Der Nahverkehr steckt in einer Krise. Momentan hilft den Verkehrsunternehmen der staatliche Rettungsschirm, doch ewig wird es die Milliardenzahlungen nicht geben. Die Fahrgastrückgänge in der Corona-Pandemie sind existenzbedrohend für ein Angebot mit hoher Qualität. Soll es keine dauerhaften Einbußen (z. B. beim Fünf-Minuten-Takt) geben, muss das Ziel sein, das Vor-Krisen-Niveau bei den Fahrgastzahlen möglichst schnell wieder zu erreichen. Das wird schwierig. Gewohnheiten haben sich geändert und die Angst vor Ansteckung (egal ob berechtigt oder nicht) fährt mit.
Der Nahverkehr wird mit dem Ende der Krise wieder wichtiger werden
Ohne Nahverkehr kommt man bei der Verkehrswende auch in der Region Augsburg aber nicht voran. In der Corona-Krise hat es gut geklappt, Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. Doch was wird sein, wenn alle wieder mehr Zeitdruck haben und öfter ins Büro müssen? Wenn Schüler und Studenten auch im Winter wieder in Präsenz in Schule und Uni lernen können? Und wenn diejenigen, die aufs Auto umgestiegen sind und über heute coronaleere Straßen fahren, im Stau stehen?
Die Tariferhöhung ist psychologisch ein schlechtes Signal, auch wenn sie wirtschaftlich nachvollziehbar ist. Die Nahverkehrsmacher laufen Gefahr, den Bogen zu überspannen: Höhere Preise zu verlangen für ein gerade weniger nachgefragtes Produkt ist gewagt, zumal andere Verbünde die Möglichkeit boten, das Abo coronabedingt für ein paar Monate "schlafen zu legen" oder Baden-Württemberg Nahverkehrs-Abo-Kunden einen "Treuebonus" spendierte. Jeder Abonnent, der jetzt wegen der Preiserhöhung kündigt, bringt Einnahmeverluste. Gleichzeitig ist zumindest der Ansatz, Gelegenheitsfahrgäste nicht stärker zu belasten, richtig, um Schwellen nicht zu erhöhen.
Auch in Augsburg müssen Tarifangebote flexibler werden
Noch wichtiger als die Preisdiskussion (auch der Betrieb eines Autos hat sich wegen der CO2-Bepreisung des Sprits verteuert und wird womöglich noch teurer) wird die Diskussion über die Nahverkehrsangebote der Zukunft sein. Ideen müssen entwickelt werden. Die starke Fixierung auf Abos war womöglich verkehrt, weil Pendler immer flexibler werden und Corona dies noch verstärkt hat. Diese Flexibilität werden auch Tarifangebote widerspiegeln müssen.
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