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Augsburg: Der Stadtmarkt soll besser werden - aber es gibt Streit

Augsburg

Der Stadtmarkt soll besser werden - aber es gibt Streit

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    Nur mal kurz einkaufen oder flanieren und genießen? Die Kunden des Stadtmarkts haben konkrete Wünsche, doch die Händler können und wollen nicht alle erfüllen.
    Nur mal kurz einkaufen oder flanieren und genießen? Die Kunden des Stadtmarkts haben konkrete Wünsche, doch die Händler können und wollen nicht alle erfüllen. Foto: Bernd Hohlen

    Katja Mais aus Ostfriesland ist zu Besuch in Augsburg. Am Samstagmittag trifft sie sich mit ihrer Familie auf dem Stadtmarkt in der Viktualienhalle, um gemeinsam ein Glas Wein zu trinken. „Wir genießen die Atmosphäre hier, bei uns in Norddeutschland gibt es so etwas nicht“, sagt sie gut gelaunt. Alles wunderbar auf dem Stadtmarkt?

    Offenbar nicht. Hinter den Kulissen grummelt es in den Reihen der Standbetreiber. Anlass ist das Zukunftskonzept für den Stadtmarkt, das Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) auf den Weg bringen will.

    Die Meinungen über die Zukunft des Stadtmarktes gehen auseinander

    Für den neuen „Masterplan Weiterentwicklung Stadtmarkt“ werden verschiedene Gründe genannt: Neue Supermärkte im Zentrum machen den Händlern Konkurrenz, so ein Argument, das Einkaufsverhalten von Kunden habe sich geändert. Auch die Öffnungszeiten – samstags ist um 14 Uhr Schluss – sind seit Langem ein Streitpunkt. Deshalb soll sich eine Arbeitsgruppe mit der Weiterentwicklung des Stadtmarkts beschäftigen. Sie wird aus Händlern, Mitarbeitern des Marktamts und Stadträten bestehen, die Leitung hat ein externes Planungsbüro. Start der Überlegungen soll bereits im April sein. Aber wohin soll der Weg für die Traditionseinrichtung im Herzen Augsburgs führen? Dazu hat offenbar jeder eine andere Meinung.

    Spricht man samstags mit Passanten im Zentrum, erzählen viele, dass sie eher nicht auf den Stadtmarkt gehen. Student Dennis Götzenbrugger aus Königsbrunn sagt, „meine Lebensmittel kaufe ich mir daheim im Supermarkt und wenn ich auf den Stadtmarkt gehe, dann nur zum Essen, weil es dort viele kleine Standbetreiber und keine großen Ketten gibt.“ Auch eine 50-jährige Passantin aus dem Augsburger Westen erklärt, die Nahversorgung in ihrem Stadtteil sei sehr gut, weshalb sie dort einkaufe. Als Kind sei für sie die Milchhalle am Stadtmarkt immer ein Lieblingsort gewesen, aber das frühere Flair gebe es heute nicht mehr.

    Das zunehmende Gedränge am Stadtmarkt schreckt Kunden ab

    Fragt man Beschicker am Stadtmarkt, sehen viele trotzdem keine wachsende Konkurrenz durch Supermärkte. Blumenhändlerin Christine Hornung sagt, „wenn jemand etwas richtig Schönes will, kommt er zu uns auf den Stadtmarkt“. Im Supermarkt seien Blumen zwar billiger, die Kundenzielgruppe sei dort aber eine andere. Sie habe an ihrem Stand ein ganz anderes Problem. Weil die Außengastronomie am Stadtmarkt zunehme, sei immer weniger Platz vor den Verkaufsständen. Das zunehmende Gedränge schrecke viele Kunden ab. Landwirt Georg Assenbrunner aus Griesbeckerzell verkauft auf dem Stadtmarkt Ackerfrüchte aus eigenem Anbau. Auch er berichtet, mit seinen Umsätzen sei er insgesamt sehr zufrieden. „Es gibt inzwischen viel mehr Kunden, die selber kochen und wissen wollen, was bei ihnen auf den Teller kommt.“ Assenbrunner findet allerdings, dass es für Stadtmarktkunden preisgünstige Kurzzeitparkplätze geben sollte.

    Stadtrat Peter Uhl hat seit Jahrzehnten einen Gemüsestand auf dem Stadtmarkt. „Die Umsätze stimmen nach wie vor, auch wenn sie sehr unterschiedlich über die Woche verteilt sind“, sagt er. „Die Kundenfrequenz ist sehr gut.“ Das große Problem sei vielmehr, dass die Interessen der rund 90 Stadtmarkt-Beschicker sehr unterschiedlich und damit schwer unter einen Hut zu bringen seien.

    Streitthema Öffnungszeit: Einige Gastronomen auf dem Stadtmarkt würden samstags gerne länger als bis 14 Uhr öffnen. Händler an den Verkaufsständen wollen dagegen unbedingt an den geltenden Öffnungszeiten festhalten. Für die vielen kleinen Familienbetriebe sei es anders nicht machbar, sagt Uhl. In der Fleischhalle des Stadtmarktes denken Beschicker wiederum laut darüber nach, sogar unter der Woche früher zu schließen. Argument: Nach dem Mittagsimbiss sei dort kaum noch etwas los. Für weiteren Zündstoff sorgt die Frage, wie viele klassische Verkaufsstände und wie viel Gastronomie auf dem Stadtmarkt vorhanden sein sollen. Beim neuen Masterplan dürfe die Welle nicht in Richtung Gastronomie überschwappen“, meint Uhl. Sonst werde der Augsburger Stadtmarkt am Ende zu einer Fress- und Saufmeile, ähnlich wie der Naschmarkt in Wien.

    Ein Imbiss-Anbieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, sieht das völlig anders. Die Kundschaft am Stadtmarkt komme längst nicht mehr alleine wegen Obst und Gemüse, sagt er. Gerade auch vielfältige Gastronomie-Stände seien wichtig fürs Flair. Der Imbiss-Betreiber spricht weiter davon, dass es unter den Stadtmarktbeschickern „viel Neid und Missgunst“ gebe, was ein gemeinsames Vorgehen sehr erschwere. Stadtrat Uhl appelliert mit Blick auf die divergierenden Interessen der Standbetreiber: „Die Gemeinschaft muss zusammenhalten, wir brauchen ein Zukunftskonzept.“

    Treue Stadtmarkt-Kunden gibt es nach wie vor

    Und was wollen eigentlich die Kunden am Stadtmarkt? Denn treue Stammkunden gibt es nach wie vor viele. Jakob Ludwig wohnt mit seiner Familie im Zentrum und kommt regelmäßig zum Einkaufen und Einkehren auf den Stadtmarkt. Er lobt die Qualität der Ware, die vielen regionalen Angebote und den guten Kontakt zu den Verkäufern. „Ich finde es toll hier.“ Wenn er sich etwas wünschen dürfte, hätte er gerne noch mehr Stände am Bauernmarkt. „Es wäre auch schade, wenn die Lebensmittelstände weiter zurückgehen“, so Ludwig.

    Auch Manfred Schöttl aus Hochzoll fährt mit seiner Frau am Wochenende gerne zum Stadtmarkt, um einzukaufen und sich anschließend an den Gastroständen zu stärken. „Wenn man aber am Samstag um 14 Uhr rausgeworfen wird, dafür hat man nicht so viel Verständnis, ein bisschen mehr Flexibilität bei den Beschickern wäre schön“, sagt er. Ingrid und Georg Götz aus Lauingen wünschen sich samstags ebenfalls längere Öffnungszeiten – und eine Spielecke für Kinder wie ihre Tochter Marlene. Ihre Anreise sei relativ lang, sagen sie. Insgesamt seien sie aber große Fans des Augsburger Stadtmarkts und kämen regelmäßig, um dort zu schlemmen und sich mit leckeren Lebensmitteln einzudecken, auch wenn die Preise teuer seien.

    Lesen Sie hier den Kommentar von Nicole Prestle: Es geht nicht allein um den Stadtmarkt

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