Draußen vor der Tür steht an diesem Abend ein halbes Dutzend Autos des Lieferdienstes Lemon im Augsburger Stadtteil Oberhausen. Alle paar Minuten setzt sich ein Fahrer in einen Wagen und düst weg. Oder kommt wieder an und holt eine neue Lieferung ab, es ist ein Kommen und Gehen. Wer sein Essen dort bestellt und selbst abholt, sieht Menschen, die in der Küche oder am Telefon schnell und effizient arbeiten, wie bei Lieferservices üblich. In der Küche dampft und zischt es, die Telefone klingen beständig. Keine Frage: Die Leute bei Lemon sind gerade gut beschäftigt. Das Unternehmen in Oberhausen hatte auch vor Corona schon keinen klassischen Restaurantbetrieb angeboten, sondern das Essen ausschließlich ausgeliefert. Seit der Pandemie hat das Geschäftsmodell, wie jenes anderer Lieferdienste auch, eine neue Bedeutung gewonnen.
Schließlich kann gerade niemand ins Restaurant gehen, ins Café oder in den Klamottenladen. Es gibt Branchen, die das in immense wirtschaftliche Not bringt - die Lieferdienste aber dürften tendenziell als Gewinner der Corona-Zeit gelten. So ist es auch bei Lemon. Man merke schon, dass die Leute eher zu Hause seien und mehr bestellten, sagt Bac Nguyen vom Lieferdienst. Etwa 30 Mitarbeiter beschäftige das Unternehmen in Oberhausen, Köche und Auslieferungsfahrer. Für Augsburger Verhältnisse ist das für einen Lieferdienst nicht wenig.
Durstexpress beschäftigt in Augsburg 100 Mitarbeiter
Noch mehr Mitarbeiter hat ein junges Unternehmen, das in den vergangenen Monaten an Haltestellen in der Stadt großflächig warb und im Stadtbild kaum zu übersehen war. Die Rede ist von Durstexpress, ein Online-Lieferdienst für Getränke, der zur Oetker-Gruppe gehört und in ganz Deutschland aktiv ist, seit 2020 auch mit einem Logistikzentrum in Augsburg. Nach Auskunft einer Sprecherin von Durstexpress beschäftigt das Unternehmen in der Stadt 100 Mitarbeiter, denen zur Auslieferung der Getränke in die Region 40 Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Konkrete Zahlen will man nicht nennen, zur allgemeinen Entwicklung aber so viel: Die Corona-Krise habe das Geschäft "beflügelt". Die Bestellungen hätten mit insbesondere mit den Lockdown-Szenarien im Frühjahr vergangenen Jahres und diesen Winter merklich zugenommen.
Ähnliches berichtete zuletzt Raimund Seibold, Chef des Augsburger Lieferservices Boxbote. Im Interview mit unserer Redaktion sagte er bereits vor Jahreswechsel, dass man sein Unternehmen "wohl als Corona-Gewinner" bezeichnen könne. Man erwarte, die Zwei-Millionen-Umsatz-Grenze zu knacken; 2019 habe der Umsatz noch bei rund einer Million Euro gelegen. Das Prinzip von Boxbote funktioniert so: Lokale Gastronomen und Einzelhändler können ihre Produkte über die Plattform anbieten, die Ware wird von "Boxbote"-Fahrradkurieren ausgeliefert.
Kosten für Hygiene fressen Umsatz-Plus der Lieferdienste auf
Auch für den Lieferdienst Morgengold - er bringt frische Backwaren eines Augsburger Handwerksbäckers nach Hause - war Corona ein Treiber. Zumindest im ersten Lockdown. Damals habe man ein Plus von zehn bis 15 Prozent verzeichnet, sagt Inhaber und Gründer Franz Smeja. Vor allem Familien im Homeschooling und Homeoffice oder Menschen in vorübergehender Quarantäne gehörten zu den Neukunden. Im nun zweiten Lockdown habe sich die Lage wieder "normalisiert" , so der Geschäftsmann, dessen Unternehmen derzeit 2200 Kunden in Augsburg sowie den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Donau-Ries beliefert. Insgesamt hat das Unternehmen, das in Adelsried gegründet wurde und seinen Firmensitz mittlerweile in Stuttgart hat, 85 Niederlassungen und 125.000 Kunden bundesweit.
Lieferdienste müssen ihre Mitarbeiter mit Masken ausstatten
Doch es gebe auch Hürden im Corona-Boom, weiß der Unternehmer: "Uns haben die vielen Anfragen und die geltenden Hygienemaßnahmen vor große logistische Herausforderungen gestellt", erzählt er. Fahrer und Mitarbeiter mussten mit Masken ausgestattet werden, Desinfektionsmittel beschafft und Abstandsregelungen bei den Lieferungen eingehalten werden. Schon generell herrsche in der Lebensmittelbranche ein hoher Hygienestandard, der jetzt noch einmal erhöht werden musste. "Der dazugewonnene Umsatz wird so in großen Teilen von den Kosten für Hygienemaßnahmen und Logistik aufgefressen", sagt Smeja. Insgesamt habe Corona sein Unternehmen, das schon zuvor auf Wachstumskurs war, jedoch noch einmal stärker in den Fokus der Menschen gerückt. Das sei positiv und eine gute Grundlage.
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Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über die Firma Boxbote an, die wir 2019 aufgenommen haben: