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Augsburg: Die Zahl der Drogentoten in Augsburg sinkt deutlich

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Die Zahl der Drogentoten in Augsburg sinkt deutlich

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    Die Drogenhilfe erinnert mit Steinen an die Menschen, die Schwaben durch Drogenkonsum gestorben sind.
    Die Drogenhilfe erinnert mit Steinen an die Menschen, die Schwaben durch Drogenkonsum gestorben sind. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Herr B. wurde im Februar 2018 aus dem Gefängnis entlassen, eine Wohnung hatte er nicht. Ein Problem, vor dem viele Häftlinge stehen, drogenabhängige zumal. Herr B., ein Mann mit einer Suchterkrankung, kam für eine Weile in der Notschlafstelle der Drogenhilfe Schwaben im Domviertel unter.

    Dort stehen Betten für Drogenabhängige zur Verfügung, die einen Platz zum Schlafen benötigen. Die Drogenhilfe führt Herrn B. als besonders positives Beispiel im jüngsten Jahresbericht an, denn er fand in der Phase, in der er in der Unterkunft übernachtete, eine eigene Wohnung, er fasste wieder Fuß. Doch längst nicht bei jedem Abhängigen klappt die Unterstützung so gut wie in dem Beispiel.

    Obdachlosigkeit in Augsburg: Drogenhilfe erhöht Anzahl der Schlafplätze

    Hinzu kommt: Die Zahl der Plätze ist begrenzt, das Angebot aber angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in der Stadt begehrt. Nun plant die Drogenhilfe, die Zahl der Betten in der Notschlafstelle auszubauen. Aktuell sind es elf, im Laufe des Jahres wolle man auf 15 aufstocken, sagt Uwe Schmidt, der Leiter der Drogenhilfe. Schmidt sieht im angespannten Wohnungsmarkt ein massives Problem für Drogensüchtige in Augsburg. Abhängige landen oft im Gefängnis, da sie zur Finanzierung ihrer Sucht Straftaten begehen – Fachleute sprechen von sogenannter Beschaffungskriminalität.

    Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigenszene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt.
    Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigenszene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Als straffälliger Mensch, als Suchtkranker oder auch nur als jemand mit einer negativen Schufa-Auskunft sei es noch einmal schwerer, in der Stadt eine Wohnung zu finden als ohnehin schon. Wohnungslosigkeit fördere aber Suchterkrankungen, sagt Schmidt. Und anders herum gelte: „Eine stabile Wohnung ist eine Grundlage, um Menschen aus der Sucht rauszuholen.“ So wie Uwe Schmidt die Lage schildert, hat sich die Situation um die Drogensüchtigen in Augsburg zuletzt nicht unbedingt erheblich verbessert. Signifikant verschlechtert allerdings auch nicht; die Zahl der Drogentoten in der Stadt ist 2019 jedenfalls gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken. 33 Rauschgift-Todesfälle hatten die Ermittler der Kriminalpolizei in der Region für 2018 notiert, 23 davon in Augsburg. Das war innerhalb der letzten zehn Jahre der zweithöchste Wert nach 2016. 2012 und 2013 etwa waren es jeweils 15 gewesen. Genaue Zahlen für das Jahr 2019 gibt die Polizei im Frühjahr heraus, wenn sie die Kriminalstatistik vorstellt, der Rückgang ist allerdings offenbar stark.

    Zahl der Drogentoten in Augsburg war zuletzt hoch

    In vielen Fällen führen „Misch-Intoxikationen“ zum Tod der Konsumenten – das heißt, dass Suchterkrankte mehrere Drogen durcheinander nehmen, was ihr oft ohnehin geschwächter Körper dann nicht mehr verkraftet. Das Durchschnittsalter der Drogentoten in der Region war 2018 mit 41 Jahren vergleichsweise hoch, was dafür spreche, dass die Verstorbenen oft langjährige Konsumenten waren.

    2016 hatte es im Bereich des Augsburger Polizeipräsidiums 42 Rauschgift-Todesfälle gegeben, damals der höchste Stand seit 1998. Von diesen Tendenzen scheint man nun immerhin ein ganzes Stück weggekommen zu sein. Die Polizei führte die damalige Entwicklung auf den vermehrten Konsum sogenannter Kräutermischungen zurück: synthetisch hergestellte Drogen, die harmlos klingen, aber einen für Konsumenten nur schwer einschätzbaren Effekt haben.

    Möglich, dass die Zahl der Menschen, die an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben sind, auch deshalb zurückgegangen ist, da die Öffentlichkeit für die Gefahren dieser synthetischen Drogen etwas sensibilisierter ist als noch vor einigen Jahren. Uwe Schmidt von der Drogenhilfe sagt jedenfalls, was Kräutermischungen angehe, sehe man bei Jugendlichen durchaus eine Entspannung der Lage. Ob das mit einem Ende 2016 in Kraft getretenen Gesetz zusammenhänge, das ganze Stoffgruppen verbietet, könne er nicht sagen. In der Drogenszene allerdings hätten sich die synthetischen Drogen, die im Internet oft als legale Alternative zu Cannabis beworben werden, etabliert.

    Notfallset in Augsburg im Einsatz

    Um die Zahl der Drogentoten weiter zu senken, hat die Augsburger Drogenhilfe im vergangenen Jahr an einem Modellprojekt teilgenommen. Drogenabhängige erhalten in einem Versuch ein Notfall-Set, das zwei Dosen Naloxon, diesen morphinähnlichen Wirkstoff als Nasenspray, Einweghandschuhe, eine Beatmungsmaske und eine Anleitung zum Vorgehen im Notfall beinhaltet – etwa, wenn jemand eine Überdosis genommen hat.

    Eine Metalldose enthält sowohl das Medikament als auch eine Anleitung für den Notfall.
    Eine Metalldose enthält sowohl das Medikament als auch eine Anleitung für den Notfall. Foto: Drogenhilfe Schwaben

    Der Wirkstoff Naloxon kann sich an Opioid-Rezeptoren im Körper anbinden, wodurch Opioide wie Heroin dort nicht mehr andocken und ihre Wirkung nicht entfalten können. Alle, die das Kit bekommen, müssen ein spezielles Notfalltraining absolvieren. Das Projekt wird auch in diesem Jahr fortgeführt.

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