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Augsburg: Er ist einer der vielen Helden, die auch in Corona-Zeiten anpacken

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Er ist einer der vielen Helden, die auch in Corona-Zeiten anpacken

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    Philipp Prues von der DLRG steigt in das Einsatzfahrzeug, in der Hand eine Tasche mit dem Schutzanzug und der Maske.
    Philipp Prues von der DLRG steigt in das Einsatzfahrzeug, in der Hand eine Tasche mit dem Schutzanzug und der Maske. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Der alarmierende Anruf ging bei der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG), Kreisverband Augsburg/Aichach-Friedberg, am 28. Oktober ein. Er kam von der Integrierten Leitstelle. Das Uniklinikum laufe an Patienten über, man brauche unbedingt zusätzliche Fahrzeuge für den Krankentransport, um "abzuverlegen", hieß es am Telefon im medizinischen Fachjargon.

    "Auch die Uniklinik selbst meldete sich bei uns und bat um Hilfe", erzählen Armin Voss, technischer Leiter Einsatz, und Philipp Prues, stellvertretender Vorsitzender der DLRG. Seit jenem Anruf Ende Oktober haben die Helfer der DLRG mit zwei Einsatzfahrzeugen bis zum 23. Dezember insgesamt 86 Patienten transportiert, davon 35 Corona-Infektpatienten, sie haben 2622 Kilometer zurückgelegt und 255 Stunden gearbeitet - ehrenamtlich. Corona fordert nicht nur die DLRG heraus, sondern etwa auch die Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes, der Johanniter und der Malteser.

    Der 35 Jahre alte Philipp Prues steht mit seiner Geschichte stellvertretend für all diejenigen, die sich in ihrer freien Zeit für hilfsbedürftige Menschen einsetzen. Über die Weihnachtsfeiertage hatten die Augsburger Hilfsorganisationen zusätzlich Corona-Teststationen betrieben, in denen sich Angehörige von Heimbewohnern vor ihren Besuchen dort testen lassen konnten.

    Wie Philipp Prues seine Leidenschaft für die DLRG entdeckte

    Eigentlich trägt Philipp Prues Anzug. Der Augsburger arbeitet bei einer Bank in Fürstenfeldbruck, pendelt unter der Woche täglich zwischen den beiden Städten. Seine Leidenschaft gehört der hiesigen DLRG, die knapp 1000 Mitglieder zählt. Als kleiner Bub schon nahm Prues am Kinderschwimmen und an den Zeltlagern des Vereins teil. "Mit 16 Jahren erkannte ich, dass die DLRG über ihre Einsätze mehr zu bieten hat", erzählt Prues. Er war angefixt.

    Erst ließ er sich in der Wasserrettung ausbilden, dann zum Rettungssanitäter. Prues hat innerhalb des Vereins einen großen Freundeskreis aufgebaut. Er sagt, er lerne hier viel fürs Leben. Davon profitiere er auch in seinem Beruf als Banker. "Wenn es hektisch wird, habe ich inzwischen eine gewisse Gelassenheit." Die können er und seine Kolleginnen und Kollegen vor allem in dieser Zeit der Pandemie gut gebrauchen.

    Von der Integrierten Leitstelle in Augsburg kam ein Hilferuf

    Als die Zahl der Covid-19-Infizierten in Augsburg im Herbst beträchtlich anstieg, nahmen für die Hilfsorganisationen auch die Krankentransporte zu. Zum bisherigen Aufkommen kamen plötzlich die Patientenverlegungen der Uniklinik hinzu, auch um dort die Kapazitäten für etwaige Notfälle aufrecht zu erhalten. "Wir bringen Patienten zunächst in die umliegenden Krankenhäuser, wie ins Vincentinum, nach Schwabmünchen oder nach Dachau", berichtet Prues. Auch Corona-Infizierte, die nach einem Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause oder zurück in ihr Heim durften, werden gefahren, sogenannte Infekttransporte. Diese stellen die Helfer vor zusätzliche Herausforderungen.

    Vor solchen Fahrten muss ein Einsatzfahrzeug extra hergerichtet werden. "Wir entfernen bestimmte Sachen aus dem Transportraum, die im Nachhinein schwer zu desinfizieren sind", erklärt der 61-jährige Armin Voss. Schließlich muss nach so einer Fahrt das Fahrzeug komplett gereinigt werden. "Allein das Desinfizieren der Trage ist schon sehr aufwendig." Mindestens eine halbe Stunde dauere das. Die Einsatzkräfte müssen luftdichte Schutzkleidung anziehen und eine FFP3-Maske aufsetzen. "Da läuft einem im Auto das Wasser herunter", sagt Prues.

    Umso größer ist der Ärger über Corona-Leugner

    "An manchen Tagen kommst du von der Arbeit heim, hast noch nichts gegessen, wirfst dich bei der DLRG in die Schutzkleidung, bist bis spätabends auf Transportfahrten unterwegs und weißt, dass du am nächsten Morgen wieder in die Arbeit musst." Prues will nicht jammern. Er will verdeutlichen, was viele Ehrenamtliche in diesen Zeiten leisten. Umso größer ist bei ihm und seinem Kollegen Voss das Unverständnis für Menschen, die Corona leugnen oder sich über das Virus lustig machen. "Was geht in solchen Köpfen nur vor. Da schwillt mir der Kamm, wenn ich sehe, was viele Menschen derzeit leisten", sagt Voss kopfschüttelnd.

    Bis spätabends ist Philipp Prues an manchen Tagen auf Transportfahrten unterwegs.
    Bis spätabends ist Philipp Prues an manchen Tagen auf Transportfahrten unterwegs. Foto: Bernd Hohlen (Symbolbild)

    Prues gesteht, dass die Angst, sich bei Infekttransporten anstecken zu können, oft im Hinterkopf mitfahre. "Nicht wegen mir, sondern wegen meiner Eltern." Aber man könne sich auf diese Transporte vorbereiten. "Das kann der Rettungsdienst nicht", ergänzt Armin Voss. "Wenn der zu einem Unfall kommt, kann bei den Verunglückten nicht als erstes Fieber gemessen werden, da muss vielleicht gleich reanimiert werden." Die beiden Helfer betreiben auch in dieser außergewöhnlichen Zeit ihr Ehrenamt mit Leidenschaft. Sie erfahren oft Dankbarkeit und Wertschätzung, das freut sie. Prues erinnert sich an eine alte Dame, die noch Covid-19-positiv aber so stabil war, dass sie vom Klinikum wieder nach Hause durfte.

    "Als ich sie in ihre Wohnung brachte, sah ich, dass sie offenbar nicht viel Geld hat. Trotzdem wollte sie mir eine kleine Spende für den Verein mitgeben. Ich habe darauf verzichtet, aber mich sehr gefreut über die Anerkennung." Bei alldem, was man so erlebe, wisse man sein eigenes Leben noch mehr zu schätzen, sagen die Helfer.

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