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Augsburg: Die einst florierende "Bierbrauerei zum hohen Meer" in Augsburg

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Die einst florierende "Bierbrauerei zum hohen Meer" in Augsburg

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    Das Hohe Meer an der Frauentorstraße um 1930. Das Mozarthaus rechts, mit Flacherker, schmiegt sich scheinbar an den mächtigen Bau.
    Das Hohe Meer an der Frauentorstraße um 1930. Das Mozarthaus rechts, mit Flacherker, schmiegt sich scheinbar an den mächtigen Bau. Foto: Sammlung Häußler

    „Wird das Hohe Meer zum Mozart-Hotel?“ So lautete im August 2008 eine Zeitungsüberschrift. Aus der leerstehenden einstigen Gaststätte „Hohes Meer“, Frauentorstraße 32, solle ein Hotel mit 24 Zimmern werden, kündigte damals ein Investor an. Daraus wurde bislang nichts. Inzwischen hat das markante Gebäude mehrmals den Besitzer gewechselt.

    An der Fassade stand zeitweise ein Baugerüst. Es schien sich an und in dem Gebäude etwas zu tun. Eines Tages war das vergoldete Relief mit der Darstellung des „Wunderbarlichen Guts von Heilig Kreuz“ verschwunden. Über den Verbleib ist bislang nichts bekannt. Die an einen Bienenkorb erinnernde große Plastik prägte die Fassade am „Hohen Meer“.

    „Mozart-Hotel“ sollte das „Hohe Meer“ in Augsburg heißen

    Schon vor fast 500 Jahren ist der ungewöhnliche Name nachweisbar. 2008 wurde ein neuer Name vorgeschlagen: „Mozart-Hotel“ solle das „Hohe Meer“ nach dem Umbau heißen. Die Idee dafür lieferte das Nachbargebäude. Darin wurde Leopold Mozart geboren: Es ist das „Leopold-Mozart-Haus“, Augsburgs Mozart-Gedenkstätte. Corona-bedingt ist es derzeit nur digital zu besuchen.

    Dieses vergoldete Relief ist von der Fassade des Hohen Meers verschwunden.
    Dieses vergoldete Relief ist von der Fassade des Hohen Meers verschwunden. Foto: Sammlung Häussler

    Seit 1858 erinnert an dem Haus eine Tafel daran, dass darin am 14. November 1719 Leopold Mozart, der Vater von Wolfgang Amadeus Mozart, zur Welt kam. Bei Leopolds Geburt gab es die benachbarte „Wirtschaft zum hohen Meer“ schon rund 200 Jahre. Anno 1532 ist sie unter den „Zapfenwirten“ erwähnt. So wurden Gasthäuser bezeichnet, die nicht selbst brauten, sondern von einer Brauerei mit Fassbier beliefert wurden.

    Wirt erhielt eine "Braugerechtigkeit"

    1591 kaufte ein Hans Gunggeler die Wirtschaft. Dessen Sohn wollte die Wirtschaft in eine Brauerei umwandeln. Doch dafür erteilte die Reichsstadt zum Schutz der vielen bereits bestehenden Bierbrauereien keine Gewerbelizenz. Es gab jedoch eine legale Möglichkeit zur Neugründung einer Brauerei: die Übertragung einer „Braugerechtigkeit“. Der Jungbrauer kaufte also 1606 eine Brauerei an der Georgenstraße, legte sie still und übertrug das Braurecht auf den „Gasthof zum hohen Meer“.

    Der Brauerei-Gasthof florierte jahrhundertelang unter wechselnden Besitzern. Er verfügte über Gästezimmer und über Ställe für die Kutschenpferde von Reisenden. Im Jahr 1887 übernahm die „Aktienbrauerei Augsburg vormals J. M. Vogtherr“ Gasthof und Brauerei. Eine Modernisierung folgte. 1903 heißt es dazu: „Diese alte Brauerei ist nun fast ganz in einen modernen Bierpalast umgewandelt. Neben einer hübschen vergoldeten Darstellung des Wunderbarlichen Gutes von Hl. Kreuz zierte sie auch noch bis vor ihrer gänzlichen Modernisierung ein sehr hübsches Schild mit einem Schiff auf stürmischem Meer.“ Eine anno 1900 versandte Bildpostkarte dokumentiert die neue Bierhalle.

    Bierhalle zum hohen Meer der Aktienbrauerei vorm. Vogtherr, Frauenthorstrasse ist diese 1900 versandte Postkarte beschriftet.
    Bierhalle zum hohen Meer der Aktienbrauerei vorm. Vogtherr, Frauenthorstrasse ist diese 1900 versandte Postkarte beschriftet. Foto: Sammlung Häussler

    1924 wurde die Aktienbrauerei Augsburg ein Opfer des grassierenden Brauereien-Sterbens. Sie hatte neben dem „Hohen Meer“ weitere acht kleinere Brauereien „geschluckt“, als diese in der Wirtschaftskrise 1924 mit der Hasen-Bräu AG fusionieren musste. Das hieß: Sämtliche Immobilien gingen in Hasen-Bräu-Besitz über. Dazu zählte die „Brauerei zum hohen Meer“. Hasen-Bräu legte sie still.

    Werbung für die Bierhalle zum hohen Meer im Adressbuch für 1902.
    Werbung für die Bierhalle zum hohen Meer im Adressbuch für 1902. Foto: Sammlung Häussler

    In der hohen Bierhalle wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eine Zwischendecke eingezogen. Aus der Halle wurden zwei Gaststuben. Darin trugen in den 1970er-Jahren sonderliche Dekorationen dem „Hohen Meer“ Rechnung: Von der Decke hingen Netze, ein Anker und ein Steuerrad. Ein an die Wand gemalter Großsegler sollte einen weiteren Bezug zum ungewöhnlichen Gaststätten-Namen herstellen.

    Leopold Mozarts bescheidenem Geburtshaus neben dem „Hohen Meer“ war ein erfreulicheres Schicksal beschieden als dem Brauerei-Gasthof. Die Aktienbrauerei hatte um 1920 das „Mozarthaus“ erworben. Bei der Fusion mit Hasen-Bräu 1924 ging es zusammen mit dem „Hohen Meer“ im Immobilienbestand von Hasen-Bräu auf. Augsburgs größte Brau-AG betrieb Kultursponsoring: Am 26. Juni 1937 konnte im „Mozarthaus“ ein Gedenkraum eröffnet werden. 1939 schenkte Hasen-Bräu das historische Gebäude anlässlich des 350-jährigen Brauereijubiläums der Stadt Augsburg.

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