Eveline hat für den prominenten Gast einen kleinen Engel gebastelt, Sina mit akkurater Schrift eine Sonnenblumen-Karte beschriftet: „Auf diesen Tag habe ich sooo lange gewartet.“ Für die beiden Frauen geht an diesem fast spätsommerlichen Nachmittag ein Herzenswunsch in Erfüllung. Die Augsburger Friedenspreisträgerin Schwester Lea Ackermann stattet dem nach ihr benannten Frauentreffpunkt Lea in Oberhausen einen Besuch ab.
Kampf gegen Prostitution
Als Begründerin der Frauen-Hilfsorganisation Solwodi International kämpft Ordensfrau Ackermann seit langem weltweit für die Rechte der Frauen und gegen Prostitution. Die Besucherinnen, die bei Lea zusammenkommen, haben alle ihr Päckchen zu tragen: Sie sind einsam, krank, arm oder obdachlos. Um sie zu unterstützen, hat Straßenseelsorgerin Elisabeth Mack, eine Franziskanerin, den Treffpunkt vor sechs Jahren ins Leben gerufen. Sie war damals sehr glücklich, als Ackermann einwilligte, den Treff nach ihr zu benennen. Und noch glücklicher ist sie, dass die Frauenrechtlerin jetzt ihrer Einladung gefolgt ist. „Sie sind ein Mensch, der uns Impulse gibt und Mut macht“, sagt Mack.
Als die mittlerweile 81-jährige Ordensfrau im dunklen Hosenanzug die Räume nahe der Kirche St. Joseph betritt, stehen die Frauen Spalier. Ob Stammgast, Besucherin oder ehrenamtliche Helferin – Lea Ackermann umarmt jede einzelne und nimmt ihnen damit jegliche Scheu. Schon bald werden ihr bei dieser Begegnung auf Augenhöhe Grußkarten, Adressbücher und ihr eigenes Buch „Der Kampf geht weiter“ mit der Bitte um eine Widmung entgegengestreckt.
Missionsarbeit in Kenia
Bei einem Glas Orangensaft erzählt Ackermann von den Anfängen ihrer Missionsarbeit in Kenia, wo sie Frauen begegnete, die ihren Körper verkauften. Seit Jahrzehnten arbeiten sie und ihre Mitstreiterinnen unermüdlich dafür, Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution zu unterstützen. „Ich habe mich über jede Frau gefreut, der ich weiterhelfen konnte.“
Auch wenn es bei Lea in Oberhausen eher um andere Probleme als käuflichen Sex geht, ist Ackermann für Gäste wie Mitarbeiterinnen zur Symbolfigur, zum Vorbild geworden. „Ich fühle mich hier zuhause“, sagt sie zur Freude aller.
Den Zug verpasst
Eigentlich sollte die Augsburger Friedenspreisträgerin zum Mittagessen kommen, das die Frauen der irakischen Chaldäer-Gemeinde als festliches Büfett zubereitet hatten. Doch Lea Ackermann, die am Morgen noch in Berlin weilte, verpasste den vorgesehenen Zug und kam dadurch erst drei Stunden später am Hauptbahnhof an.
Und so musste ihr Besuch bei Lea kürzer ausfallen als geplant. Von Oberhausen ging es direkt in den Rokokosaal der Regierung von Schwaben, wo Ackermann die Festrede beim Abschiedsempfang für die Leiterin der Augsburger Solwodi-Beratungsstelle, Soni Unterreithmeier, hielt.
Kontakt Der Frauentreff Lea in der Neuhoferstraße 1 ist Montag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr geöffnet.