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Augsburg: Eigentümer sollen Jahrzehnte nach Stadtteil-Sanierung zahlen

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Eigentümer sollen Jahrzehnte nach Stadtteil-Sanierung zahlen

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    Vor Jahrzehnten wurde die Seitstraße (im Hintergrund) saniert, nun kommt die Rechnung an alle Grundeigentümer im Viertel.
    Vor Jahrzehnten wurde die Seitstraße (im Hintergrund) saniert, nun kommt die Rechnung an alle Grundeigentümer im Viertel. Foto: Silvio Wyzsengrad

    Die Haus- und Wohnungseigentümer südlich der Ulmer Straße in Oberhausen werden in den kommenden Monaten Post von der Stadt bekommen: Das Stadtplanungsamt bittet die dortigen Eigentümer für die Sanierung des Quartiers, die in den 80er und 90er Jahren erfolgte, zur Kasse. Betroffen sind 360 Grundstücke, wobei die Zahl der Eigentümer deutlich höher ist, weil der Großteil der Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern bebaut ist.

    Pro Haus fallen fünfstellige Summen an, je nach Zahl der Wohnungen sind es für die einzelnen Eigentümer mehrere tausend Euro. Teils herrscht Unverständnis bei den Betroffenen. „Wir fordern zumindest eine Informationsveranstaltung, in der das Zustandekommen der Beiträge genau erklärt wird“, sagt Anwohnerin Renate Adler. In der Eigentümergemeinschaft des Hauses in der Dinglerstraße, in dem sie lebt, sind die Schreiben der Stadt wie eine Bombe eingeschlagen. Auch in der Nachbarschaft schlägt die Forderung der Stadt schon Wellen: „Es geht hier um existenzielle finanzielle Belastungen der Eigentümer“, so Lydia Schalk.

    Die Stadt hatte in Oberhausen in den 80er und 90er Jahren den Schwerpunkt ihrer Sanierungsaktivitäten. Der Stadtteil, der in der Industrialisierung vom Dorf zum Fabrikarbeitervorort wurde, hatte seit den 60er Jahren Probleme. Eine zunehmende Zahl von Häusern verfiel, Teile der Bevölkerung zogen weg. Der Anteil an sozial schwächen Bewohnern stieg, der Ausländeranteil ist bis heute sehr hoch.

    Millionen für die Sanierung

    Mit Millionenbeträgen aus der Städtebauförderung wurden in den 80er und 90er Jahren unter anderem Straßen saniert. Die Ulmer Straße wurde mit Kirschbäumen neu gestaltet, der alte Ortskern um die Kirche St. Peter und Paul gestaltet, an der Wertach entstand eine Grünanlage. Und im Sanierungsgebiet „Südlich der Ulmer Straße“ wurden die Parallelstraßen Brander- und Seitzstraße zu verkehrsberuhigten Bereichen mit Bäumen umgestaltet. Unter dem Oberhauser Bahnhofsvorplatz entstand eine Tiefgarage für Anwohner.

    Für diese Maßnahmen bittet die Stadt die Grundeigentümer nun mit zur Kasse. Die Argumentation ist ähnlich wie bei den Straßenausbaubeiträgen, die allerdings bayernweit abgeschafft werden sollen: Durch die Baumaßnahme gewinnt das einzelne Grundstück an Wert, weil der Wert des Viertels insgesamt steigt.

    Die Stadt hat nun die ersten Informationsbriefe verschickt, die auf die Abrechnung in zwei Jahren hinweisen. Den Eigentümern wird angeboten, dass ihnen bei frühzeitiger Zahlung zehn Prozent Abschlag gewährt werden. In Härtefällen sei auch zum Beispiel eine zinslose Ratenzahlung möglich, so die Stadt.

    Dass die Abrechnung erst mehr als 20 Jahre nach Beginn der Maßnahmen kommen, begründet die Stadt damit, dass dafür erst die gesamte Sanierungsmaßnahme abgeschlossen sein muss. Die noch bestehende Überdeckelung des Hettenbachs sei ein Bespiel dafür, dass so etwa lange dauern könne, sagt Baureferent Gerd Merkle (CSU). Es gehe bei einer Stadtteilsanierung um mehr als eine neue Straße, sondern um viele aufeinander abgestimmte Projekte. Wie viel Geld „Südlich der Ulmer Straße“ unter dem Strich durch Beiträge von Eigentümern zusammenkommen wird, sei noch nicht sicher, so Merkle. Insgesamt seien in das Sanierungsgebiet von Stadt und Städtebauförderung um die sechs Millionen Euro geflossen.

    Bei den Anwohnern sind noch Fragen offen

    Wie viel Geld die einzelnen Grundeigentümer zu zahlen haben, wird von einem Gutachter ermittelt. Er berechnet, welchen Wertzuwachs ein Grundstück durch Verkehrsberuhigung oder die Neugestaltung von Straßen bekommen hat. Die allgemeine Wertsteigerung von Grundstücken fließt nicht mit ein. Bei den Anwohnern in Oberhausen sind aber noch Fragen offen.

    Manche sind erst hergezogen, nachdem große Teile der Sanierung schon längst fertig waren. Sie müssten nun bezahlen, den Nutzen hätten die Voreigentümer gehabt, so die Klage, zumal die Stadt sich im Vorfeld auch nie zur exakten Höhe der Anwohnerbeteiligung geäußert habe. Insofern habe es auch keine Möglichkeit gegeben, bei den Kaufpreisverhandlungen mit den Vor-Eigentümern einen Abschlag anzusetzen. Und auch dass die Abrechnung zu einem Zeitpunkt kommt, wo die Grundstückspreise allgemein hoch sind – und somit auch die prozentualen Steigerungen durch Sanierungsvorteile –, sorgt für Ärger. Man verlange mehr Informationen.

    Immerhin hat die Stadt nicht mehr viele Sanierungsgebiete mit noch offenen Abrechnungen. In der Altstadt – neben Oberhausen der zweite Schwerpunkt – sei die finanzielle seite weitgehend geklärt, ebenso in Alt-Kriegshaber und Pfersee Nord. Alle neueren Sanierungsgebiete wie die „Soziale Stadt“ in Oberhausen-Mitte, Rechts der Wertach, Hochzoll und Lechhausen wurden in einem Verfahren umgesetzt, bei dem keine Ausgleichsbeiträge anfallen. Dies hing unter anderem damit zusammen, dass die dort erwartete Bodenwertsteigerung deutlich niedriger kalkuliert wurde.

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