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Augsburg: Der Rabbiner erlebte als Kind die Reichspogromnacht 

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Der Rabbiner erlebte als Kind die Reichspogromnacht 

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    Aus persönlicher Erinnerung sprach Rabbiner Henry G. Brandt beim Gedenken an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren in der Synagoge.
    Aus persönlicher Erinnerung sprach Rabbiner Henry G. Brandt beim Gedenken an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren in der Synagoge. Foto: Annette Zoepf

    Augsburg vor 80 Jahren: Die Synagoge brennt, Schaufenster jüdischer Geschäfte zersplittern, jüdische Bürger werden aus ihren Wohnungen gezerrt, misshandelt und verhaftet. Es ist die nationalsozialistische Reichspogromnacht vom 9. auf 10. November 1938. „Wir können, wollen und dürfen nicht aufhören zu erinnern, das sind wir unseren seinerzeit ermordeten Schwestern und Brüdern schuldig“, sagt der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Alexander Mazo, all denen, die einen Schlussstrich fordern, als er am Sonntagabend in der

    Achtsam in die Zukunft blicken

    Fast alle Plätze sind besetzt in dem jüdischen Gotteshaus, Stadträte, Abgeordnete, Behördenleiter, Kirchenvertreter und viele Bürger sind auf Einladung des Oberbürgermeisters gekommen. „Wir sind dankbar, dass die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft sich klar distanziert von den Antisemiten heute“, sagt Mazo. Bayerns Staatssekretärin Carolina Trautner beschreibt Erinnern mit doppelter Zielsetzung: Nachdenklich zurückschauen und achtsam in die Zukunft blicken. „Wir sind verantwortlich dafür, dass ein solcher Zivilisationsbruch nie wieder in Deutschland passiert“, betont Trautner.

    Augsburgs Bürgermeisterin Eva Weber appelliert an ihre Zuhörer, den Respekt für die Würde des Mitmenschen hochzuhalten. Entschieden distanziert sich Weber von heute geäußertem extremistischen Gedankengut, „von dem wir glaubten, es habe längst keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft“. Es sei an der Zeit, sich als mündige und aktive Bürger für die freiheitlich-demokratische Ordnung einzusetzen und dafür sich im Ehrenamt zu engagieren oder politische Ämter zu übernehmen. „Wir sind nicht wehrlos, wir sind nicht sprachlos!“

    Die Augsburger Philharmoniker orchestrierten die Gedenkstunde mit getragenen Tönen, gleich zu Beginn mit Samuel Barbers komponiertem, tiefen Seufzen, das aus dem Film „Schindlers Liste“ sehr bekannt wurde. Auch das Gebet aus Ernest Blochs „From Jewish Life“ legt dem Solo-Cello innige Töne zugrunde. Unmittelbar nach dem hebräischen Gesang von Kantor Jakob David Schwetzoff ging diese sinfonische Musik in der Synagoge zu Herzen.

    Vater kam in Schutzhaft

    Rabbiner Henry G. Brandt eröffnet seine Rede mit persönlichen Erinnerungen, dass um vier Uhr früh wütendes Hämmern und Klingeln ohne Ende an der Tür der Familie Friedrich Brandt in München zu hören war und zwei „SA-Schnösel“ den Vater, einen friedlichen Kaufmann und Weltkriegs-Frontkämpfer, in Schutzhaft nahmen. Er, der Zeitzeuge, berichte davon, „um mit Mitgefühl daran zu denken, was andere erleiden mussten“.

    Versagen der Menschlichkeit

    Kritisch fragt der 91-jährige Rabbiner, ob hinter allem „Nie wieder!“ nicht eine gewisse Hilflosigkeit stehe, was zu tun sei, um solche Verfolgung in Zukunft zu verhindern. „Es handelte sich um ein Versagen der Menschlichkeit“, mahnt Brandt. Und leider sei es danach wieder passiert. Besinnen mögen sich die Menschen darauf, dass der Schöpfer ihnen einen moralischen Kompass mitgeliefert hat, der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Feindesliebe und Schutz der Schwachen einfordert. „Das macht uns Menschen erst aus“, so der Rabbiner. „Die Suche nach

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