Ihr Rückzug hatte sich bei vier SPD-Stadträten bereits vor der Nominierungsversammlung abgezeichnet: Dieter Benkard, Ulrich Wagner, Stefan Quarg und Hüseyin Yalcin hatten erklärt, dass sie auf eine Kandidatur bei der Kommunalwahl im März 2020 verzichten. Seit Samstag gibt es eine weitere SPD-Rätin, die definitiv nicht mehr dem neuen Stadtrat ab Mai 2020 angehört. Gabriele Thoma, 60, hat aus Enttäuschung über die innerparteiliche Bewertung ihrer Person und Arbeit die geplante Kandidatur zurückgezogen. Bei einer Kampfabstimmung um Listenplatz 18 unterlag sie der früheren Juso-Vorsitzenden Silke Högg. Thoma verzichtete danach auf weitere Kandidaturen. Aus ihrem Umfeld heißt es, dass die Stadträtin sehr getroffen gewesen sei. „Die Enttäuschung ist sehr groß“, sagte Gabriele Thoma am Montag. Gleichwohl handle es sich bei der Nominierung um ein demokratisches Verfahren, „den Ausgang habe ich zu akzeptieren“.
Gabriele Thoma, die in den Themenbereichen Kultur und Umwelt stark engagiert ist, führt den SPD-Ortsverein Textilviertel. Sie habe kurz mit dem Gedanken gespielt, im Ortsverein „alles hinzuschmeißen“, doch dies werde sie jetzt mit mehr Abstand nicht tun: „Es war ohnehin geplant, dass ich im Januar bei den regulären Neuwahlen die Führung abgebe.“ Thoma sitzt seit 2014 für die SPD im Stadtrat.
Gabriele Thoma nimmt Abschied
Von 2002 bis 2008 war sie ebenfalls Mitglied im Gremium, doch damals noch für die ÖDP. Nach dem Abschied von der ÖDP wechselte Thoma im Jahr 2011 zur SPD, was am engen Kontakt zum früheren Fraktionsvorsitzenden Karl-Heinz Schneider liegt, der Mitglied im Ortsverein Textilviertel ist. Thoma verlässt den Stadtrat. Bei zwei Kollegen der Fraktion zeichnet sich dies ebenfalls ab. Angela Steinecker und Willi Leichtle stehen auf der Liste, haben allerdings hintere Listenplätze.
Steinecker ist auf Platz 24 eingereiht, Leichtle gar nur auf Platz 39. In beiden Fällen geschah dies in enger Absprache. Die Gründe unterscheiden sich. Angela Steinecker, 41, ist Zweite Bevollmächtigte der IG Metall und stark beruflich gefordert: „Ich habe die Mitverantwortung für das Wohl von knapp 29000 Mitgliedern. Weiterhin steht der Wirtschaftsraum Augsburg durch die Transformationsprozesse und die Digitalisierung vor neuen Herausforderungen.“ Dies erfordere verstärkt ihre Aufmerksamkeit. Für die Kommunalpolitik bleibe weniger Zeit. Die SPD-Stadträtin zieht Konsequenzen: Sie unterstützt das Team mit ihrer Kandidatur, um zusätzliche Stimmen für die SPD zu holen.
Die Gewerkschafterin freut es, dass drei Betriebsräte auf der Liste stehen. Dass ihr Listenplatz 24 zum Einzug ins Gremium reicht, ist unwahrscheinlich. Bei Leichtle ist es nicht der Beruf, sondern das Alter, das ihn zum Abschied aus der Kommunalpolitik treibt. Leichtle wird im Oktober 79 Jahre alt. Leichtle will mit der Kandidatur für zusätzliche Stimmen sorgen. So hat es die SPD-Führung mit dem früheren Landtagsabgeordneten vereinbart.
Wenn es um die Stadtratsliste mit den 60 Kandidaten geht, fällt auf, dass die Jugend auf dem Vormarsch ist. So sieht es Vladyslav Klymov, Vorsitzender der Jusos: „Wir haben mit Anna Rasehorn und Benjamin Adam unter den ersten zehn Plätzen gleich zwei prominente Juso-Vertreter. Unter den ersten 21 finden sich mit Silke Högg, Lara Hammer und Vincent Bentele drei weitere Jusos.“ Insgesamt sei ein Viertel der Stadtratskandidaten im Juso-Alter, das bis 35 Jahre reicht.
Eine Personalie hat wegen des Alters des Kandidaten und dessen Laufbahn für eine Überraschung gesorgt: Der frühere Bürgermeister Klaus Kirchner, 75, steht auf Platz 27. Dabei hatte sich der langjährige Kommunalpolitiker 2014 aus der Politik verabschiedet. Vorangegangen war ein innerparteilicher Konflikt. Kirchner war vor der Wahl 2014 mit dem ihm angebotenen Platz 17 nicht zufrieden. Er verzichtete auf die Kandidatur und sagte damals: „Er war mir zu schlecht, deshalb stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“ Dass der frühere Ordnungsreferent (2002 bis 2008) auf der Liste auftaucht, ist auf eine familiäre Komponente zurückzuführen: Oberbürgermeisterkandidat Dirk Wurm, der die SPD-Liste anführt, ist Neffe von Kirchner.
Der frühere Stadtdirektor Gerhard Ecker mischt wieder mit
Auf Platz 15 taucht ein weiterer „alter Bekannter“ aus der Regenbogen-Zeit auf: Der frühere Stadtdirektor Gerhard Ecker, der derzeit Oberbürgermeister in Lindau ist und im Frühjahr 2020 aus dem Amt ausscheidet, kandidiert für den Stadtrat. Regenbogen steht für die politische Amtsperiode der Stadtregierung (2002 bis 2008) unter dem damaligen SPD-Oberbürgermeister Paul Wengert. Ecker, 62, hat trotz seiner Amtszeit in Lindau die Verbindungen nach Augsburg nie aufgegeben. In Hochzoll hat er ein Haus. Um für den Stadtrat anzutreten muss man mindesten einen Nebenwohnsitz vor Ort haben.
Gerhard Ecker will nach Ende seiner OB-Amtszeit in Lindau ganz nach Augsburg zurückkehren. Er wolle seine fast 20-jährigen Erfahrungen in den Dienst der Fraktion und des OB-Kandidaten Wurm stellen, sagt Ecker. Dessen fand großen Beifall in der Augsburger SPD. Gerade mit der Person Ecker verbinden die SPD-Vertreter große Zuversicht.
Frust macht sich im Ortsverein Herrenbach/Spickel breit. Ortsvorsitzender Peter Biet war für Platz 21 vorgesehen. Biet wollte einen besseren Platz. Er verlor gegen den Oberhauser Ortsvorsitzenden Tim Kattner im Rennen um Platz 9. Biet verzichtete danach auf eine weitere Kandidatur. Ein anderer Bewerber aus dem Herrenbach steht nun nicht auf der Stadtratsliste.
Lesen Sie auch: Lindauer Oberbürgermeister will in Augsburger Stadtrat