzgefahr gingen dort am Dienstag die Untersuchungen weiter. Mittels weiterer Probebohrungen vom Keller aus soll festgestellt werden, wie tragfähig der Untergrund ist. Nachdem erste Bohrungen Ende vergangener Woche bis zu zwei Meter große Hohlräume zutage gefördert haben, hatte die Stadt das Haus mit einem Betreuten Wohnen und vier Geschäften zügig räumen lassen

    Unklar ist noch, wie es zu der Hohlraumbildung kommen konnte. Ein Ansatzpunkt ist, dass sich das Haus nicht auf gewachsenem Boden befindet, sondern dort, wo früher der Stadtgraben lag. Heute fließt der Innere Stadtgraben als etwa drei Meter breiter Kanal gemächlich dahin und ist nur ein Relikt des früheren Gewässers, das durch seine größere Breite Feinde von der Stadt fernhalten sollte.

    Schon beim Bau im 19. Jahrhundert gab es Probleme wegen des Untergrunds

    Schon beim Bau des 1899 fertiggestellten Gebäudes machten die Bodenverhältnisse den Bauarbeitern und Planern zu schaffen. „Die Baukosten für den Neubau wurden durch tiefe Fundamentierungen in schlammigem Untergrund wesentlich erhöht“, heißt es in einem Bericht zu den Bauarbeiten, den Stadthistoriker Franz Häußler in seinem Archiv hat. Die westliche Außenmauer, die auch die Einfassung des Stadtgrabens bildet, wurde auf einem sogenannten Pfahlrost errichtet, um ihr genug Halt auf dem weichen Boden zu geben. Bei den Innenwänden wurden hölzerne Grundpfeiler benutzt, die inzwischen verfault sind. Möglicherweise, so die Stadt, hängt dies damit zusammen, dass sie mit gefallenem Grundwasserspiegel nicht mehr im Wasser standen und so vor Fäulnis geschützt waren, sondern nur in leicht feuchtem Erdreich.

    Unkompliziert ist der Boden in der Altstadt nicht. Auch beim Bau des 1903 errichteten Stadtbades einige hundert Meter weiter bereiteten die Bodenverhältnisse den Planern wenig Vergnügen. Der Untergrund des einst vom Findelbach durchflossenen Grundstücks musste für ein derart schweres Gebäude erst mit einem Pfahlrost tragfähig genug gemacht werden. Und auch Elias Holl plagte sich schon mit den Bodenverhältnissen im Lechviertel ab.

    Beim Bau der Stadtmetzg ließ Holl Stämme in den Morast rammen und verlegte darauf waagrechte Balken, die die Fundamente tragen sollten. Auch dort war der Boden weich, weil er durch Lechkanäle feucht gehalten wurde und vor Urzeiten dort ein Seitenarm des Lechs lief. In den 1950er-Jahren kam es bei der Stadtmetzg zu Rissen in den Mauern, nachdem die Stadt den früher unter dem Gebäude laufenden Lechkanal etwas verlegte. Das Holz begann ohne Wasserumspülung zu faulen. 1960 musste die Stadt die Überreste des Hollschen Holzrostes durch Beton ersetzen, der bis in sechs Meter Tiefe ins Erdreich gespritzt wurde.

    Am Sicherungskonzept für das Haus am Oberen Graben gearbeitet

    Bis Ende der Woche soll bei der Stadt ein Sanierungs- und Sicherungskonzept für das Haus am Oberen Graben 8 vorliegen. Vermutlich dürfte es auch hier darauf hinauslaufen, ein neues Fundament aus Beton für die Innenwände in den Boden einzuspritzen.

    Während 21 Bewohner des Betreuten Wohnens inzwischen in leer stehenden Wohnungen im Anna-Hintermayr-Stift und im Servatiusstift sowie bei Verwandten untergekommen sind, dauert die Suche für die Inhaber der Geschäfte im Erdgeschoss noch an. Untergebracht sind dort eine Goldschmiede, ein Waxing-Studio, ein Friseur und ein Perückengeschäft.

    „Derzeit prüfen wir mögliche Optionen und gleichen die Standortanforderungen der Mieter mit möglichen Ausweichquartieren ab“, sagt Bürgermeisterin Eva Weber. Seit Samstag sei man mit den Geschäftsleuten in Kontakt. Es zeichneten sich bereits Lösungen ab.

    Berndt Wagner vom Friseur „Haarscharf“ ist erleichtert, in den Räumen der Friseurinnung in der Stettenstraße untergekommen zu sein.
    Berndt Wagner vom Friseur „Haarscharf“ ist erleichtert, in den Räumen der Friseurinnung in der Stettenstraße untergekommen zu sein. Foto: Silvio Wyszengrad

    Zumindest der Friseursalon „Haarscharf“ hat schon eine neue Bleibe. Er ist in den Räumen der Friseurinnung in der Stettenstraße 20 untergekommen. Dort hat die Innung für Schulungen und Prüfungen zwei Räume, die als Friseursalon eingerichtet sind. „Es war keine Frage, dass wir helfen“, sagt Innungs-Chef Matteo Leggio. Auch „Haarscharf“-Chef Berndt Wagner fiel ein Stein vom Herzen, als er das Angebot bekam. „Das war Hilfe in einer echten Notsituation.“ Er habe sich schon Sorgen gemacht, dass er im schlimmsten Fall nicht alle 18 Leute aus seiner Belegschaft während der Schließung weiterbeschäftigen können werde. Das sei nun vom Tisch. Auch die Stadt hatte Wagner zwei leer stehende Friseursalons genannt.

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