Der Streit zwischen Stadt Augsburg und Bernhard Spielberger, Betreiber der Seniorenresidenz Albaretto, setzt sich fort. Das Gesundheitsamt war am Mittwoch und Donnerstag für freiwillige Coronatests in der Anlage unterwegs, nachdem man dort in den vergangenen Wochen 120 infizierte Bewohner und 35 infizierte Beschäftigte zu verzeichnen hatte. 20 infizierte Bewohner starben nach Angaben der Stadt. Spielberger hatte erst auf Anordnung der Stadt sein Personal zum Tragen von FFP2-Masken angehalten, wobei Spielberger geltend macht, dass dieser Punkt für den Ausbruch in der Residenz nicht ausschlaggebend gewesen sei. Nun geht es in dem Zwist auch um die Corona-Tests.
Im Vorfeld der jüngsten Testaktion, mit der das Gesundheitsamt nochmal Sicherheit über Infektionsfälle gewinnen möchte, gab es ein Schreiben Spielbergers an alle Bewohner, in dem er von der Teilnahme an den Tests abriet. Ein Positiv-Test bedeute eine mindestens zehntägige Quarantäne. Angesichts der Unsicherheit von Schnelltests gebe es wohl eine Reihe von falschen Ergebnissen. "Aufgrund des letzten Massentests durch das Gesundheitsamt sind meines Erachtens mehr Menschen an den Folgen der zehn- bis vierzehntägigen Isolation im Fall eines positiven Ergebnisses gestoben, als an dem Virus selbst", heißt es in dem Schreiben an die Bewohner. In der Quarantäne hätten manche Bewohner zu wenig getrunken und hätten in der Folge mit Nierenproblemen zu kämpfen gehabt. Man solle sich nur im Fall von Grippesymptomen testen lassen, so Spielberger. "Sie sind alt genug, um beurteilen zu können, wann das der Fall ist", heißt es in dem Schreiben. Von den in der Vergangenheit positiv getesteten Bewohner seien die meisten asymptomatisch gewesen. Dies gelte auch für die während der Isolation gestorbenen Bewohner.
Corona: Das Testangebot wird laut Stadt Augsburg gut angenommen
Angehörige von Bewohnern sind teils wenig begeistert von Spielbergers Rundschreiben. Er wolle ältere Menschen beeinflussen, äußerte die Tochter einer Bewohnerin gegenüber unserer Redaktion. Der kommissarische Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Thomas Wibmer, sagte am Donnerstag, dass man nun zum zweiten Mal in der gesamten Anlage unterwegs sei, und die Tests anbiete. Lediglich im Haus 4, in dem besonders pflegebedürftige Menschen wohnen und das besonders betroffen war, seien die Tests angeordnet worden. Ansonsten handle es sich um ein freiwilliges Angebot. "Das erste Angebot vor zwei Wochen wurde gut angenommen", so Wibmer. Zwei Drittel der Bewohner hätte sich testen lassen. Vom restlichen Drittel sei die Hälfte nicht vor Ort gewesen. Womöglich hätten diese Bewohner die Anlage im Hinblick auf das Infektionsgeschehen vorübergehend verlassen, um das individuelle Risiko zu reduzieren. Der Rest habe sich nicht testen lassen wollen.
Schreiben wie den aktuellen Rundbrief sei man inzwischen gewohnt und habe gegenüber Spielberger "deutliche Worte" gefunden, so der Gesundheitsamts-Leiter. Er erklärt aber auch: "Natürlich herrscht Meinungsfreiheit, wobei wir diese Anschreiben von Bewohnern auch weitergeleitet bekommen. Und die Bewohner sind sich auch im Klaren darüber, dass das eine Einzelmeinung ist, die mit den tatsächlichen Hintergründen nichts zu tun hat." Beim Albaretto handelt es sich um eine betreute Wohnanlage, die rechtlich in Sachen Corona nicht den Vorgaben wie ein Pflegeheim unterliegt. Rund 600 ältere Menschen leben dort in mehreren großen Apartmenthäusern nahe der Bürgermeister-Ackermann-Straße.
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