Die zweite Welle der Corona-Pandemie hat in Augsburg an Fahrt aufgenommen. Jeden Tag werden zahlreiche neue Fälle gemeldet. Allein am Mittwoch gab es in Augsburg 71 weitere Personen, die positiv auf das Virus getestet wurden. Jeder einzelne Fall beschäftigt das Gesundheitsamt. Es muss Einzelinterviews führen, Kontaktpersonen nachverfolgen. Betroffene fühlen sich durch das Augsburger Gesundheitsamt dennoch oft nicht richtig betreut. Steht dem Amt für die stetig wachsende Herausforderung überhaupt genug Personal zur Verfügung?
Derzeit sei genügend Personal im Augsburger Gesundheitsamt vorhanden
Augsburgs Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) sagt: "Ja, Personal ist vorhanden. Personalreferat und Personalamt haben uns hier stark unterstützt und prioritär und zeitnah Personalkapazitäten geschaffen." Mit den täglich steigenden Neuinfektionen sei es aber ab einem bestimmten Punkt keine Frage des Personals mehr. "Vielmehr muss dann überlegt werden, wie die Infektionsketten noch sinnvoll nachverfolgt werden können." Dies sei aber eine Herausforderung, der sich bundesweit viele Kommunen stellen müssten.
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr wurden im Augsburger Gesundheitsamt 20 Vollzeitstellen neu geschaffen. Zusätzlich wurden dem Gesundheitsamt für einen begrenzten Zeitraum 20 bis 30 Mitarbeiter aus anderen Abteilungen der Stadt zugewiesen. Letztlich kämen auch noch Personen in den "Contact Tracing Teams" hinzu, die für die Kontaktverfolgung zuständig sind.
Personelle Hilfe bei der Bundeswehr anzufordern, wie es bereits viele Kommunen getan haben, ist für die Stadt Augsburg bislang keine Option. Erben: "Die Bundeswehr kann zwar zeitnah Personal stellen. Es muss aber untergebracht, versorgt und mit Arbeitsplätzen ausgestattet werden." Vielmehr sei die Stadt an einer anderen Zusammenarbeit interessiert: Ermittler der Polizei sollen sich auf die Spur des Augsburger Infektionsgeschehens begeben. "Es gibt Gespräche mit der Polizei, die ein Team an Ermittlern bereitstellen kann", bestätigt der Augsburger Umweltreferent. Der Plan sei, dass sie vom eigenen Arbeitsplatz aus arbeiten könnten. Die Details seien momentan noch in der Abstimmung.
Schulen mit Quarantäne-Fällen haben keinen festen Ansprechpartner
Dass das Augsburger Gesundheitsamt so stark ausgelastet ist, führt immer wieder zu Unmut bei Betroffenen, die entweder Entscheidungen nicht nachvollziehen können oder lange auf Rückrufe von Mitarbeitern des Amtes warten müssen. Peter Kosak, Direktor des Schulwerks der Diözese Augsburg, hat den Überblick über das Geschehen von über 40 Schulen im Gebiet der Diözese. Die Schule, die derzeit am schlimmsten vom Coronavirus betroffen ist, ist die Augsburger Maria-Ward-Realschule. 29 von 52 Lehrern waren am Dienstag in Quarantäne. "Unsere Schulleiterin hat nicht einmal einen eigenen Ansprechpartner im Augsburger Gesundheitsamt. Sie muss sich jeden Tag über die Hotline einwählen und bekommt dann oft erst Stunden später einen Rückruf", ärgert sich Kosak.
In weiteren Städten und Landkreisen, in denen sich Schulen des Schulwerks befinden, würde das anders gehandhabt. Gesundheitsreferent Erben kontert die Kritik: "Aufgrund der momentan sehr hohen Arbeitsdichte im Gesundheitsamt im Rahmen steigender Infektionszahlen kann leider kein exklusiver Ansprechpartner für alle Schulen in Augsburg im Gesundheitsamt angeboten werden. Die Referate für Bildung und Gesundheit stehen hier aber gerne zur Verfügung."
Ämter legen die Corona-Regeln nicht immer einheitlich aus
Ein weiterer Punkt, den Schulwerks-Direktor Kosak nicht nachvollziehen kann, sei die unterschiedliche Auslegung der Regeln durch verschiedene Gesundheitsämter. "Lehrer, die in Augsburg leben, müssen trotz negativen Corona-Tests 14 Tage in Quarantäne bleiben. Ein Kollege, der im Landkreis Donau-Ries lebt, durfte nach einem negativen Test wieder zum Dienst in Augsburg erscheinen." Laut Erben gebe es ein einheitliches, standardisiertes Vorgehen der Staatsregierung. "Gesundheitsämter können aber im eigenen Ermessen die Quarantäne früher beenden oder verlängern. Die Stadt Augsburg hält sich an die Vorgabe von 14 Tagen. Ausnahmen werden nur in begründeten Einzelfällen gemacht", so Erben. Warum sich das Landratsamt Donau-Ries in diesem Fall anders entschieden habe, könne er nicht beurteilen. In Augsburg komme es immer wieder zu unterschiedlichen Fall-Konstellationen, weil hier Menschen arbeiten und Schüler zur Schule gingen, die aber in einer Kommune leben, die das womöglich anders handhabe als das Augsburger Gesundheitsamt.
Auch in einem anderen Punkt gibt es Kritik von den Bürgern: Sie müssten mitunter lange auf einen Anruf des Gesundheitsamtes warten. Eine Augsburger Lehrerin musste am Freitag in Quarantäne, weil ein Schüler positiv auf Corona getestet worden war. Bis Mittwochmittag hatte sie noch keinen Anruf vom Gesundheitsamt erhalten. Einen Einzelfall zu beurteilen, sei schwer, entgegnet Erben. Man müsse unterscheiden, ob die Lehrerin in Augsburg wohne, mit Covid-19 infiziert sei, es sich bei ihr um eine Kontaktperson 1 oder Kontaktperson 2 handele. Erben: "Das Gesundheitsamt bearbeitet positiv getestete Personen sowie Kontaktpersonen 1 prioritär. Wie bundesweit zu beobachten ist, dauert die Bearbeitung der Fälle umso länger, je mehr Neuinfektionen aufkommen."
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