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Augsburg: Corona: Ist der Christkindlesmarkt in Augsburg noch zu retten?

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Corona: Ist der Christkindlesmarkt in Augsburg noch zu retten?

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    So kennt man den Christkindlesmarkt in Augsburg: Dicht gedrängt stehen die Menschen zusammen.
    So kennt man den Christkindlesmarkt in Augsburg: Dicht gedrängt stehen die Menschen zusammen. Foto: Silvio Wyszengrad 

    Der Christkindlesmarkt gehört zu den beliebtesten Veranstaltungen in Augsburg. Jedes Jahr kommen nach Schätzungen mehr als eine Million Menschen auf den Rathausplatz. 130 Händler sind bei der mehrwöchigen Großveranstaltung dabei. Besucher aus Italien und der Schweiz gehören zu treuen Fans des weihnachtlichen Treibens in Augsburg. Menschen drängen sich in engen Gassen entlang der Stände. Über allem leuchtet der große Weihnachtsbaum. In diesem Jahr steht hinter dem Markt ein großes Fragezeichen. Die Corona-Pandemie, die in den zurückliegenden Monaten bereits sehr viele Veranstaltungen ausgebremst hat, nimmt Einfluss. Was passiert demnach mit dem Christkindlesmarkt?

    Planmäßig soll der Christkindlesmarkt am 23. November starten. Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle sagt auf Anfrage gegenüber unserer Redaktion: „Wir können aus heutiger Sicht nicht seriös sagen, ob der Augsburger Christkindlesmarkt 2020 stattfinden wird oder abgesagt werden muss.“

    Christkindlesmarkt in Augsburg: So sehen die Überlegungen aus

    Hübschle bestätigt, dass man sich in der Stadtverwaltung gerade vor den Sommerferien intensiv mit dem Thema befasse, weil eine Großveranstaltung wie der Christkindlesmarkt Planungssicherheit benötigt: „Derzeit entwickelt die Marktverwaltung verschiedene Szenarien, die alle darauf hinauslaufen, dass die Stände auf möglichst viele Plätze in der Innenstadt verteilt werden.“

    Besonders davon betroffen sei der Rathausplatz. Er ist der Ort, der stets am stärksten frequentiert werde. Mit dem höchsten Besucheraufkommen ist nach allen Erfahrungen der Vorjahre an den Abenden zum Wochenende hin zu rechnen.

    Auch wenn es derzeit kein Beteiligter offen ausspricht, gilt es als nahezu ausgeschlossen, dass der Christkindlesmarkt in seiner bekannten Form stattfinden kann. Auf die Frage, ob es einen „Christkindlesmarkt light“, also in abgespeckter Form, geben könnte, antwortet Hübschle: „Es ist eine Entzerrung und Aufteilung – wie auch immer – denkbar. Falls der Markt überhaupt stattfinden darf.“

    Die Stadt hat hier keine alleinige Entscheidungsbefugnis. Übergeordnete Stellen geben die Richtung vor. Die Ausgangslage sieht so aus: Aufgrund eines Beschlusses der Ministerpräsidenten der Bundesländer zusammen mit der Bundeskanzlerin sind Veranstaltungen bis einschließlich 31. Oktober untersagt. Hübschle meint: „Dieser Termin wurde vermutlich bewusst so gewählt, um einerseits die weitere Entwicklung der Ausbreitung des neuen Coronavirus besser einschätzen zu können. Zum anderen wohl aber auch, um für die vielen Christkindlesmärkte, die alle so gegen Ende November starten, nicht von vorneherein die Türen zuzumachen.“

    Augsburger Christkindlesmarkt 2020: Eröffnung soll am 23. November sein

    Zum jetzigen Zeitpunkt könne keiner vorhersehen, was die nächsten Wochen bringen. Dies wirke sich natürlich auf die Vorbereitungen für den Christkindlesmarkt aus. Hübschle sagt: „Wir sind auf die Vorgaben der bayerischen Staatsregierung bezüglich der Infektionsschutzauflagen angewiesen.“ Falls der Christkindlesmarkt planmäßig am 23. November starten sollte, müsste mit dem Aufbau am 2. November begonnen werden. Andernfalls müsse die Stadt gegebenenfalls kurzfristig reagieren.

    Christkindlesmarkt ist wichtiger Wirtschaftsfaktor

    Der Augsburger Christkindlesmarkt

    Der Augsburger Christkindlesmarkt ist einer der ältesten Weihnachtsmärkte Deutschlands. Seinen Ursprung hat der Markt bereits im 15. Jahrhundert. Den Namen „Christkindlesmarkt“ trägt er offiziell seit 1949.

    Der Augsburger Weihnachtsmarkt wird erstmals als "Lebzeltermarkt" im Jahr 1498 in einem städtischen Protokoll erwähnt.

    Auf Grund von Streitigkeiten bei der Budenbelegung und um die Größe der Stände, regelte der Rat der Stadt am 22. Dezember 1498 die einheitliche Gestaltung der Verkaufsstände vor dem Dom und am Perlachturm. Im Jahr 1527 wird das Abhalten eines Lebkuchenmarktes am alten Rathaus, das dem heutigen Gebäude weichen musste, neuerlich in Akten dokumentiert.

    Lebkuchen als Naschwerk zur Weihnachtszeit spielten ab dem 12./13. Jahrhundert eine große Rolle. Die Lebkuchenbäcker verzierten ihr Weihnachtsgebäck mit Motiven von schönen Frauen und stolzen Rittern und boten sie den Bürgern zum Kauf an.

    1538 verbot der Rat den Brauch des Lebzeltenstreichens. Hierbei zogen die jungen Gesellen am Tag der unschuldigen Kindlein (28.12.) mit Ruten umher und schlugen damit den Jungfrauen auf die Waden oder wie damals hieß "um den Lebkuchen". Dies sollte den Mädchen Glück bringen. Dafür erwarteten dem Brauch zufolge die Rutenschwinger einen Lebkuchen als Geschenk.

    Der Christkindlesmarkt verfügt über mehrere historische Benennungen. Bis etwa um das Jahr 1800 existiert er auch als "Nikolai-Markt", an dem an drei Tagen im Advent Krippenschnitzer aus dem vor der Stadt gelegenen Dorf Oberhausen ihrer Kundschaft mit weihnachtlicher Ware dienten. Das 1808 offiziell "Weihnachts- und Christmarkt" genannte Ereignis ging in den damaligen Sprachgebrauch der Bevölkerung als "Christkindles Kirreweyh" ein. Im Jahr 1815 gruppierten sich die Buden vom 21. bis 24. Dezember um den Platz am Merkurbrunnen

    Die Weihnachtsmärkte, auch der von Augsburg, blühten nach der Reformation auf. Martin Luther hatte neue Sitten eingeführt: Unter anderem ließ er die Kinder "vom Heiligen Christkind" und nicht mehr, wie es zu dieser Zeit Brauch war, am 6. Dezember von St. Nikolaus oder am 11. November von St. Martin beschenken. So bürgerte sich bei den Evangelischen die Bescherung am Heilig Abend ein.

    Auch der Augsburger Christkindlesmarkt fand nicht immer vor dem Rathaus statt. Er wanderte im Laufe der Zeit einmal sogar bis in die Außenbezirke der Stadt. Seit 1963 befindet sich der Christkindlesmarkt auf dem Augsburger Rathausplatz.

    In der Barockzeit galt es als chic, Kindern Puppen und Spielzeug aus Ton zu schenken. Auch Leckereien und Weihnachtsdekoration erfreuten sich großer Beliebtheit. So fand auch dieses seinen Platz in den Buden der Weihnachtsmärkte. Mitte des letzten Jahrhunderts waren Basare plötzlich sehr gefragt. Diese wurden in großen Sälen der Gasthäuser abgehalten und boten den Besuchern, sich ein wenig aufzuwärmen.

    Der Augsburger Christkindlesmarkt beginnt in der Regel am Montag vor dem 1. Advent und endet am 24. Dezember. Seit 1977 findet an den Adventswochenenden jeweils um 18 Uhr sowie zur Eröffnung und zum Abschluss des Marktes das „Engelesspiel“ statt. Dabei erscheinen zu weihnachtlicher Musik in den Fenstern sowie auf dem Balkon des prachtvollen Augsburger Rathauses 24 Engel, deren Kostüme einem Altarbild Hans Holbeins des Älteren nachempfunden sind.

    Der Christkindlesmarkt ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Konkrete Zahlen liegen nicht vor. Es gibt aber auch Aussagen, wonach es auf einen Betrag im höheren zweistelligen Millionenbereich hinausläuft. Hotelübernachtungen gehören ebenso dazu wie Einkäufe an den Ständen und in den Geschäften der Innenstadt. Eine Studie hatte sich vor ein paar Jahren bundesweit mit dem Ausgabeverhalten auswärtiger Gäste befasst. Demnach sind es im Durchschnitt 50 Euro, die ein Besucher am Tag ausgibt. Weit über 1000 Busse steuern jedes Jahr den Christkindlesmarkt an. Kommen sie auch im Jahr 2020? Neben dem Wirtschaftsreferat sind am Entscheidungsprozess, wie ein möglicher Christkindlesmarkt organisiert wird, das Gesundheits- und das Ordnungsreferat beteiligt.

    An eine komplette Absage denkt dem Vernehmen nach derzeit keiner der Verantwortlichen der Stadt. Der Christkindlesmarkt ist bislang nie abgesagt worden. Selbst im Jahr 1944 nach der Zerstörung der Augsburger Innenstadt gab es ein paar Buden, die einen Weihnachtsverkauf als Christkindlesmarkt-Ersatz darstellen sollten.

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