Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Das Schicksal von Jürgen Ender: „Mein Mann ist mein größtes Geschenk“

Augsburg

Das Schicksal von Jürgen Ender: „Mein Mann ist mein größtes Geschenk“

    • |
    Das Schicksal von Jürgen Ender: „Mein Mann ist mein größtes Geschenk“
    Das Schicksal von Jürgen Ender: „Mein Mann ist mein größtes Geschenk“

    Cornelia Will ist einer der wenigen Menschen, die sich zu Weihnachten nichts wünschen. „Mein Mann ist mein größtes Geschenk“, sagt sie. Gleich zweimal hat sie dieses Geschenk bekommen: Im November 2013 überlebte Jürgen Ender einen Motorradunfall auf den Philippinen. Und diesen August kam er endlich heim nach Augsburg, nachdem er monatelang schwerst verletzt in einer asiatischen Klinik gelegen hatte. Seitdem gibt es Geschenke zuhauf: jeder neue Tag, jedes Lächeln, jeder kleine Fortschritt. Die Geschichte von Jürgen Ender und Cornelia Will ist erschütternd, weil sie vor Augen führt, wie schnell man aus einem normalen, glücklichen Leben gerissen werden kann. Sie ist aber auch hoffnungsvoll, weil sie zeigt, dass es immer weitergehen kann.

    Lange Zeit kämpften Ärzte und Pfleger in einem Krankenhaus auf den Philippinen um sein Leben, nachdem der 50-Jährige einen Unfall hatte, dessen Umstände bis heute nicht geklärt werden konnten. Seine Frau erinnert sich noch gut an das Weihnachtsfest vor einem Jahr. Sie verbrachte den Heiligen Abend in der Klinik von Davao. Ihr Mann lag mit einem Schädel-Hirn-Trauma auf der Intensivstation, wurde künstlich beatmet. Die Krankenschwestern, die ihn liebevoll umsorgten, teilten ihr Weihnachtessen mit dem Besuch aus Deutschland.

    Bericht in Zeitung löste Welle der Hilfsbereitshaft aus

    Cornelia Will war emotional hin- und hergerissen, voller Hoffnung, dass ihr lebenslustiger, optimistischer, eigenwilliger Mann sich wieder zurückkämpfen würde ins Leben. Aber auch voller Sorge. Berechtigter Sorge, wie sich herausstellte. Denn als er endlich wieder transportfähig war, konnte er nicht zurück nach Deutschland; sein privater Versicherungsschutz deckte den Transport nicht ab. Aus eigener Tasche konnte seine Frau die Rückholung ebenfalls nicht bezahlen. Als sie sich verzweifelt an unsere Zeitung wandte und diese über den Fall berichtete, löste das jedoch eine Welle der Hilfsbereitshaft aus und ein Team um den Rettungssanitäter Johannes Hierl (Bäuerle-Ambulanz), den Notarzt Stefan Doesel und die Flugambulanz Augsburg brachte den Patienten nach Hause. Augsburger spendeten 23.000 Euro auf ein Spendenkonto der Christuskirche, um diese und andere Kosten zu decken.

    Dafür ist Cornelia Will gerade jetzt, an Weihnachten, sehr dankbar. Denn Jürgen Enders Weg zurück ins Leben wird noch lange dauern. Er ist noch immer teilweise gelähmt, kann nicht sprechen, wird über eine Magensonde ernährt und hat einen Katheter. Nach seiner Rückkehr verbrachte er mehrere Wochen im Therapiezentrum Burgau; währenddessen suchte seine Frau eine neue Wohnung und organisierte den Umzug. Seit November leben die beiden in einem behindertengerechten Apartment im Mehrgenerationen-Wohnen des Stiftungsamtes im Kreuzviertel. Trotz der Adventszeit sieht die kleine Wohnung mit Blick auf die Heilig-Kreuz-Kirche recht karg aus: Das Pflegebett steht da, ein Schreibtisch, ein Esstischchen. Eine Lichterkette sorgt für ein wenig Weihnachtsstimmung. Für Dekoration fehlen Zeit und Kraft.

    Wenn seine Frau sich ihm zuwendet, lächelt Jürgen Ender

    Logopäden, Ergotherapeuten und der Pflegedienst geben sich die Klinke in die Hand. Manchmal kann Jürgen Ender mithilfe der Ergotherapeutin kurz stehen und seine Frau hofft, dass er irgendwann mithilfe eines Rollators gehen kann. Ein Therapeut meinte, vielleicht, mit viel Glück, könnte er in zwei Jahren Suppe oder Brei schlucken. Wenn sich die 49-Jährige jetzt ein schnelles Abendessen kocht, legt sie ihrem Mann eine winzige Kostprobe auf die Zunge – nur um des Geschmacks willen. Cornelia Will versucht, sich zwischen ihrer Arbeit als Physiotherapeutin und dem geliebten Mann aufzuteilen, möglichst viel mit ihm zu üben, ihn zu motivieren – und wenn es „nur“ darum geht, am Morgen den Rasierer mit der Hand zu führen. Für ihn ist alles anstrengend. Sogar für den Besuch der Zeitung im Rollstuhl zu sitzen, ermüdet den großgewachsenen 50-Jährigen sichtlich. Doch wenn eine Frau sich ihm zuwendet, erzählt, einen Scherz macht, leuchten die intensiv blauen Augen auf. Jürgen Ender lächelt.

    Und wenn sie sich zu ihm aufs Pflegebett legt, legt er seinen linken, beweglichen Arm um sie – Momente, die Energie geben. Große Präsente haben sich die beiden zu Weihnachten nie gemacht, heute möchte sie ihm ein T-Shirt schenken mit dem Aufdruck „Never surrender“. „Gib niemals auf“, erzählt Cornelia Will, war das Lebensmotto ihres Mannes. Und sie hat es übernommen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden