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Augsburg: Ein Jubiläum, das die Ökumene stärkte

Augsburg

Ein Jubiläum, das die Ökumene stärkte

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    Susanne Kasch
    Susanne Kasch

    „Ein gastlich Burg ist unser Gott“, hätte der Madrigalchor bei St. Anna am Reformationsfest singen müssen angesichts der vollen Kirche. Mit den evangelischen Christen feierten auch viele Katholiken am Dienstag das 500. Jubiläum von Martin Luthers Thesenanschlag 1517 in Wittenberg. „Ökumene wird in Augsburg hochgehalten und gelebt“, sagte Bürgermeisterin Eva Weber. „Das ist die schönste Art, den Anspruch der Friedensstadt zu verwirklichen.“

    Stadtdekanin Susanne Kasch stellte in ihrer Predigt klar, dass mit dem Jubiläum nicht Martin Luther gefeiert werde, sondern die Treue Gottes. „Es geht um den Christus, dessen Stimme Luther wiederentdeckt hat und dessen Stimme wir heute hören: Fürchtet euch nicht.“ Wir Menschen seien angesehen „mit dem Blick der Güte, der uns ganzer und heiler und vollkommener sieht, als wir sind“.

    Kasch griff das Augsburger Motto des Jubiläumsjahres auf: „mutig bekennen, friedlich streiten“. Wären die Apostel in ihrer Kuschelecke geblieben, gäbe es keine Kirche. „Auf den Dächern predigen, Widerstände aushalten, sich streiten – auch das gehört zum Christentum.“ Christen hätten der Welt zu sagen, dass Gott das Glück für alle will, dass den Armen das Reich Gottes gehört und dass keine Tränen mehr sein werden.

    Aber zum Christsein gehöre auch „der Schmerz darüber, dass andere uns nicht brauchen und auf anderem Weg glücklich werden, ethisch leben und ihr Heil finden“. Vielleicht stecke genau darin, dass die Kirchen schrumpfen, die Erneuerung des Christseins. „Jetzt ist die Zeit, in der wir neu lernen, dass Gott allein unsere Zukunft und Stärke ist und nicht wir selbst.“

    Die Stadt schätzt laut Bürgermeisterin Weber die Kirchen gerade deswegen, weil sie mutig bekennen, ohne andere zu verletzen. Die Würde des Einzelnen höher zu stellen als den eigenen Anspruch, dazu gehöre Mut, der auf dem Vertrauen in den anderen beruht – „und letzten Endes Gottvertrauen“. Der katholische Stadtdekan Helmut Haug bilanzierte vom Jubiläumsjahr eine gewachsene Ökumene. Es wäre das falsche Signal an die Gesellschaft, würden sich die Kirchen voneinander abgrenzen. „Könnte nicht die Tatsache, dass vieles, worüber Theologen und Bischöfe noch kontrovers diskutieren, an der Basis längst gelöst ist, ein Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes sein?“

    Auf reges Interesse stießen Führungen in den evangelischen Innenstadtkirchen zu Themen der Reformation. So weiß die Legende von Heilig Kreuz, am 25. Januar 1652 hätte der Mond exakt den Bauplatz der Kirche ausgeleuchtet, die im Dreißigjährigen Krieg vom Feind abgebrochen und mithilfe von Spenden 1653 wieder errichtet werden konnte. In der Barfüßerkirche las Pfarrerin Gesine Beck aus den Predigten der ersten Reformatoren. So wetterte Pfarrer Michael Keller gegen die papistische Messe als „ein widerchristlich Ding“. Er hatte 1529 einen Bildersturm inszeniert und das Kruzifix zerschlagen. Schon 1522 wäre unter Johann Schilling beinahe ein Mönch im Weihwasser ersäuft worden, so radikalisiert waren die Handwerker in der Lechvorstadt. In St. Anna erzählte Stadtdekanin Kasch, warum Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen mit einem Porträt gleich neben Luther in Ehren gehalten wurde. Als Anführer des protestantischen Städtebunds hatte er 1547 zwar den Schmalkaldischen Krieg verloren und musste als Dauergefangener mit dem Kaiser ziehen. Doch trotz aller Demütigung blieb er standhaft.

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