Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Einfamilienhäuser werden in Augsburg zunehmend zur Mangelware

Augsburg

Einfamilienhäuser werden in Augsburg zunehmend zur Mangelware

    • |
    Auf den ehemaligen US-Kasernenarealen (hier die ehemalige Flak-Kaserne) entstanden in den vergangenen Jahren viele Einfamilienhäuser in Augsburg. Damit wird es nun ein Ende haben.
    Auf den ehemaligen US-Kasernenarealen (hier die ehemalige Flak-Kaserne) entstanden in den vergangenen Jahren viele Einfamilienhäuser in Augsburg. Damit wird es nun ein Ende haben. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    In Augsburg ist die Zahl der Einfamilienhäuser, die in den vergangenen Jahren neu entstanden sind, deutlich zurückgegangen: Mit 65 Häusern, die im Jahr 2019 fertiggestellt wurden, gab es einen Tiefststand in den vergangenen zehn Jahren - neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 204 Einfamilienhäuser, die binnen eines Jahres fertig wurden. Der Gebäudetyp, um den zuletzt angesichts seiner schlechteren Flächen- und Ökobilanz wieder eine Diskussion aufflammte, ist bei Familien zwar beliebt, in Augsburg bei den Neubauten aber auf dem Rückzug. "Boden als nicht vermehrbare Ressource ist insbesondere in den Großstädten knapp, weshalb die Wohnform der Zukunft sicherlich in innovativen und nachhaltigen Modellen des verdichteten Wohnungsbaus liegt", teilt das Stadtplanungsamt auf Anfrage mit.

    Das Interesse an Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern ist freilich nach wie vor hoch, bestätigen Immobilienmakler. Grundstücke sind rar und auch Bestandsimmobilien seien knapp. Inzwischen, so Michael Kramer, Leiter des Unternehmenskunden-Centers der Stadtsparkasse, würden bei Wohnimmobilien auch verstärkt renovierungsbedürftige Häuser gehandelt, die früher als kaum verkäuflich gegolten hätten. Für ein gebrauchtes Einfamilienhaus mit gutem Wohnwert sind in Augsburg im Schnitt knapp 600.000 Euro zu veranschlagen, so der Immobilienverband IVD. Neubauten liegen teils im Bereich von einer Million Euro.

    Augsburg: Hohe Preise für Einfamilienhäuser

    Die Folge von Angebotsknappheit und Preisen bei Einfamilienhäusern und Reihenhäusern: Ein Teil der jungen Familien, für die ein Immobilienkauf in Frage kommt, bleibt bewusst in der Stadt und zieht in eine Wohnung. "Gerade bei jungen Menschen ist vermehrt das Bedürfnis festzustellen, ein Leben ohne Auto zu führen, was im innerstädtischen Bereich am einfachsten möglich ist", so das Stadtplanungsamt. Mit guter Infrastruktur wolle man diese auch hier halten. Andere Familien zieht es - nach monatelanger Suche in der Stadt - in Umlandgemeinden ins freistehende Haus. Zum Vergleich: Im Landkreis Augsburg entstanden 2019 knapp 600 Einfamilienhäuser, also zehnmal so viele wie im Stadtgebiet. Die Folge jetzt und in Zukunft ist: mehr Verkehr.

    Beim Bund Naturschutz beobachtet man die Entwicklung genau, denn Einfamilienhäuser sind die Gebäudeformen mit dem höchsten Verbrauch an Fläche und Energie. "Neue Bebauungspläne mit Einfamilienhaussiedlungen wird es nicht mehr geben, die Fläche ist zu wertvoll und zu teuer", prognostiziert die Vorsitzende und Grünen-Stadträtin Christine Kamm fürs Stadtgebiet. Den Wunsch nach einem eigenen Heim kann Kamm nachvollziehen. "Wer erlebt hat, wie sehr manche sich über spielende und auch mal trampelnde Kleinkinder in der Etage drüber beschweren, will seine Kinder nicht mehr über genervten Senioren aufwachsen lassen", so Kamm.

    Wohnen: Verdichtetes Bauen kann Probleme bergen

    Es gebe aber Möglichkeiten, die Vorzüge eines freistehenden Hauses in Wohnanlagen zu integrieren, etwa mit gutem Schallschutz, einem eigenen Zugang zu einem kleinen Gärtchen oder Dachgrün und flexiblen Grundrissen. In jedem Fall dürfe man die Diskussion nicht so führen, als gäbe es nur die Wahlmöglichkeit zwischen "den Extremen Einfamilienhaus und Wohnsilo", so Irene Kuhn vom Bund Naturschutz.

    Auch bei der Stadt weiß man, dass verdichtetes Bauen Probleme mit sich bringen kann. Die Gestaltung von Freiflächen zwischen den Häusern werde wichtiger, auch die Qualität der Architektur müsse möglichst hoch sein, so das Stadtplanungsamt. Doch grundsätzlich gehe die Reise in Richtung Mehrfamilienhäuser. Ein Grund dafür ist, dass die Stadt in Stadtrandlagen inzwischen zurückhaltend mit Neubaugebieten ist. Dort bieten sich Einfamilienhäuser aufgrund der meist niedrigen Höhen der Umgebungsbauten am ehesten an. Das einzige größere Neubauviertel mit Einfamilienhäusern in Augsburg ist die Wernhüterstraße in Lechhausen. Doch auch hier sind Mehrfamilienhäuser geplant und die Grundstücke sind relativ klein, um Fläche zu sparen.

    Die "Stadt der Zukunft" ohne Einfamilienhäuser

    Doch der Großteil der Neubaugebiete entsteht und entstand auf früheren Kasernenflächen oder Industriebrachen mitten im bebauten Stadtgebiet. Auf dem Anfang der 2000er Jahre geplanten AKS-Gelände entstanden etwa noch einige Einfamilien- oder Reihenhäuser, doch bei einer heutigen Planung würde das womöglich anders aussehen. Innenstadtnah sei angesichts von Wohnungsnachfrage und Preisen inzwischen nur noch an verdichteten Wohnungsbau zu denken, so die Stadt. Auch im geplanten neuen Viertel Haunstetten Südwest, dem größten Erweiterungsprojekt der Stadt für mindestens 10.000 Einwohner, wird es wohl keine Einfamilienhäuser geben.

    Die Stadt will hier ein Stadtviertel der Zukunft planen mit geringem Energie- und Flächenverbrauch und wenig Autoverkehr. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Bildung, Kultur und Erholung sollen nah beieinander liegen, etwa indem im Erdgeschoss von Mehrfamilienhäusern Geschäfte oder öffentliche Einrichtungen untergebracht werden. Einfamilienhäuser passen hier, schon weil sie die Wege verlängern und ein Auto nötiger machen, nicht mehr hin, so die Stadt.

    Insgesamt gab es in Augsburg Stand 2019 gut 21.000 Einfamilienhäuser bei insgesamt etwa 150.000 Wohneinheiten. Das entspricht etwa 14 Prozent aller Wohnungen. Dieser Anteil ist in den vergangenen 30 Jahren etwa gleich geblieben. 1987 gab es rund 15.700 Einfamilienhäuser bei 114.000 Wohnungen.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Wohnraum: Verdichtung geht nur mit Fingerspitzengefühl

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden