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Augsburg: Bürgerbüros erzielen Spitzen-Ranking - warum gibt es trotzdem Beschwerden?

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Bürgerbüros erzielen Spitzen-Ranking - warum gibt es trotzdem Beschwerden?

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    Die Augsburger Bürgerbüros, wie hier in Hochzoll, haben bei einem bundesweiten Ranking mit dem zweiten Platz abgeschnitten.
    Die Augsburger Bürgerbüros, wie hier in Hochzoll, haben bei einem bundesweiten Ranking mit dem zweiten Platz abgeschnitten. Foto: Michael Hochgemuth

    Johanna Holm hat noch immer nicht verarbeitet, was ihr vergangene Woche im Bürgerbüro Kriegshaber passierte. Die 77-Jährige wollte dort ihren neuen Ausweis abholen; die Stadt hatte ihr geschrieben, dass er fertig sei. Doch die Mitarbeiterin einer Security-Firma ließ Holm nicht durch. "Sie sagte, ich hätte mich trotz des Schreibens vorher anmelden müssen." Als Holm darum bat, den Ausweis trotzdem holen zu dürfen, wurde die Mitarbeiterin offenbar laut. "Sie sagte, sie sei hier die Macht und sie könne mich sogar verhaften lassen, wenn ich nicht gehe." Augsburgs Bürgerbüros stehen immer wieder in der Kritik - wenn auch nicht wegen solch gravierender Fälle, wie

    Lange Wartezeiten bei der Terminvergabe und ein für viele ältere Bürger schwer zu durchschauendes technisches Prozedere machen vielen Augsburgerinnen und Augsburgern den Kontakt zur Stadt oft schwer. Auch über die Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es bisweilen Klagen. Doch so schlecht scheint die Verwaltung im Vergleich zu anderen deutschen Städten nicht zu arbeiten. Bei einem bundesweiten Ranking des Verbraucherschutzverbandes Berlin/Brandenburg (VSVBB) kam Augsburg auf den zweiten Platz. Besser beurteilten die Menschen nur noch die Bürgerbüros in Wuppertal. Was ist dran an der Untersuchung?

    Augsburgs Bürgerbüros bundesweit auf Platz zwei

    Bundesweit sei die Beliebtheit der zuständigen Ämter enorm unterschiedlich, schreibt der VSVBB. Der Verbraucherschutzverband hat mehr als 32.000 Google-Bewertungen von 344 Behörden in Deutschlands 40 größten Städten analysiert. Die beliebtesten Behörden

    Wartende Kunden vor dem Bürgerbüro in Lechhausen in der Neuburger Straße.
    Wartende Kunden vor dem Bürgerbüro in Lechhausen in der Neuburger Straße. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Gleich danach, auf dem zweiten Platz, kamen die Augsburger Bürgerbüros mit 4,07 Sternen. Für Augsburg flossen 600 Google-Bewertungen in die Beurteilung ein. Dahinter hätten sich die Behörden in Bochum und Freiburg mit jeweils 3,95 Sternen platziert, so der VSVBB. Auf Wuppertal bezogen heißt es von den Verbraucherschützern, eine so hohe Sternebewertung sei vor allem deshalb beeindruckend, weil die Motivation für das Verfassen einer solchen Rezension bei negativen Erlebnissen deutlich höher sei als bei positiven Erfahrungen.

    Nur eine Hand voll Behörden reagieren auf die Bewertungen

    Erschreckend sei, dass gerade einmal eine Hand voll der 344 Behörden auch öffentlich auf Bewertungen reagierten. Dadurch könnten die Ämter allerdings signalisieren, dass sie die geäußerte Kritik wahr- und annehmen. "Während es für Restaurants und stationäre Geschäfte zum Alltag gehört, sich mit den Online-Bewertungen der Kunden auseinanderzusetzen, scheinen die deutschen Behörden hierauf keinen Wert zu legen", so VSVBB-Vorsitzender Florian-Erik Eichhorn.

    Die Stadt Augsburg sagt, die Hauptabteilung Kommunikation sichte in regelmäßigen Abständen die Social-Media-Auftritte der Stadtverwaltung und teile den Fachdiensten Verbesserungsvorschläge und Beschwerden mit. Auch wenn die ausgewerteten 600 Google-Beurteilungen nicht repräsentativ seien, freue sich die Stadt natürlich über das Ergebnis.

    Das seit dem ersten Lockdown praktizierte Verfahren "Vorsprache nur nach vorheriger Terminvereinbarung" habe sich durchweg positiv entwickelt. "Es entstehen für die Bürger nahezu keine Wartezeiten, sie erhalten mit der Terminbestätigung eine Auflistung über die für das Anliegen erforderlichen Dokumente, sodass an die 100 Prozent der vereinbarten Termine auch abschließend bearbeitet werden können. Die Anzahl der angebotenen Terminfenster kann kurzfristig individuell an die Personalstärke in den Bürgerbüros angepasst werden", heißt es aus dem Ordnungsamt.

    Google-Rankings haben nur eine bedingte Aussagekraft

    So erfreulich das gute Abschneiden der Stadt beim Ranking ist, darf man nicht vergessen, das Google-Bewertungen nur eine bedingte Aussagekraft haben. Zum einen ist davon auszugehen, dass vor allem junge, technikaffine Menschen das Werkzeug im Internet benutzen. Ältere Menschen geben zum anderen erfahrungsgemäß selten ihre Stimme per Google ab. Nachdem in Augsburg vor allem Senioren immer wieder die technischen Anforderungen bei der Online-Anmeldung in den Bürgerbüros beklagen, würde deren Urteil vielleicht anders ausfallen. Wie man am Beispiel der dreckigsten Bahnhofstoilette Deutschlands sehen konnte, wo Augsburg sehr schlecht beim Google-Ranking abschnitt, machen sich in aller Regel nur sehr verärgerte oder sehr zufriedene Menschen die Mühe, ein Ranking zu vergeben.

    Johanna Holm hat das Bürgerbüro nicht im Internet bewertet. Sie wandte sich stattdessen an Oberbürgermeisterin Eva Weber und Dritten Bürgermeister Bernd Kränzle. "So wie diese Frau darf man mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht umgehen", sagt sie.

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