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Augsburg: Coronavirus: Die Wertachstraße wird zur Geisterstraße

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Coronavirus: Die Wertachstraße wird zur Geisterstraße

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    An normalen Tagen stehen vor den Läden in der Wertachstraße verschiedene Gruppe von Menschen. Doch nun ist deutlich weniger los. Die Ausbreitung des Coronavirus und die Maßnahmen des Freistaates haben Auswirkungen.
    An normalen Tagen stehen vor den Läden in der Wertachstraße verschiedene Gruppe von Menschen. Doch nun ist deutlich weniger los. Die Ausbreitung des Coronavirus und die Maßnahmen des Freistaates haben Auswirkungen. Foto: Annette Zoepf

    In der Wertachstraße sind die Dinge selten so, wie sie nur wenige Monate zuvor waren. Was jetzt ein Wettbüro ist, hat sich vielleicht im Sommer schon in ein Café verwandelt, der Handyladen nebenan ist dann vielleicht ein Reisebüro oder ein Juwelier. In der Straße ist stetiger Wandel normal. So wie jetzt waren die Dinge allerdings noch nie.

    Bei „Fatih’s Barbershop“ zum Beispiel, ein beliebter Treffpunkt hier, sitzen am Dienstagmittag zwei junge Männer in den Friseurstühlen. Normalerweise ist die Bude deutlich voller um diese Zeit. Normalerweise ist sie das zu so ziemlich jeder Zeit.

    Coronavirus: Haare schneiden mit Handschuhen

    Um 50, 60 Prozent weniger Kunden seien es wohl zuletzt gewesen, die in seinen Laden kamen, schätzt Fatih Isiklar, der Inhaber. Er schneidet gerade einem jungen Mann die Haare und trägt dabei Handschuhe. Eine Vorsichtsmaßnahme wegen des Coronavirus. Es kämen vor allem noch junge Leute, sagt der Inhaber. Die Älteren blieben derzeit weg, das merke man. „Fatih’s Barbershop“ darf noch öffnen ab dem heutigen Mittwoch, im Gegensatz zu vielen anderen Geschäften in der Straße und in Augsburg.

    Fatih Isiklar hat mit seinem Barbershop noch geöffnet – glaubt aber, wegen der Ausbreitung des Coronavirus auch bald schließen zu müssen.
    Fatih Isiklar hat mit seinem Barbershop noch geöffnet – glaubt aber, wegen der Ausbreitung des Coronavirus auch bald schließen zu müssen. Foto: Annette Zoepf

    Am Montag hat die bayerischen Staatsregierung bekannt gegeben, dass das öffentliche Leben weiter eingeschränkt wird, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Viele Geschäfte, die nicht für die Grundversorgung notwendig sind, müssen vorerst schließen. Friseurläden allerdings nicht.

    Fatih Isiklar versteht das nicht so ganz. Eigentlich hätten die doch auch dichtmachen müssen für eine Weile. Ganz oder gar nicht, findet er. Er klingt, als ginge er davon aus, dass es noch so kommt. Und was tut er dann? „Beten“, sagt er, so halb im Spaß. Wirtschaftlich könnte es für ihn schwierig werden. „Ich hoffe, wir kriegen dann Hilfe vom Staat.“

    Exotische Nahrungsmittel in der Wertachstraße

    Nebenan war vor einigen Monaten noch ein weiterer Barbershop, nun hat sich hier ein afghanischer Supermarkt angesiedelt, „Ariana Kabul Supermarkt“ nennt er sich. Es gibt hier exotische Nahrungsmittel, aber auch Nudeln und Reis in schweren Säcken, die Hamsterkäufer haben den Laden nicht leer geräumt. Eigentlich laufe „alles wie immer“, sagt Verkäufer Nassir Haidari Ahmad. Na ja, oder auch nicht. Er wird zum Beispiel mehr arbeiten müssen als bislang, die Ladenöffnungszeiten sollen verlängert werden, wie in vielen Supermärkten.

    Der „Ariana Kabul Supermarkt“ bietet exotische Produkte an – und ist von Hamsterkäufern noch nicht leer geräumt worden.
    Der „Ariana Kabul Supermarkt“ bietet exotische Produkte an – und ist von Hamsterkäufern noch nicht leer geräumt worden. Foto: Annette Zoepf

    Der Döner-Imbiss gegenüber muss sie hingegen einschränken. Speiselokale dürfen nur noch zwischen 6 und 15 Uhr öffnen, danach dürfen sie allenfalls Essen zum Mitnehmen anbieten. Auch sollen sie nun einen Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Gästen garantieren, was für „Habibi“, den kleinen Döner-Imbiss, eine Herausforderung werden dürfte. Es seien zuletzt schon „viel, viel weniger Leute“ gekommen, sagt Inhaber Bashar Al-Maqdasi. So recht scheint er nicht zu wissen, wie es weitergeht.

    Wie auch. Es herrscht eine seltsame Stimmung in der Straße, die eigentlich eine der wuseligsten der ganzen Stadt ist. Auf gut 400 Metern tummeln sich viele kleine Läden, vor denen meist ein paar Leute stehen oder sitzen und quatschen oder rauchen oder telefonieren. Die Trambahnlinie 2 fährt in beide Richtungen durch die enge Straße, dazu die Autos, die Fußgänger, der Lärm. Es ist hier viel los hier in Oberhausen, eigentlich.

    Auch Wettbüros müssen in Augsburg schließen

    Doch am Dienstag ist es ruhig und teils menschenleer, was sich die nächsten Tage verstärken dürfte. An den Schaufenstern mancher Geschäfte hängen nun Schilder, die auf die besondere Situation hinweisen. „Liebe Gäste“, heißt es auf einem Aushang in einem geschlossenen Wettbüro. „Per Allgemeinverfügung untersagt die Stadt Augsburg ab 17.03.2020 bis 31.03.2020 jegliche Veranstaltung im Augsburger Stadtgebiet. Wir freuen uns, Sie wieder bei uns begrüßen zu dürfen.“

    Viele Geschäfte in der Straße sind geschlossen, etwa die Wettbüros.
    Viele Geschäfte in der Straße sind geschlossen, etwa die Wettbüros. Foto: Annette Zoepf

    Auch das Modehaus Jung, so etwas wie ein beständiger Fels in der von Veränderung geprägten Straße, hat große Plakate aufgehängt, die ankündigen, dass man ab Mittwoch wegen des Coronavirus erst einmal geschlossen habe. Und bei der Bäckerei Nefis, zu der ein beliebtes, oft volles Café gehört, sitzt kaum ein Gast. Geschäftsführerin Zeynep Eser kennt die neuen Regeln. Der Abstand zwischen den Tischen. Die neuen Öffnungszeiten. Nicht mehr als 30 Gäste auf einmal im Lokal. Schwer zu sagen, ob so viele die kommenden Tage überhaupt gleichzeitig kommen. Die Leute, sagt Zeynep Eser, hätten Angst.

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