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Foto: Annette Zoepf (Archivbild)
Foto: Annette Zoepf (Archivbild)

Unter Einhaltung der Hygieneregeln und in bestimmten Zeitfenstern sollen Kunden ihre im Netz bestellte Ware künftig vor Ort abholen können.

Augsburg
08.01.2021

"Click & Collect" gibt Augsburger Händlern Hoffnung

Von Andrea Wenzel

In Augsburg ist das Abholen bestellter Ware im Einzelhandel nun erlaubt. Viele Händler begrüßen das. Sie erwarten keine Umsatz-Explosionen, aber jeder Euro zählt.

Im Netz oder telefonisch bestellen, im Laden abholen. Vielen Händlern wäre geholfen, wenn sie ihre Kunden trotz des Lockdowns wenigstens so bedienen könnten. Doch bislang war das in Bayern nicht erlaubt, was auch unter Augsburger Händlern für großen Unmut sorgte. Umso größer ist nun bei vielen die Erleichterung, dass es sich die bayerische Staatsregierung anders überlegt hat. Ab Montag ist das System "Click & Collect" (Klicken und Einsammeln) auch im Freistaat möglich - unter Einhaltung von Hygieneregeln und innerhalb vorgegebener Zeitfenster. Das gilt für alle Geschäfte, die aktuell geschlossen sind - von der kleinen Boutique, über den Buchladen bis hin zum Baumarkt. Doch wer wird das System in Augsburg anbieten?

In Augsburg haben sich einige Händler schon auf den neuen Service eingestellt. Bei der Schlosser'schen Buchhandlung beispielsweise möchte man so schnell wie möglich loslegen. "Derzeit planen wir damit, einen Tisch vor dem Laden aufzustellen, auf dem die Ware abgelegt und kontaktfrei in Empfang genommen werden kann", sagt Filialleiterin Stefanie Anan. Bezahlt werde per Rechnung. Noch seien nicht alle rechtlichen Details der Abholmodalitäten geklärt. Sobald das der Fall ist, werde man Nägel mit Köpfen machen und starten.

"Click & Collect" soll Augsburger Händlern helfen

Der Wunsch der Kunden, ihre Ware selbst beim Händler abholen zu können, sei groß, sagt Buchexpertin Anan. "Für manche scheint das eine wichtige Abwechslung zu sein." Auch andere Händler wie die Parfümerie Haberstock haben diese Erfahrung in den letzten Tagen gemacht. "Die Menschen wollen raus und sind bereit, ihre Waren abzuholen", erzählt Mitarbeiter Franz Wahl. Beide Geschäfte wollen diese Möglichkeit daher nun auch schaffen, halten aber auch am bestehenden Lieferservice fest.

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Ob "Click & Collect" wirklich zum Umsatzgarant wird, da sind sich Stefanie Anan und Franz Wahl noch nicht sicher. "Ich würde sagen, wir sparen uns manche Lieferung und so Kosten und Aufwand bei ähnlichem Umsatz. So bleibt unterm Strich aber immerhin ein kleines Plus", plant Anan. Ähnlich kalkuliert Wahl: "Müssen nicht mehr alle Kunden beliefert werden, dann spart das Kosten und ist insgesamt eine Entlastung.

Davon geht auch Andreas Gärtner, Bezirksgeschäftsführer des Schwäbischen Handelsverbands, aus: "Das bringt für vor allem für viele kleinere und mittlere Unternehmen eine Erleichterung und endlich Hoffnung", sagt er. Denn für immer mehr Händler in Augsburg zähle derzeit jeder eingenommene beziehungsweise nicht ausgegebene Euro, um zu überleben. Geschäfte, die aus verschiedenen Gründen bisher keinen Lieferservice boten, hätten nun überhaupt erst die Möglichkeit, aktiv auf Kunden zu zugehen und ihre Waren anzubieten, so Gärtner. Es sei eine enorme Entlastung, wenn man durch die so gewonnen Einnahmen wenigstens die Miete bezahlen könne. Die Stadt Augsburg bewertet die Entscheidung aus München auch im Hinblick auf die Zukunft positiv: "Click & Collect ist eine eine gute Möglichkeit, Kundinnen und Kunden weiterhin für den Einkauf im stationären Handel zu begeistern", heißt es aus dem Wirtschaftsreferat.

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Kritische Stimmen vor allem aus dem Modehandel

Doch es gibt auch kritische Stimmen - vor allem aus dem Modehandel. Dass "Click & Collect" die Wende bringt, bezweifelt beispielsweise Karin Hoschek, Sie betreibt den Schuhladen Sisento in der Innenstadt und bietet neben einer Beratung auf Distanz auch einen Lieferservice an. Weil die Nachfrage derzeit aber so gut wie nicht vorhanden sei - sie berichtet von zwei bis drei Kunden die Woche - , können sie diesen wenigen Kunden die Ware auch weiter liefern. "Das finde ich dann den schöneren Service, als eine Abholung anzubieten, für die die Kunden ja extra in die Stadt kommen müssten."

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Franz Kahn, Inhaber des Modehauses Kaufrausch, weiß auch noch nicht so recht, welche Erfolgschancen er "Click & Collect" zuschreiben will. "Wir werden an unserem Lieferservice weiter festhalten, auch wenn uns eine Selbstabholung natürlich entlasten würde." Aus seiner Sicht werde es eine Zeit lang dauern, ehe die Kunden von dieser Möglichkeit erfahren und sie auch nutzen. Vorbereitet sei man aber auch für diesen Vertriebsweg. Man wolle dem Kunden alles bieten, was möglich ist. "Click & Collect" gibt uns Hoffnung und ist an sich ein positives Signal."

Bei Bauhaus in Augsburg erfolgt die Abholung kontaktfrei

Dass sich vor den Geschäften nun lange Schlagen bilden und so ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht, glauben Einzelhändler und Verbandsvertreter nicht. Kritiker von "Click & Collect" fürchten aber, dass es vor allem vor großen Elektronik- oder Baumärkten zu Menschenansammlungen kommen könnte. Bei den Augsburger Bauhausfilialen setzt man daher auf die Abholung der Waren per Auto. "Sie bestellen online oder telefonisch, erhalten ein Zeitfenster zugewiesen, in dem sie die Produkte abholen sollen, werden vor Ort in eine Fahrspur eingewiesen und bekommen die Waren hingestellt oder eingeladen", erklärt ein Sprecher. Kunde und Mitarbeiter müssten Maske tragen, eine Bezahlung sei nur per Karte und durch das Autofenster möglich.

Die Stadt wird in Absprache mit der Polizei Stichprobenkontrollen, aber auch Schwerpunktkontrollen durchführen. "Einrichtungen, bei denen auch bei erneuter Kontrolle Verstöße festzustellen waren, müssen mit empfindlichen Bußgeldern rechnen", sagt Ordnungsreferent Frank Pintsch. Die bisherige Beobachtung zeige aber, dass sich der überwiegende Teil der Gewerbetreibenden an die Gesundheitsregeln halte.

Lesen Sie dazu den Kommentar: Corona: Augsburger Händler müssen alles versuchen

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