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Augsburg: Corona-Inzidenz steigt über 100: Stehen Schließungen an?

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Corona-Inzidenz steigt über 100: Stehen Schließungen an?

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    Weder Wetter noch die Pandemie laden ein, sich hier niederzulassen. Statt Lockerungen der Corona-Regeln drohen in Augsburg wieder Schließungen.
    Weder Wetter noch die Pandemie laden ein, sich hier niederzulassen. Statt Lockerungen der Corona-Regeln drohen in Augsburg wieder Schließungen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Tische und Stühle vor den Restaurants und Cafés am Moritzplatz sind abgesperrt. Immer wieder fällt Schnee. Das Wetter lädt nicht ein, um sich niederzulassen. Eigentlich hätte die Außengastronomie ab Montag unter gewissen Voraussetzungen öffnen dürfen, wie auch Theater, Kinos und andere Kultureinrichtungen. Doch kurz bevor die nächste Öffnungsstufe in Kraft treten kann, wurde sie bayernweit schon wieder gekippt. Die Inzidenzwerte, die seit Tagen steigen, sind zu hoch. In Augsburg steigen sie am Samstag über 100. Sollte der Wert in den kommenden drei Tagen nicht mehr unter die 100er-Marke sinken, heißt es für viele wieder: schließen. Das Unverständnis über dieses Konzept wächst.

    Kritik vom Handelsverband: „Der Politik fallen nur Schließungen ein“

    Andreas Gärtner vom Einzelhandelsverband in Schwaben weiß schon gar nicht mehr, was er sagen soll. „Das einzige Mittel sind Schließungen. Etwas anderes fällt der Politik nicht ein“, sagt der Bezirksgeschäftsführer für Schwaben. Ihm ist bewusst, dass Ladenschließungen wieder drohen. Seit dem 8. März durften Geschäfte das erste Mal nach dem Lockdown im Dezember wieder öffnen – mit dem Konzept Click & Meet“.

    Doch die Politik stellte in ihrem Stufenplan klar: Sobald die 100er-Inzidenz-Marke auf drei aufeinander folgenden Tage gerissen wird, wird erneut dicht gemacht. Nicht nur in Augsburg steht man davor (104,5 Infektionen innerhalb einer Woche pro 100.000 Einwohner laut Robert-Koch-Institut am Samstag), sondern nahezu bayernweit. Auch im Landkreis Aichach-Friedberg, wo man am Donnerstag noch unter dem Wert von 50 lag, gehen die Zahlen am Freitag schlagartig nach oben – laut RKI auf 71,3. Öffnen, schließen, öffnen, schließen – für Andreas Gärtner ist dieses Modell nicht nur wirtschaftlich für den Einzelhandel fatal, sondern auch psychologisch. Er kritisiert, dass der Politik keine Alternative einfalle.

    In Augsburg steht eine erneute Schließung wegen Corona bevor

    „Seit Monaten haben die Händler auf den Termin der Öffnung hingefiebert und gehofft, ansatzweise mal wieder stabile Umsätze zu generieren. Und jetzt müssen die Betriebe wohl bald wieder schließen.“ Der Einzelhandels-Experte sagt, er könne die Fixierung auf ungefilterte Inzidenzwerte nicht nachvollziehen. Wenn dieser Wert nicht in das Verhältnis zu den zunehmenden Tests gesetzt würde, dann gebe es auf Dauer gar keine Öffnungsperspektive mehr, befürchtet er. „Wir brauchen Lösungen, die nicht mehr nur auf Schließungen zielen.“ Fast täglich trage der Einzelhandelsverband Wünsche und Vorschläge an die Politik heran. Gärtner wirkt frustriert. „Das Gesamtbild, das wir gerade geliefert bekommen, ist brutal“, meint er. Nicht genügend Tests, nicht genügend Impfungen und oben drauf die Maskenaffäre in der CSU, die seiner Meinung nach dem Fass den Boden ausschlage.

    Noch stehen Kunden vor Geschäften an, wie hier in der Annastraße. Doch bald kann es aufgrund der steigenden Inzidenz sein, dass Geschäfte wieder auf "Click and Collect" umsteigen.
    Noch stehen Kunden vor Geschäften an, wie hier in der Annastraße. Doch bald kann es aufgrund der steigenden Inzidenz sein, dass Geschäfte wieder auf "Click and Collect" umsteigen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Augsburger Einzelhändler Michael Berz vom Haushaltswaren-Geschäft Siller & Laar ist sich bewusst, dass die erneute Schließung für die Einzelhändler bevorsteht: „Da bin ich realistisch.“ Er befürchtet, dass Kunden, die bereits Termine für die nächsten Tage vereinbart haben, irgendwann wieder vor verschlossenen Türen stehen. Dann gelte wieder nur „Click & Collect“, das wesentlich aufwendiger sei und weniger Umsatz bringe. Für einen Händler sei das alles schwer planbar. Berz befürchtet, dass das Unverständnis der Kunden bei dem Hin und Her zunehme, und noch mehr Menschen ins Online-Geschäft abwanderten. Auch er plädiert dafür, sich nicht mehr nach den Inzidenzen zu richten. Testen, testen, testen – das ist für Berz gerade die einzige Alternative.

    Sportvereine in Augsburg schauen auch auf Inzidenzwert

    Auch Sportvereine beobachten die Entwicklung der Inzidenzwerte mit Sorge. Seit 8. März dürfen sie vereinzelt wieder öffnen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Outdoor-Anlagen. In Augsburg zählen neben den Fußballplätzen auch Golfanlagen, Tennisplätze im Freien, Reitplätze und die Kanuslalomstrecken rund um den Eiskanal dazu. Oberste Vorgabe: Der Sport muss kontaktfrei sein und darf nur von fünf Personen aus zwei Haushalten ausgeübt werden. Wird die 100er-Grenze drei Tage lang geknackt, muss man auch hier zu den Schließungen zurückzukehren, die bis zum 7. März galten.

    Staatsintendant André Bücker lacht am Telefon. Es ist wohl so etwas wie Galgenhumor. Er ist nicht überrascht, dass das Augsburger Staatstheater am Montag nun doch nicht den Betrieb aufnehmen darf. „Ich hatte die Öffnungsperspektive ab dem 22. März sowieso für eine Nebelkerze gehalten“, so Bücker. Deshalb habe man bis dahin auch nichts geplant. Er und die Kollegen hofften auf eine Öffnung Mitte April. Die Vorbereitungen dafür würden freilich schon laufen. Der Intendant wünscht sich, wenigstens bis dahin verbindliche Rahmenrichtlinien aus dem Ministerium zu erhalten, was etwa die Tests angehe. „Sollen wir selbst Tests anbieten oder müssen die Besucher sich selbst im Vorfeld kümmern?“, das sei nur eine von mehreren Fragen, die er gerne im Vorfeld geklärt hätte.

    Betreiber des Augsburger Kinos Liliom: impfen, impfen, impfen

    Michael Hehl, der gemeinsam mit Daniela Bergauer das Augsburger Programmkino Liliom betreibt, rechnet mit einer Öffnung der Kinos sogar erst im Sommer. Derzeit gebe es auch gar keine neuen Filmstarts, die Corona-Situation und die Abstandsregelungen würden die Filmverleiher zudem zum Abwarten zwingen. „Was nur helfen kann ist: impfen, impfen, impfen“, betont Michael Hehl. Er hofft, dass im Sommer und Herbst die Kinobetreiber wieder durchstarten können – ohne Abstände und mit voller Kapazität. Die Betreiber des Lilioms nutzen die Zeit und schmieden Pläne. Im Sommer wollen sie ein neues Projekt anstoßen – im vergangenen Sommer betrieben sie etwa das Autokino in Gersthofen. Noch will er nicht verraten, um was für ein Projekt es sich diesmal handelt. Nur so viel: „Am 5. August kommt der neue Eberhofer-Krimi Kaiserschmarrndrama in die Kinos. Den wird man dann bei uns nicht nur im Liliom sehen können.“

    Anita Babic vom Restaurant Il Gabbiano am Moritzplatz trägt es mit Fassung, dass sie ab Montag keine Gäste im Freien bewirten darf, wie ursprünglich vorgesehen. Denn Gäste hätten nur mit einem negativen Coronatest-Ergebnis bei ihr essen und trinken dürfen. „Im Tagesgeschäft ist das unrealistisch. Wer lässt sich denn schnell testen, nur um einen Kaffee zu trinken oder Pasta zu essen?“ Sie und ihr Team hoffen auf eine Öffnung nach Ostern, wenn die Infektionszahlen, wie auch im Jahr zuvor um diese Zeit, vielleicht wieder sinken. Und wenn das Wetter wärmer wird. Noch schneit es immer wieder.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Zurück zum Lockdown in Augsburg: Verkalkuliert mit den Lockerungen

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