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Augsburg: Drogensüchtiger erzählt aus dem Leben: "Wie in einem Tarantino-Film"

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Drogensüchtiger erzählt aus dem Leben: "Wie in einem Tarantino-Film"

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    „Ich bin da reingerutscht wie in so einem Quentin-Tarantino-Film“: Thomas Herald, 51, erzählt von seiner Drogensucht und davon, wie die Drogenhilfe ihn dabei unterstützt, von der Sucht loszukommen.
    „Ich bin da reingerutscht wie in so einem Quentin-Tarantino-Film“: Thomas Herald, 51, erzählt von seiner Drogensucht und davon, wie die Drogenhilfe ihn dabei unterstützt, von der Sucht loszukommen. Foto: B. Roessler, dpa (Symbolfoto)

    Beinahe ein ganzes Stockwerk dient als Rückzugsort. Hier, in der Notschlafstelle der Drogenhilfe Schwaben, können wohnungslose Suchtkranke oder solche in einer aktuellen Notlage – etwa, wenn sie zu Hause bedroht oder geschlagen werden – Ruhe finden. Wenigstens für eine Nacht. Oder ein paar Nächte, da sind die Mitarbeiter hier nicht so streng. Es gibt eine Küche samt Esszimmerecke, ein paar Aschenbecher stehen herum. Wer hier schlafen möchte, muss seine Habe zuvor in einem kleinen, grauen Spind einlagern. Abgesehen von unentbehrlichen Dingen wie Zahnbürste, Deo oder Drehtabak.

    Drogenhilfe: Heroin kann für Drogensüchtige wie ein Medikament sein

    Im kleinen Wohnzimmer der Notschlafstelle stehen zwei Sofas, an den Wänden hängen Bilder. Darauf zu sehen: verzerrte und grinsende Köpfe, abstrakte Muster und Figuren in dunklen Straßenszenen – von talentierter Hand zu Papier gebrachte Drogentrips. Gemalt von denen, die hier schlafen.

    Der 51-jährige Thomas Herald schläft dort nicht – er wohnt zusammen mit seiner Freundin in einer eigenen Wohnung. Der Name "Herald" ist ein Pseudonym. Er erzählt zwar offen von seinem Leben mit dem Heroin, seinen richtigen Namen möchte er aber hier nicht lesen. Aufgewachsen in München, zwei Ausbildungen zum Spengler und Maler gemacht, für Fernsehsender und das Junge Theater in Bonn gearbeitet, in mehreren deutschen Städten gewohnt, aber nirgendwo außerhalb Münchens so richtig glücklich gewesen, begleitet die Sucht Herald bereits seit seiner späten Jugend. "Ich bin da reingerutscht wie in so einem Quentin-Tarantino-Film."

    Im Wohnzimmer der Notschlafstelle hängen Bilder, die von Süchtigen gemalt wurden.
    Im Wohnzimmer der Notschlafstelle hängen Bilder, die von Süchtigen gemalt wurden. Foto: Ulrich Wagner

    Ende der 1980er, Anfang der 1990er hatte der heute 51-Jährige jede Menge Heroin zur Verfügung, "die ersten 18 Monate wusste ich gar nicht, was Entzug ist". Mit den ersten körperlichen und geistigen Schmerzen des Entzugs habe er gewusst, er ist "drauf". Es folgen Haftstrafen, Jahre ohne Drogenkonsum, immer wieder schlimme Tiefschläge, die ihn zurück in die Sucht treiben: Ein Bruder stirbt an einer Überdosis, Jahre später die Mutter nach hartem Kampf an Krebs. Zum Rest der Familie hat er heute keinen Kontakt mehr.

    Die Trauer betäubt Herald mit dem Heroin, "es ist eine Art Medikament für mich". Nach der letzten Stabilisierungstherapie steht er nun im Kontakt mit der Drogenhilfe. Unter anderem mit Katrin Wimmer. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin und arbeitet mit Unterbrechungen seit 1995 in der Drogenhilfe. Über sie kam der Kontakt zu Herald zustande, Wimmer kennt ihn seit Jahren.

    Die Drogenhilfe Schwaben berät im Jahr tausende Menschen

    Die Drogenhilfe feiert 2021 ihr 50-jähriges Bestehen. Uwe Schmidt arbeitet seit etwas weniger als der Hälfte dieser Zeit dort. Zusammen mit rund 50 Kollegen kümmert Schmidt sich um die Menschen, die von Suchtproblemen betroffen sind. Das können Drogenkonsumenten sein, aber auch Angehörige. Schmidt ist heute einer der Geschäftsführer der Einrichtung, die zu großen Teilen vom Bezirk Schwaben finanziert wird. Auch die Stadt Augsburg bezuschusst die Institution. Hier können Süchtige ein offenes Ohr finden, ohne verurteilt zu werden, es gibt Hilfe bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche und Beratung, wenn es um den Ausstieg aus der Sucht geht oder darum, welche Therapiestätte am besten für den Klienten wäre.

    Uwe Schmidt und Katrin Wimmer arbeiten bei der Drogenhilfe Schwaben. Dort gibt es auch eine Notschlafstelle für Süchtige.
    Uwe Schmidt und Katrin Wimmer arbeiten bei der Drogenhilfe Schwaben. Dort gibt es auch eine Notschlafstelle für Süchtige. Foto: Ulrich Wagner

    Angefangen hat Schmidt 1998 als Drogenberater. "Für viele unserer Klienten sind wir der letzte cleane Ansprechpartner." Die kommen aus Augsburg, aber auch aus den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg. 2500 Menschen würde man im Jahr beraten, sagt Schmidt. Die Dunkelziffer der Konsumenten schätzt er auf das Doppelte. Viele nehmen Heroin.

    Und sie würden aus allen Schichten kommen, erzählt Schmidt: Handwerker mit Meistertitel, Lagerarbeiter, Bankkaufleute, Menschen ohne Obdach und Arbeit. Streetworkerin Wimmer ist für sie im Stadtgebiet unterwegs, auch in den Kontakteinrichtungen der Drogenhilfe. Sie sagt, "letzten Endes geht es in der aufsuchenden Arbeit um das Überleben der Klienten".

    Das Coronavirus erschwert die Arbeit der Drogenhilfe in Augsburg

    Die Corona-Pandemie erschwert die Arbeit der Streetworkerin Wimmer massiv. Einrichtungen wie das "beTreff" oder das "KiZ Streetwork" sind derzeit nur für Einzelpersonen zugänglich. In normalen Zeiten gibt es dort eine Art Cafébetrieb, viele kamen dorthin, um Kontakt zu anderen in einer "normalen" Umgebung zu haben. Im Frühjahr, vor allem während des ersten Lockdowns, erzählt Wimmer, seien viele ihrer Klienten nicht aufzufinden gewesen. Über Jahre aufgebautes Vertrauen, ein Kernaspekt der Streetwork, half nun nicht weiter - zu groß war die Angst der Süchtigen vor dem Virus oder aber vor tatsächlichen oder vermeintlichen Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen.

    "Wir mussten plötzlich Hürden aufbauen", sagt Wimmer, "wo wir eigentlich doch niedrigschwellig arbeiten." Einige der Klienten seien wohl in den vergangenen Monaten gestorben - woran, das weiß Wimmer nicht. Einfach so vorbeischauen bei der Drogenhilfe, das geht jetzt nicht mehr. Das ist ein Problem, Geschäftsführer Schmidt sagt: "Wir erleben hier häufig eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Fremden oder dem System." Gerade deswegen sei es so wichtig, möglichst barrierefrei für die Menschen da zu sein.

    Doch das wird, so fürchte er, sagt Schmidt, so schnell nicht möglich sein. Die Drogenhilfe Schwaben entwickelt daher aktuell digitale Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Beratung. Nicht nur für Süchtige, die sich entschließen, Hilfe zu suchen - sondern auch für deren Angehörige und Partner. Denn eine Drogensucht prägt oft nicht nur ein Leben.

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