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Augsburg: Ein Kämpfer für die Belange der Senioren geht in Ruhestand

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Ein Kämpfer für die Belange der Senioren geht in Ruhestand

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    Mit der Arbeiterwohlfahrt und ihrer Gründerin Marie Juchacz (auf dem Bild im Hintergrund) fühlt  sich  Eckard Rasehorn sehr verbunden.
    Mit der Arbeiterwohlfahrt und ihrer Gründerin Marie Juchacz (auf dem Bild im Hintergrund) fühlt sich Eckard Rasehorn sehr verbunden. Foto: Ulrich Wagner

    Die Antwort auf die Frage, wo sein Abschiedsfoto für die Zeitung gemacht werden soll, kommt prompt: Eckard Rasehorn begibt sich in den Besprechungsraum mit dem roten Sofa und postiert sich vor dem Bild von Marie Juchacz. Die Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin hat vor 101 Jahren die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet - einen Verband, dem Rasehorn seit 30 Jahren sehr verbunden ist. So endet mit seinem letzten Arbeitstag am Dienstag als (einer der drei) Geschäftsführer sein Engagement für den Wohlfahrtsverband nicht. Er werde noch eine Zeit lang bei einer Tochtergesellschaft der AWO die Fäden in der Hand behalten, um eines seiner Herzensprojekte weiter auf den Weg zu bringen: das inklusive Wohnprojekt des Vereins "Gemeinsam wohnen mit Handicap", in dem 22 Erwachsene mit einer geistigen Behinderung ein Zuhause finden. Die ersten Bewohner haben vor Kurzem den Neubau in der Hammerschmiede bezogen.

    Konrad Hummel lockte Rasehorn nach Augsburg

    Damit schließt sich für den 65-jährigen Rasehorn der Kreis. Begonnen hat alles mit seinem Zivildienst bei geistig Behinderten in Würzburg, wo der gebürtige Bonner Diplom-Psychologie studierte. Nach Augsburg kam er über den damaligen Sozialreferenten Konrad Hummel. Rasehorn trat bei der Altenhilfe der AWO eine Stelle an. "Das war damals eine sogenannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme", schmunzelt er.

    Dass es ihm in drei Jahrzehnten gelungen ist, einen anfänglich sehr überschaubaren Bereich sowohl von der Größe als auch inhaltlich weiterzuentwickeln, bescheinigen ihm nicht nur seine "eigenen Leute". Eckard Rasehorn hat sich in Augsburg und darüber hinaus den Ruf eines Vordenkers erworben, wenn es um die Belange alter und beeinträchtigter Menschen geht. Und er war maßgeblich daran beteiligt, dass die ganz unterschiedlichen Wohlfahrtsverbände heute ganz selbstverständlich an einem Strang ziehen - etwa bei der Sozialen Fachberatung für Senioren.

    Auf Konfrontation mit dem Seniorenbeirat

    Wenn es die Sache erfordert, kann der so ruhig und besonnen wirkende Rasehorn auch mal anders. Erst vor wenigen Wochen widersprach er dem städtischen Seniorenbeirat energisch, als dieser sich mitten in der Corona-Krise für lockerere Besuchsregelungen in den Heimen und mehr Kontakte stark machte. Der AWO-Chef musste in einer seiner Einrichtungen, dem Christian-Dierig-Haus in Pfersee, mit ansehen, mit welcher Vehemenz das Virus in einem Seniorenheim wüten kann.

    Ohnehin will er nicht in das allgemeine Klagelied über einsame Senioren in Heimen einstimmen. Diese seien viel weniger alleine als die alten Menschen, die zuhause leben, sagt er. Anders als die Stadt ist Eckard Rasehorn auch nicht der Meinung, dass in Augsburg der Ausbau der stationären Pflege forciert werden müsse. "Wir brauchen keine weiteren Pflegeheime für Senioren, sondern mehr barrierefreie Wohnungen mit Betreuung." Diese Chance sei beispielsweise bei den aktuellen Neubauvorhaben auf dem Reese-Areal in Kriegshaber vertan worden, bedauert er.

    Rasehorn ist sich bewusst, dass er mit seinem 65 Jahren inzwischen selbst zu den Älteren gehört. Natürlich beschäftigt er sich auch damit, was dieser Lebensabschnitt für ihn bedeutet. "Ich wünsche mir, möglichst bis 80 noch Wandern, Bergsteigen und Skifahren zu können", sagt er. Die Zweitwohnung im Allgäu bietet dem Pferseer dafür ideale Voraussetzungen. Gleichzeitig ist sich der sportliche Mann bewusst, dass das Alter auch für ihn eines Tages Einschränkungen mit sich bringen wird. Als positiv denkender Mensch hat sich Eckard Rasehorn vorgenommen, diese anzunehmen und sich an den Dingen zu erfreuen, "die ich dann noch haben kann".

    Vor neun Jahren erlitt der zweifache Vater einen schmerzlichen Verlust: Seine Frau Helga starb ganz plötzlich. Mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr hat er heute eine neue Lebenspartnerin an seiner Seite. Die beiden haben 2014 geheiratet. Politisch engagiert ist auch seine Tochter Anna Rasehorn, die für die SPD im Stadtrat sitzt und stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos ist. Er selbst besitzt das SPD-Parteibuch, hat aber von einer politischen Karriere aus beruflichen Gründen stets Abstand genommen. "Das wäre parallel nicht gegangen. Außerdem konnte ich mein sozialpolitisches Engagement bei der AWO immer ausleben."

    Gespannt auf das politische Berlin

    Rasehorn blickt nochmals zu Marie Juchacz auf. Leicht fällt ihm nach 30 Jahren der Abschied nicht. Dass er seinen Posten bei Nachfolger Michael List in guten Händen weiß, erleichtere ihm den Weggang. Auch wenn der Ruheständler noch nicht voller Pläne steckt, eines hat er sich vorgenommen. Er möchte seine Frau ab und zu nach Berlin begleiten und sich dort die Stadt und ihr politisches Leben intensiver anschauen.

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