Noch regiert das Unkraut auf dem Areal an der Donauwörther Straße, gegenüber der Paul-Renz-Sportanlage. Doch jetzt, nach sechs Jahren Planung, Nachbarschaftsstreit und Abwasserproblemen tut sich etwas. Der Abwasserkanal für Augsburgs erste repräsentative Moschee (die meisten befinden sich in Hinterhöfen) ist verlegt. Das Gotteshaus der Ahmadiyya-Gemeinde kann gebaut werden. Und wenn in drei Metern Tiefe nicht noch Überraschungen, etwa Altlasten der früheren Tankstelle oder gar archäologische Funde, auftauchen, soll Mitte Februar mit dem Rohbau begonnen werden.
„Der fehlende Kanal hat uns damals kalt erwischt. Erst wollten wir einen 100 Meter langen Privatkanal direkt ins Netz bauen. Aber da gab es technische Probleme“, erklärt Saeed Gessler, Leiter der Frankfurter Ahmadiyya-Bauabteilung, der auf dem Neujahrsempfang der Gemeinde im Zeughaus über den Baustart berichtete. Auch die Bedenken einer benachbarten Eigentümergemeinschaft wurden juristisch ausgeräumt. Im September soll die Baitul-Naseer-Moschee mit einer Grundfläche von 350 Quadratmetern und zwei gleich großen Gebetsräumen stehen. Die 150-köpfige Gemeinde erwartet etwa 80 Besucher zu den Freitags- und Feiertagsgebeten.
Die Verzögerungen schlugen mit 100000 Euro zusätzlich zu Buche. Um das Gesamtbudget von 600000 Euro nicht zu sprengen, entschied man sich, statt einer offenen zwei Kuppeln übereinander zu bauen. Eine innere Stahlkonstruktion soll jetzt die äußere stützen. Der modern gestaltete Bau weist neben der Kuppel ein Türmchen auf, das ein Minarett andeutet. Finanziert wird das Projekt von der Frankfurter Zentrale, die von ihren insgesamt 40000 deutschen Mitgliedern pro Jahr etwa drei bis fünf Millionen Euro für den Bau von Moscheen einsammelt. Knapp 40 repräsentative Häuser hat die Gemeinde in Deutschland bereits realisiert. Finanzierungsmodell: Die Mitglieder leisten einen Treueeid gegenüber der Bewegung und führen zwischen zehn und 30 Prozent ihres Einkommens an die Zentrale ab.
Der Einladung zum Neujahrsempfang der Augsburger Ortsgemeinschaft folgten 50 Interessierte, etwa die Hälfte Mitglieder der Gemeinde. Vertreter der Grünen, CSU, von „Wir sind Augsburg“ (WSA) und des Integrationsbeirates sowie Migrationsreferent Rainer Erben würdigten die Bildungserfolge und die karitativen und ökologischen Bemühungen wie Obdachlosenspeisung, Neujahrsputz und Baumpflanzungen. Wie diese gehören auch Ahmadiyya-Charity-Läufe zum bundesweiten Werbeprogramm der Frankfurter Zentrale. Erstmals liefen im Mai 2015 auch Augsburger Jogger unter dem Banner der Ahmadiyya. Den Scheck über 3000 Euro überreichte Präsident Naseer Ahmad beim Neujahrsempfang an Thomas Kleist, Geschäftsführer der „Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg“.
Bewegung war in die Schlagzeilen geraten
Shafiq Naseer, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, wünschte zum Abschluss ein friedliches neues Jahr, vor allem auch „ohne Gewalt gegen Frauen“. Vor genau einem Jahr war die muslimische Gemeinschaft, unter deren Mitgliedern großteils gebürtige Pakistani, aber auch deutsche Konvertiten sind, in Zusammenhang mit Gewalt in die Schlagzeilen geraten. Die 19-jährige Ahamadi Lareeb Khan fiel am 28.1.2015 in Darmstadt einem sogenannten Ehrenmord zum Opfer. Naseer sagte am Rande des Neujahrsempfangs: „Mit der Gemeinde und mit unserer Religion hatte das nichts zu tun.“ Der „Ehrenmord“ erschütterte die deutsche Ahmadiyya-Gemeinde, zu der auch das Opfer und ihre im Dezember zu lebenslangen Haftstrafen verurteilten Eltern gehörten. Lareeb wurde vor einem Jahr von ihren Vater erwürgt, weil sie sich heimlich mit einen Jungen aus der Gemeinschaft getroffen hatte. Im Prozess, der auch auf die Sanktionsstrukturen innerhalb der Ahmadiyya einging, wurde der Bundesvorsitzende der Ahmadiyya-Gemeinde, Abdullah Wagishauser, als Zeuge gehört.
„Wir haben nicht daran gedacht, dass gestern ihr Todestag war. Es stimmt, wir müssen über die Ursachen reden“, antwortet Farhanda Mahmoud am Freitag auf die Frage, ob unter den Augsburger Ahmadiyya-Frauen das Schicksal von Lareeb diskutiert werde. Mit ihrem Glauben sei Mord natürlich nicht vereinbar, sagt auch Lubna Ahmad: „Töten ist verboten. Aber Treffen ohne Eltern oder andere Verwandte sind auch nicht erlaubt. Das hätten die beiden vielleicht anders lösen müssen“, erklärt die junge Frau.