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Augsburg: Corona-Krise führt viele Patienten mit psychischen Problemen ins BKH

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Corona-Krise führt viele Patienten mit psychischen Problemen ins BKH

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    Im Bezirkskrankenhaus Augsburg werden seit Monaten viele Patienten behandelt, die aufgrund der Corona-Krise psychische Probleme haben.
    Im Bezirkskrankenhaus Augsburg werden seit Monaten viele Patienten behandelt, die aufgrund der Corona-Krise psychische Probleme haben. Foto: Annette Zoepf (Archiv)

    Es gibt Krankenhäuser, gerade Fachkliniken, die seit Beginn der Corona-Krise deutlich weniger Patienten verzeichnen als üblich. Viele von ihnen haben sogar Kurzarbeit angemeldet. Etwa, weil aufschiebbare Therapien abgesagt wurden, um die Behandlung von Menschen sicherzustellen, die sich mit dem Virus infiziert haben – oder weil Patienten aus Angst vor dem Virus nicht mehr zum Arzt gingen. Im Augsburger Bezirkskrankenhaus, wo Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt werden, war und ist die Lage eine andere.

    Die Zahl der Patienten in den vergangenen Monaten, sagt der Ärztliche Direktor Alkomiet Hasan, sei jedenfalls nicht niedriger als in den vergangenen Jahren. Kurzarbeit hat die Klinik nicht angemeldet, dazu gäbe es auch keinen Grund. Nachdem die strikten Einschränkungen zu Beginn der Krise im Frühjahr von der Staatsregierung abgeschwächt und etwa die Ausgangsbeschränkungen aufgehoben wurden, habe man etwa einen "deutlichen Anstieg an Akutaufnahmen" gesehen, sagt der Mediziner, der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist. Hasan hatte bereits im März gegenüber unserer Redaktion prognostiziert, dass die damaligen eher niedrigen Patientenzahlen nur eine Momentaufnahme seien und deutlich steigen würden. Hasan sagte damals, er halte die Maßnahmen des Freistaates aus medizinischer Sicht angesichts der Situation für richtig, aber es sei natürlich eine Extremsituation, die gerade Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen in eine psychische Ausnahmesituation bringen könne.

    BKH Augsburg: Corona wirkt sich auf die Psyche vieler Menschen aus

    Nach Auskunft des Mediziners waren in den vergangenen Monaten viele Patienten im BKH, die sich zuvor nie wegen psychischer Probleme in Behandlung begeben hatten, nun aber Angststörungen, Depressionen oder andere Erkrankungen entwickelten. Es habe aber auch eine Welle von Patienten gegeben, die schon länger unter psychischen Erkrankungen litten und aufgrund der Corona-Krise erheblich belastet gewesen seien. Corona betreffe als Faktor "einen Großteil unserer Patienten, die akut kommen", sagt Hasan.

    Größter Faktor sei die Einsamkeit und die Isolation gewesen. Bei einigen Patienten spiele aber auch ein durch die Corona-Krise hervorgerufener Arbeitsplatzverlust eine große Rolle. Aktuell würden viele Patienten mit einer Suchterkrankung kommen. Hilfsmodelle und Aufenthaltsangebote für Süchtige in der Region waren teils deutlich eingeschränkt. Nach Auskunft von Experten der Drogenhilfe Schwaben war es für Drogenabhängige teils auch komplizierter, eine Substitution zu bekommen, also eine Behandlung mit Drogenersatzstoffe.

    Während der Corona-Krise ist die Zahl der psychischen Erkrankungen gestiegen

    Wie die Krankenkasse KKH zuletzt mitteilte, sei die Zahl der psychischen Erkrankungen unter ihren Versicherten während der Corona-Krise deutlich gestiegen. Demnach habe die Versicherung im ersten Halbjahr 2020 rund 26.700 Krankmeldungen wegen seelischer Leiden unter ihren etwa 1,7 Millionen Versicherten verzeichnet, ein Plus von rund 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es sei "denkbar, dass viele Menschen aufgrund von Existenzängsten durch Jobverlust und Kurzarbeit, der Furcht vor dem neuen Virus und den damit einhergehenden Lebensveränderungen nicht zurechtkamen und deshalb bereits während der Pandemie einen Arzt aufsuchten", teilte die Krankenkasse mit. Die Krankenkasse DAK vermeldet für das erste Halbjahr 2020 zwar deutschlandweit einen insgesamt stabilen Krankenstand, bei psychischen Erkrankungen, insbesondere Depressionen, habe es aber einen Anstieg von sieben Prozent gegeben.

    Volkskrankheit Depression

    Depression bezeichnet eine schwere seelische Erkrankung. In Deutschland erkranken jährlich etwa 5,3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression.

    Die Patienten fühlen sich niedergeschlagen, erschöpft, antriebs- und interesselos. Die Symptome halten häufig über längere Zeit an und bessern sich ohne medizinisch-therapeutische Behandlung nur selten.

    Wie eine Depression entsteht, ist bis heute nicht ganz geklärt. Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist höher, wenn Blutsverwandte bereits erkrankt sind. Erkrankt ein eineiiger Zwilling an einer Depression, entwickelt in rund 40 Prozent der Fälle der andere Zwilling auch eine Depression.

    Bei Menschen mit hoher Vulnerabilität kann schon wenig Stress eine Depression auslösen. Ist die Vulnerabilität aber gering, können Menschen auch belastende Ereignisse gut bewältigen. Solche Personen bezeichnet man als resilient, also widerstandsfähig. Erheblichen Einfluss haben auch die Erfahrungen, die ein Mensch in seinem Leben gemacht hat. Ein großes Risiko, eine Depression zu entwickeln, haben Personen, die traumatische Erlebnisse wie Missbrauch oder Vernachlässigung in der Kindheit erlebt haben. Entscheidend ist aber auch, welche Fähigkeiten jemand erworben hat, mit belastenden Situationen umzugehen.

    Manche Menschen sind nur in der dunklen Jahreszeit depressiv – aber das jedes Jahr wieder. Typisch für eine Winterdepression sind zusätzlich ein ausgeprägtes Schlafbedürfnis und Heißhunger auf Süßes. Darum legen Menschen mit Winterdepression in den Wintermonaten meist an Gewicht zu. Als Ursache der Störung vermutet man den Mangel an Tageslicht, auf den manche Menschen besonders sensibel reagieren.

    Sobald neben den depressiven auch manische Phasen auftauchen, liegt eine bipolare Störung vor. Die Betroffenen pendeln zwischen Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit einerseits und extremer Euphorie sowie übertriebenem Aktionismus andererseits.

    Krankenhäuser in der Region Augsburg (0821/48030), Kaufbeuren (08341/720), Günzburg (08221/9600), Donauwörth (0906/7822200), Kempten (0831/540262600), Memmingen (08331/702663), Tagesklinik Lindau (08382/948660), Günzklinik Allgäu in Obergünzburg (08372/92370), KBO Landsberg 08191/3332960), Klinikum Ingolstadt (0841/8800).

    Einen drastischen Anstieg der Patientenzahlen im Vergleich zu Vorjahren kann man beim Bezirkskrankenhaus nicht feststellen, die Gesamtbewegung sei ähnlich wie immer, heißt es. Im Bezirkskrankenhaus werden im Normalfall bis zu maximal 350 Patienten stationär versorgt, aktuell sind es trotz Sommerferien nur etwas weniger, um die 335. Ob es in der Region durch die Corona-Krise deutlich mehr Menschen psychisch erkrankt seien, könne man noch nicht seriös feststellen, sagt Alkomiet Hasan. Zumal die Krise ja noch andauere. Es lasse sich erst nach einem längeren Zeitraum sagen. Größere Krisen und Akutereignisse führten aber tendenziell immer zu einem Anstieg psychischer Erkrankungen.

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