Viele Baumarten tun sich in Augsburg immer schwerer zu überleben. Sie leiden unter dem Klimawandel, besonders wenn sie an schwierigen Standorten wie Straßen stehen. Nun will die Stadt verstärkt neue Baumarten pflanzen, die mit extremen Bedingungen wie Hitze und längerer Trockenheit besser zurechtkommen. Eine große Pflanzaktion mit sogenannten Klima-Bäumen ist im Textilviertel geplant - und zwar auf der Amberger Wiese, die nicht nur eine wichtige Grünfläche ist, sondern auch eine beliebte Spielwiese. Die Bürger dürfen mitreden, doch deren Meinungen gehen auseinander.
Dass Augsburg verstärkt neue Baumarten bekommen soll, ist der erklärte Wille von Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Derzeit überprüfe das Amt für Grünordnung alle großen Grünanlagen, um mögliche neue Pflanzungen zu etablieren und die Vielfalt an Baumarten zu erhöhen, heißt es in einer Mitteilung für Anwohner. Warum ein Wandel im städtischen Grün dringend nötig ist, erläutert Baumexperte Armin Baur: "Viele herkömmliche Bäume haben jetzt schon Probleme und werden zunehmend Probleme bekommen", sagt er. Die Esche beispielsweise sei einmal der Zukunftsbaum schlechthin gewesen. Nun rechnen Fachleute damit, dass bis zu 90 Prozent der Bestände absterben, vor allem, weil sie von einem Pilz befallen werden. Auch in Augsburg müssen kranke Eschen im großen Stil gefällt werden.
Das sind die neuen Klima-Bäume
Stattdessen rücken neue Baumarten in den Blick, die als robuster gelten. Dazu zählen etwa Blauglockenbaum, Weiße Maulbeere, Amerikansicher Zürgelbaum, Französischer Ahorn, Lampionbaum, Japanischer Schnurbaum oder Blumenesche. Diese Arten brauchen in der Regel weniger Wasser und werden auch nicht so groß wie etwa herkömmliche Buchen, Linden oder Kastanien.
Um die genannten Klima-Bäume geht es nun auch bei der geplanten Pflanzaktion an der Amberger Wiese, die diesen Herbst erfolgen soll. Einige dieser neuen Arten sollen zusätzlich zu den großen markanten Säulenpappeln gesetzt werden, die seit vielen Jahren die Wiese umsäumen. Anwohner dürfen mitreden, welche ihnen am besten gefallen und wie die Bäume gruppiert werden. Drei Varianten stehen zur Debatte.
Drei Varianten für Neupflanzung
In der ersten werden 33 Bäume in einer lockeren Gruppe auf der Wiese gepflanzt. Die zweite Variante sieht 17 neue Bäume an einer Seite entlang der Prinzstraße vor. In der dritten Lösung sind 24 neuen Bäume an allen drei Seiten der Wiese vorgesehen, die in einer zweiten Reihe vor den Pappeln stehen sollen. Bauer betont: Bei allen drei Lösungen sollen der vorhandene Kinderspielplatz und die Pappeln erhalten bleiben. Bei einem Ortstermin mit Bürgern gab es unterschiedliche Meinungen und viele Fragen.
"Kann man sicher sein, dass diese Bäume das Klima wirklich vertragen?", so eine Anwohnerin. Mitarbeiter des Grünamtes sagen, die Arten hätten sich bei Testpflanzungen an verschiedenen anderen Standorten in Bayern bewährt. Der Blauglockenbaum beispielsweise ist in Augsburg auch schon an anderen Stellen zu finden. Eine andere Bürgerin meinte, die städtebaulich markante Grünfläche im Textilviertel stehe unter Schutz und der ästhetische Eindruck dürfe nicht einfach verändert werden. Baur zufolge sind Neupflanzungen dennoch erlaubt. Unterschiedliche Wünsche gab es, welche Bäume wie angepflanzt werden sollen.
Bäume sollen Spielmöglichkeiten nicht einschränken
Ein wichtiges Thema für Bewohner ist auch, ob die neuen Bäume die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten auf der Grünfläche einschränken werden. Die Amberger Wiese ist im Viertel bei vielen Bevölkerungsgruppen sehr beliebt und wird stark genutzt - umso mehr, seit gegenüber in der früheren Augsburger Kammgarnspinnerei ein großes neues Wohnquartier hinzugekommen ist.
Hundebesitzer treffen sich auf der Wiese täglich und üben mit ihren Vierbeinern. Buben spielen Fußball, junge Paare sonnen sich auf Liegedecken. Regelmäßig kommt das Spielmobil des Kinderschutzbundes mit Spaßgeräten vorbei, an denen sich der Nachwuchs austoben darf. Mehrmals im Jahr startet auf der Wiese ein Heißluftballon, was immer ein großes Spektakel ist, und im Herbst kommen Leute vorbei, die ihren Drachen fliegen lassen wollen. Nach Angaben des Grünamtes werden alle diese Möglichkeiten nicht eingeschränkt, auch wenn die neuen Bäume Platz brauchen dürften und noch wachsen werden.
Ersatzbäume für Fällung am Herrenbach kommen auf die Wiese
Eigentlich ist die Amberger Wiese mit ihren mächtigen Pappeln schon jetzt eine sehr attraktive Grünfläche. Warum dennoch neue Bäume gepflanzt werden sollen, hat noch einen anderen Grund als den Klimawandel. 2018 fielen am Herrenbach 46 gesunde alte Bäume, um den Kanal vor Überschwemmungen sicher zu machen. Es war ein großer Eingriff ins vorhandene Grün, der nach vehementen Bürgerprotesten mit umfangreichen Neupflanzungen ausgeglichen werden sollte. Insgesamt soll es 132 neue Bäume geben. Doch auch drei Jahre nach der großen Fällung am Herrenbach ist es noch nicht gelungen, für alle Ersatzbäume einen Platz zu finden, wie Baur bestätigt. Wegen der dichten Bebauung und vieler Leitungen im Erdreich sei es schwierig, Standorte zu finden. In einigen Fällen seien Grundeigentümer oder Nachbarn gegen neue Bäume. Die Suche nach neuen Standorten musste vom Herrenbach in angrenzende Stadtteile ausgedehnt werden. Jetzt soll auf der Amberger Wiese ein weiterer Schwung der Herrenbach-Ersatzbäume unterkommen.