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Augsburg: Corona-Ausbruch im Seniorenwohnen ohne FFP2-Pflicht – Chef klagt gegen die Stadt

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Corona-Ausbruch im Seniorenwohnen ohne FFP2-Pflicht – Chef klagt gegen die Stadt

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    In der Seniorenresidenz Albaretto an der Bgm.-Ackermann-Straße in Augsburg leben rund 600 Menschen. Jetzt gibt es dort einen Corona-Ausbruch.
    In der Seniorenresidenz Albaretto an der Bgm.-Ackermann-Straße in Augsburg leben rund 600 Menschen. Jetzt gibt es dort einen Corona-Ausbruch. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivfoto)

    Er ist fast ein Jahr lang gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Abgesehen von einzelnen positiv Getesteten gab es in der Seniorenwohnanlage „Albaretto“ von Bernhard Spielberger keinen Corona-Ausbruch. Rund 600 ältere Menschen leben in den großen Apartmenthäusern an der Bürgermeister-Ackermann-Straße, rund 90 davon davon sind besonders pflegebedürftig. Nun sind 28 Bewohner und Mitarbeiter des Albaretto mit dem Coronavirus infiziert. Betroffen sind laut Spielberger 22 pflegebedürftige Bewohner und sechs Pflegekräfte. Weil das Gesundheitsamt nun zahlreiche Mitarbeiter, die Kontakt mit den Infizierten hatten, in Quarantäne schickt, hat der Albaretto-Chef eine Klage eingereicht. Er wehrt sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Quarantäne und warnt: „Wenn sich nichts ändert, dann kann ich die Versorgung der pflegebedürftigen Bewohner nicht mehr gewährleisten.“

    Bernhard Spielberger gilt als "Corona-Rebell", weil er immer wieder Kritik an den Corona-Maßnahmen geäußert hat. Er sieht sich nicht als Corona-Leugner oder als „Querdenker“ und sagt, man müsse Corona ernst nehmen. Dennoch hält er viele Einschränkungen für übertrieben. Zuletzt wehrte er sich dagegen, dass seine Mitarbeiter alle FFP2-Masken tragen sollen – also jene Masken, die einen besseren Schutz vor dem Virus bieten sollen als einfache Masken. Seit Kurzem ist das in Bayern für Pflegepersonal in Heimen Vorschrift. Spielberger argumentiert aber, die Masken könnten eine Gefahr für die Gesundheit sein, wenn sie zu lange getragen werden – oder bei einer eingeschränkten Lungenfunktion.

    Keine FFP2-Pflicht: Der Albaretto-Chef beruft sich dabei auf das RKI

    Er beruft sich dabei auf die Informationen, die auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) verfügbar sind. Das staatliche Institut, der Dreh- und Angelpunkt in Corona-Fragen, schreibt dazu: "Beim korrekten Einsatz von FFP2-Masken besteht ein erhöhter Atemwiderstand, der die Atmung erschwert. Deswegen sollte vor dem Tragen eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung angeboten werden, um Risiken für den Anwender individuell medizinisch zu bewerten." Auch gesunde Menschen sollten laut RKI in der Regel nach 75 Minuten Arbeit mit einer FFP2-Maske eine 30-minütige Pause einlegen. Das sei in der Praxis alles nicht machbar, so Spielberger.

    Bernhard Spielberger ist Geschäftsführer der Seniorenresidenz Albaretto in Augsburg.
    Bernhard Spielberger ist Geschäftsführer der Seniorenresidenz Albaretto in Augsburg. Foto: Michael Hochgemuth

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    Der Albaretto-Chef sagt, er habe seinen Mitarbeitern deshalb keine FFP2-Pflicht auferlegt, alle trügen aber einen medizinischen Mundschutz. Auch die Bewohner hätten eine solche Maske an, während man sie pflege. Nun habe das Gesundheitsamt aber alle Mitarbeiter in Quarantäne geschickt, die mit Infizierten in Kontakt standen und dabei keine FFP2-Maske getragen hatten. Das Amt bewerte sie alle als sogenannte "Kontaktperson 1". Spielberger sagt, er deute das als Retourkutsche für sein mitunter kritisches Verhältnis zur Stadt. Denn das Robert-Koch-Institut erwähne in seinen Empfehlungen zum Umgang mit Kontaktpersonen die FFP2-Maske an keiner Stelle. Tatsächlich heißt es beim RKI nur, dass man eine Person dann als Kontaktperson 1 einstufen soll, wenn diese und der Infizierte nicht durchgehend einen Mund-Nasen-Schutz getragen hätten.

    Da nun so viele Mitarbeiter in Quarantäne geschickt werden, könne er die Pflege seiner Bewohner nicht mehr gewährleisten, sagt Spielberger. Das Virus grassiert im Haus 4 der Anlage, wo die besonders pflegebedürftigen Menschen betreut werden. Viele davon leiden an Demenz. Es handelt sich rechtlich aber um kein Pflegeheim, sondern um ein Betreutes Wohnen. Der Albaretto-Chef geht davon aus, dass das Virus von Bewohnern eingeschleppt wurde, die in der Tagespflege betreut werden. Die Tagespflege betreibt Spielberger nicht selbst, sondern ein anderer Anbieter. Sie wird von Albaretto-Bewohnern besucht, aber auch von anderen Senioren. Dort seien zunächst Personen positiv getestet worden. Von den Corona-Fällen dort habe er nicht sofort erfahren, sondern erst, als seine betroffenen Bewohner schon wieder zu anderen Kontakt gehabt hätten. Dass sich das Virus besser ausbreiten konnte, weil es im Albaretto keine FFP2-Pflicht gibt, glaubt Spielberger nicht.

    Corona-Klage vor dem Augsburger Verwaltungsgericht: Antrag auf Eilentscheidung

    Mit seiner Klage gegen die Quarantäneregeln für seine Mitarbeiter will Spielberger auch erreichen, dass Mitarbeiter, die zunächst positiv getestet wurden, wenige Tage danach bei einem erneuten Test aber negativ waren, ebenfalls wieder arbeiten dürfen. Er vermutet, dass der erste, positive Test in diesen Fällen falsch gewesen ist. Spielbergers Anwalt hat eine Eilentscheidung beantragt - die Zeit dränge, da es um die Versorgung der Bewohner gehe.

    Geimpft wurden die über 80-jährigen Bewohner des Albaretto bisher nicht. Angehörige von Bewohnern beklagten gegenüber unserer Redaktion, Spielberger habe sich da quer gestellt. Und nun seien die Bewohner, eine Frau nennt ihre 84-jährige Mutter als Beispiel, angesichts des Ausbruchs nicht geschützt. Der Albaretto-Chef entgegnet, er habe die Organisation von Impfterminen für die Bewohner übernehmen wollen. Vom Impfzentrum seien aber so viele Daten und Unterlagen gefordert worden, dass er das nicht habe leisten können. Zumal er mit einer Betreuten Wohnanlage auch mehr Hindernisse beim Datenschutz habe als Heime.

    Die Stadt hatte Spielberger angeboten, ein mobiles Impfteam ins Albaretto zu schicken, obwohl er kein Heim ist. Das sei aber bisher daran gescheitert, dass er nicht, wie gefordert, vier nebeneinanderliegende Räume zur Verfügung stellen konnte. Spielberger hatte vorgeschlagen, die Bewohner jeweils im Apartment zu impfen - das wiederum hielt die Stadt für nicht praktikabel.

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