Die Tonlage zwischen den Initiatoren des Fahrrad-Bürgerbegehrens und der Stadt Augsburg scheint sich deutlich zu verschärfen, nachdem es zuletzt noch Gespräche darüber gegeben hatte, wie mit den Unterschriften des wahrscheinlich erfolgreichen Begehrens umgegangen werden soll. Wie berichtet hatten die Initiatoren die nötigen 11.000 Unterschriften wohl erreicht, setzten aber auf den Dialog mit der Stadt, wie angesichts der eingeschränkten Mittel aufgrund der Corona-Krise die Forderungen - unter anderem mehr Radwege - erfüllt werden könnten.
Radaktivisten: Wenige und halbherzige Maßnahmen
Zuletzt kritisierten das Klimacamp, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, das Forum Augsburg lebenswert und die Bürgeraktion Pfersee das Agieren der Stadt. Selbst bei den wenigen Maßnahmen, die in diesem Jahr umgesetzt wurden, sei die Halbherzigkeit erkennbar, so der Vorwurf. Die Stadionstraße am Rosenaustadion etwa bekam im Sommer einen neuen Fahrbahnbelag. Für Radler wurde ein Schutzstreifen markiert.
Auf Höhe der neuen Verkehrsinsel, die Fußgängern das Queren der Stadionstraße erleichtert, ist der Schutzstreifen unterbrochen - eine gefährliche Stelle, so die Initiatoren. Sie fragen sich grundsätzlich, warum die Kreuzung Stadion-/Perzheim-/Schießstättenstraße nicht zum Kreisverkehr umgebaut wird. "Wir vom ADFC hätten es so gerne gesehen, wenn man wenigstens eine der geplanten Radachsen endlich durchgehend fertiggestellt hätte. Der Kreisverkehr an dieser Stelle würde eine wichtige Lücke schließen", so Almut Schwenke vom ADFC.
Sozialfraktion Augsburg: "Erst das Auto und dann rollt lange nichts"
Kritik kommt auch von der Sozialfraktion: "Für den motorisierten Individualverkehr wurde eine gute Infrastruktur gebaut, aber für den Radverkehr hat die Stadt es wiederum versäumt, Verbesserungen herbeizuführen und somit auch für mehr Sicherheit zu sorgen", so Stadträtin Anna Rasehorn. "Leider scheint es bei der Stadt unterschiedliche Prioritäten zu geben: Erst das Auto und dann rollt lange nichts", so ihre Kollegin Tatjana Dörfler.
Auch das nach jahrelangen Diskussionen umgesetzte 30er-Tempolimit in der Pferseer Unterführung sei nicht ausreichend. "Im weiteren Verlauf bis zur Luitpoldbrücke passieren zu viele Unfälle, da muss auch Tempo 30 her. Auch die parkenden Autos machen es gefährlicher", so Petra Kammerer von der Bürgeraktion Pfersee. Insgesamt werde Augsburg seinem Anspruch "Fahrradstadt" nicht gerecht. "Warum immer wieder die faulen Kompromisse mit den CO2-Schleudern? Bitte eine Fahrradstadt jetzt, aus einem Guss, die den Namen verdient", so Janika Pondorf vom Klimacamp.
"Detailwissen hat noch niemandem geschadet"
Die Stadt reagierte umgehend mit einer fünfseitigen Presseerklärung. "Die Aktivisten sollten der Verwaltung die Chance geben, Baumaßnahmen fertigzustellen, bevor sie die städtischen Beschäftigten polemisch herabwürdigen. Zudem hat Detailwissen in einer Fachdiskussion noch niemandem geschadet", so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Dass es keinen Schutzstreifen auf Höhe der Verkehrsinsel gebe, sei durchaus üblich. Hintergrund sei, dass die Fahrbahnbreite und der Weg für Fußgänger auf Höhe von Verkehrsinseln möglichst gering gehalten werden soll. Demnächst solle auf Höhe der Verkehrsinsel noch Tempo 30 ausgesprochen werden.
Was den Kreisverkehr betrifft, verweist die Stadt darauf, dass man zum einen wegen Geldmangels noch nicht zu vertieften Planungen gekommen sei, das Projekt zum anderen aber ohnehin zurückgestellt habe. Hintergrund ist die Frage, wie die Trams westlich des Bahnhofstunnels fahren werden. Sollte es zur von den Stadtwerken favorisierten Variante durch Pferseer Straße bzw. Hörbrothstraße durchs Thelottviertel kommen, würde sich womöglich auch im Umfeld die Verkehrsführung ändern, so Merkle. Darum sei es sinnvoll, die Genehmigung abzuwarten. Gleiches gelte für die Pferseer Straße. Sollte die Tram dort wie favorisiert fahren, seien Radstreifen und Tempo 30 nach der Pferseer Unterführung möglich. Die Kurzzeitparkplätze, so Merkle, sollten erhalten bleiben.
Wie geht es mit dem Radbegehren in Augsburg weiter?
Stadt und Radbegehrens-Initiatoren befinden sich seit dem Sommer in Gesprächen, wie mit dem Bürgerbegehren umgegangen werden soll. Zuletzt gab es Anfang Oktober ein Gespräch. Die Aktivisten erstellten eine "Null-Euro-Liste" als Gesprächsgrundlage, die unter anderem deutlich mehr Tempo 30 vorsieht. Ein weiteres Gespräch ist anberaumt.
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