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Augsburg: Einblicke in die geheime Welt unter dem Alten Stadtbad in Augsburg

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Einblicke in die geheime Welt unter dem Alten Stadtbad in Augsburg

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    Unter dem Becken des Frauen-Beckens im Alten Stadtbad findet man eine eigene Welt, wie Technik-Chef Jürgen Zapf zeigt.
    Unter dem Becken des Frauen-Beckens im Alten Stadtbad findet man eine eigene Welt, wie Technik-Chef Jürgen Zapf zeigt. Foto: Annette Zoepf

    Das Gefühl ist ziemlich bedrückend, wenn man sich klar macht, dass gerade 400.000 Liter Wasser auf die alten Steinsäulen und Bögen im Gewölbe unter dem Hauptbecken im Alten Stadtbad drücken. Hier unten ist es warm und die Luft ist vom Surren der Wasserpumpen erfüllt. Wohl kaum ein Schwimmer weiß, dass unter den Becken des Jugendstilbades eine eigene Welt liegt - in der Pumpen, Filter und jede Menge Hightech dafür sorgen, dass das Wasser oben jederzeit Trinkwasserqualität behält.

    Zwei Schwimmbecken mit 400 und 200 Kubikmetern Wasser gibt es im Alten Stadtbad, dazu im Saunabereich ein Kalt-, ein Warmwasser- und ein Tauchbecken. Den Sommer über waren sie leer und blitzblank geputzt, jetzt hat das Team der Schwimmmeister vom Sport- und Bäderamt das Bad wieder in Betrieb genommen - seit wenigen Tagen ist in Augsburg Hallenbadsaison. Das Bad habe, wie in jedem Jahr, eine Überprüfung durch das Gesundheitsamt durchlaufen, das eine hervorragende Wasserqualität bestätigt, sagt der technische Leiter der städtischen Bäder, Jürgen Zapf. Damit das so bleibt, verbirgt sich einiges an Technik in den "Katakomben" unter den Becken.

    Unter den Schwimmbecken im Alten Stadtbad finden sich Katakomben mit Technik und Rohrleitungen. Der technische Leiter der Bäder, Jürgen Zapf, und Betriebsleiterin Birgit Mäding kennen jedes Ventil.
    Unter den Schwimmbecken im Alten Stadtbad finden sich Katakomben mit Technik und Rohrleitungen. Der technische Leiter der Bäder, Jürgen Zapf, und Betriebsleiterin Birgit Mäding kennen jedes Ventil. Foto: Annette Zoepf

    In allen Hallenbädern gibt es "Technikräume", in der die Apparaturen für das Wasser untergebracht sind. Doch in kaum einem findet man so beeindruckende "Hallen" unter den Becken wie in dem Bau aus dem Jahr 1903. Hier unten sieht man noch die alte Bausubstanz, rohe Ziegelsäulen, die das gewaltige Gewicht der Schwimmbecken seit über 120 Jahren tragen. An Decken und Wänden verlaufen dicke Rohre, die das aus dem Becken schwappende Wasser in die Filteranlage transportieren oder frisches Wasser ins Becken pumpen.

    Die Technik in den Augsburger Hallenbädern ist auf dem neuesten Stand

    "Die Augsburger Bäder sind ja teilweise sanierungsbedürftig, aber die Technik ist überall auf dem allerneuesten Stand", betont Zapf. So steht die Chlorgasanlage, mit der im Alten Stadtbad das Wasser keimfrei gehalten wird, einschließlich aller Schläuche unter Vakuum. "Das ist teuer, aber auch sehr sicher", sagt der technische Leiter und zieht einfach einen der Schläuche von der Vorrichtung ab. Normalerweise wäre jetzt Chlorgasalarm für die Mitarbeiter - doch nichts passiert. Wenn man die "offene" Leitung mit dem Finger berührt, wird dieser leicht angesaugt - das Gas bleibt im System.

    Rund 30 bis 50 Liter Frischwasser bekommt jeder Badegast, sagt der Techniker. Wenn Schwimmer ins Wasser gehen, verdrängen sie mit ihrem Körper Wasser, das über die umlaufende Schwallmauer abläuft und in einem Behälter im Technikraum unter dem Becken gesammelt wird. Durch ein großes Bullauge können die Schwimmmeister jederzeit sehen, wie viel Wasser in dem Behälter ist. "Von dort wird das Wasser dann in den Filter gesaugt, wo es gereinigt und aufbereitet wird", erklärt Zapf.

    Der Wasserfilter im Alten Stadtbad ist etwas Besonderes. Während in allen anderen Bädern riesige Sandfilter zum Einsatz kommen, bei denen das Badewasser durch immer feinere Schichten von Sand und Aktivkohle läuft, stehen im Keller des Stadtbades zwei rote "Anschwemmfilter", die erheblich weniger Platz in dem engen Gemäuer einnehmen. In den Filtern werden Fett, Creme, Hautpartikel und andere Verunreinigungen aus dem Wasser geholt. "Die Anschwemmfilter funktionieren ähnlich wie Hauswasserfilter", erklärt der Techniker. In ihrem Inneren verbergen sich 70, mit Teflon ummantelte Filterkerzen, durch die das Wasser strömt. Alle Partikel bleiben außen am Teflon haften, während klares Wasser in die Kerzen und von dort zurück ins System strömt. "Ein großer Vorteil des Filters ist auch, dass man ihn ganz leicht reinigen kann, indem man die Filterelemente spült", so Zapf. Verschmutzter Sand müsse dagegen aufwendig entsorgt und deponiert werden. Rund 60 Kubikmeter Wasser - also rund 60.000 Liter - strömen pro Stunde durch den Filter.

    Durch den Anschwemmfilter laufen in der Stunde 60.000 Liter Wasser.
    Durch den Anschwemmfilter laufen in der Stunde 60.000 Liter Wasser. Foto: Annette Zoepf

    Das Wasser im Alten Stadtbad wird auf konstant 29 Grad gehalten

    Auf dem Weg zurück ins Becken fließt ein Teil des gefilterten Wassers noch durch einen Wärmetauscher, der es soweit erhitzt, dass das Becken stets auf 29 Grad bleibt. Im Alten Stadtbad wird das Wasser konstant auf dieser Temperatur gehalten und es gibt auch keine "Warmbadetage". Energetisch sei es am besten, konstant eine Temperatur zu fahren, weiß der Techniker.

    Auch das Chlorgas wird nach dem Filtern zugesetzt. Auf Monitoren im Technikraum kann man jederzeit den sogenannten "Redox-Wert" ablesen, der angibt, wie gut die Wasserdesinfektion wirkt. Auch der PH-Wert ist dort zu sehen. Dieser wird durch winzige Gaben von Schwefelsäure reguliert. Für Hallenbäder gilt ein PH-Wert von sieben als optimal - ist er zu hoch, werde Säure "eingestäubt", so Zapf. Die Wasserqualität wird stets elektronisch überwacht. "Wir haben in Augsburg noch nie ein Problem mit dem Wasser in unseren Hallenbädern gehabt", sagt er. Nur im Freien könne es passieren, dass Vögel das frisch gereinigte Becken verunreinigen und deshalb die Wasserproben verschmutzt sind. Aber auch das Problem werde schnell behoben.

    Die Schwimmmeister der Stadt halten mit modernster Technik die Wasserqualität im Blick.
    Die Schwimmmeister der Stadt halten mit modernster Technik die Wasserqualität im Blick. Foto: Annette Zoepf

    Der technische Leiter des Sport- und Bäderamtes ist für alle Augsburger Bäder zuständig. Das heißt, im normalen Betrieb müssen die Schwimmeister in den Bädern alleine die komplette Technik im Griff haben, sagt Betriebsleiterin, Birgit Mäding. "In den Augen der Öffentlichkeit sitzen die Schwimmeister oben in ihrer Kabine und passen auf die Badegäste auf", glaubt sie. Dabei sei die Aufgabe äußerst komplex und erfordere nicht umsonst eine mehrjährige Lehre. "Jeder einzelne Schwimmmeister kann die Anlage hier bedienen und die Wasserqualität steuern", betont sie.

    Was ist nun mit der Legende, dass in öffentlichen Hallenbädern ein Farbstoff zugesetzt wird, der Beckenpiesler entlarven soll? Jürgen Zapf grinst bei der Frage und schüttelt den Kopf. "Das ist natürlich Quatsch", sagt er. Eine blaue oder grüne Wolke um einen Schwimmer, wäre wohl auch nicht zielführend. "Und das bisschen Harnstoff bekommt die Anlage leicht in den Griff", versichert der Schwimmbadexperte.

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