Die Stadt wird eigene Grundstücke, die sie zur Wohn-Bebauung freigibt, künftig verstärkt in Erbpacht vergeben, statt sie zu verkaufen. Beim Erbbaurecht kauft der Bauherr den Boden, auf dem er sein Haus errichtet, nicht, sondern zahlt an die Stadt über die nächsten Jahrzehnte einen jährlichen Erbpachtzins, sozusagen als Benutzungsgebühr. Die Grünen hatten im Wahlkampf die verstärkte Vergabe von Grundstücken in Erbpacht gefordert.
Beim Thema Erbbaurecht drohte in Augsburg ein Bürgerbegehren
Der Vorteil: Beim Bau eines Hauses fallen für die Bauherren erst einmal keine Kosten für den Grundstückskauf an. Die gestiegenen Grundstückspreise sind zu einem großen Teil für die gestiegenen Immobilienpreise in Augsburg verantwortlich. Zuletzt hatte die Wählervereinigung "Augsburg in Bürgerhand" ein Bürgerbegehren zur Durchsetzung von Erbbaurecht auf städtischen Bauflächen angedroht. Man sei mit dem Vorgehen der Stadt prinzipiell zufrieden, so Stadtrat Bruno Marcon als Reaktion auf einen kürzlich gefassten Beschluss zum Erbbaurecht. "Jetzt muss aber der Beschluss auch in die Praxis umgesetzt werden, um es zu einem wirkungsvollen Instrument im Kampf gegen Immobilien- und Wohnungspreistreiberei zu machen“, so Marcon.
"Die Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht ist ein elementarer Baustein für eine weitsichtige Bodenpolitik, die sich gegen Spekulation stellt und sich für den Erhalt städtischen Eigentums einsetzt", so Grünen-Fraktionsvorsitzende Verena von Mutius. CSU-Fraktionschef Leo Dietz sagt, dass das Erbbaurecht auch nicht so gut verdienenden Bürgern das Bauen ermöglichen könne. "Bauen und Wohnen sind inzwischen zur sozialen Frage geworden. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass ein Eingreifen der Politik hier notwendig ist. Wir müssen besonders für Familien etwas ändern, die sich bei der aktuellen Situation kaum mehr Wohnraum leisten können", so Dietz.
Stadt kann sich in großen Baugebieten Grundstücke günstig sichern
Wie groß die Auswirkungen in der Praxis sein werden, ist noch nicht klar abschätzbar - das hängt davon ab, wie viele Neubaugebiete künftig auf städtischem Grundeigentum entstehen werden. In der Regel gehören die Grundstücke Privatpersonen oder Firmen, auf denen dann Bauträger oder private Bauherren ganz klassisch nach dem Kauf des Grundstücks ein Haus errichten. Allerdings hat die Stadt seit dem Frühjahr die Möglichkeit, bei größeren Wohnprojekten einen Teil der Grundfläche relativ günstig vom Investor zu kaufen. Allerdings wird bei einem großen Teil der Fälle wohl die städtische Wohnbaugruppe mit dem Bau von geförderten Wohnungen beauftragt werden. Erbpacht wäre in diesem Fall kein Thema, ebenso in Fällen, in denen die Stadt Grundstücke nach dem "Einheimischenmodell" verkauft.
Wie viele Grundstücke in Augsburg insgesamt in Erbpacht vergeben sind, ist unklar. Das Registergericht führt dazu keine eigene Statistik. Rechnet man die Zahlen zusammen, kommen die Stadt Augsburg mit den von ihr verwalteten Stiftungen sowie die Kirchen auf etwa 600 Grundstücke. Auf manchen stehen Mehrfamilienhäuser, sodass viele Bewohner betroffen sind (allein bei der Stadt handelt es sich um mehr als 800 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern), andere werden für Gewerbe oder andere Zwecke genutzt. Hinzu kommen noch Grundstücke, die von eigenständigen Stiftungen oder dem Freistaat in Erbpacht vergeben werden.
Nach dem Ende der vertraglich vereinbarten Erbpacht, meist 60 Jahre aufwärts, fällt das Grundstück wieder an den Eigentümer zurück, es sei denn, man einigt sich über Fortsetzung. Andernfalls muss der Eigentümer dem Hauseigentümer eine Erstattung für die Immobilie bezahlen. Neben den anfänglichen Vorteilen bei der Finanzierung ist ein Nachteil, dass dem Hauseigentümer der Grund, auf dem die Immobilie steht, nicht gehört - Probleme beim Weiterverkauf, die dauerhafte Erbpachtzins-Belastung und fehlende Sicherheiten beim Aushandeln von Kreditkonditionen mit Banken inklusive. Vor allem nach den Weltkriegen wurden in Deutschland verstärkt Erbbaurechte vergeben, um Bürgern teils in Eigenleistung den günstigen Bau von Häusern zu ermöglichen. Zudem wurde mit diesem Instrument der Bodenspekulation ein Riegel vorgeschoben.
Auch bei Gewerbeimmobilien soll das Modell in Augsburg ausprobiert werden
Neben Wohnbaugrundstücken soll das Instrument nun auf Druck der Grünen auch bei Gewerbeimmobilien ausprobiert werde. Dazu soll ein Grundstück an der Pöttmeser Straße im Erbbaurecht angeboten werden. Bauherren von Gewerbeimmobilien werden sich künftig beraten lassen müssen, wenn sie an einem städtischen Grundstück Interesse haben.
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