Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Blühwiesen für Insekten: Der Naturschutz in Augsburg kommt voran

Augsburg

Blühwiesen für Insekten: Der Naturschutz in Augsburg kommt voran

    • |
    Beim Projekt Artenvielfalt in Augsburg gibt es große Fortschritte. Auch an der Uniklinik sorgen neue Blühflächen  dafür, dass Insekten Nahrung finden.
    Beim Projekt Artenvielfalt in Augsburg gibt es große Fortschritte. Auch an der Uniklinik sorgen neue Blühflächen dafür, dass Insekten Nahrung finden. Foto: Nicolas Liebig (Archivbild)

    Die Retter von Biene, Schmetterling und Co. waren in Augsburg bisher mit an der Spitze der Bewegung. Bald nach dem erfolgreichen Volksbegehren für mehr Artenvielfalt in Bayern 2019 startete die städtische Landschaftspflege das neue Programm „Arten.Vielfalt.Augsburg“. Zusammen mit vielen Partnern wie Firmen, Vereinen, Kirchen, Universität, Zoo und städtischen Dienststellen wurden großflächig Blühwiesen gegen das Insektensterben angelegt. Nun laufen die staatlichen Zuschüsse aus. Trotzdem soll es mit einer neuen Initiative weitergehen.

    Das Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“

    Ziele Die Träger des Volksbegehrens 2019 forderten tief greifende Änderungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Explizit aufgeführt wurde im Entwurf unter anderem, die ökologische Landwirtschaft deutlich auszubauen, Blühstreifen an Gewässern zu schützen, alle staatlichen Flächen pestizidfrei zu bewirtschaften, Pestizide in Schutzgebieten zu verbieten, zehn Prozent aller Wiesen in Blühwiesen umzuwandeln sowie Hecken, Bäume und kleine Gewässer in der Landwirtschaft zu erhalten.

    Befürworter Initiator des Volksbegehrens war die ÖDP Bayern. Getragen wurde es letztlich auch von den Grünen sowie vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern.

    Kritiker Neben der bayerischen Staatsregierung erhoben vor allem der Bayerische Bauernverband und der Bayerische Jagdverband erhebliche Einwände gegen das Volksbegehren.

    Entscheidung Das Volksbegehren war das bisher erfolgreichste in Bayern. Mehr als 1,74 Millionen Stimmberechtigte (18,3 Prozent – gefordert waren zehn Prozent) trugen sich Anfang 2019 dafür ein. Angesichts dieser Resonanz plädierte die bayerische Staatsregierung anschließend im Landtag für eine unveränderte Annahme der Gesetzesvorlage. Mitte Juli wurde das Gesetz verabschiedet, am 1. August trat es in Kraft.

    Wirkung Bewirkt hat das neue Gesetz sicher etwas – wie viel, ist auch Sache der Perspektive. Viele Landwirte beurteilen das Thema Naturschutz heute anders als vor Jahren und das sicher nicht zuletzt, weil staatliche Fördergelder für die Umsetzung der Vorgaben fließen. Vielerorts wird aber bemängelt, dass nach dem ersten Weckruf 2019 nachhaltige Unterstützung seitens großer Teile der Bevölkerung inzwischen ausbleibt. Nach Angaben der damaligen Träger existieren auch in der Umsetzung des Gesetzes Probleme. So können angeblich diverse Verstöße gegen die Vorgaben aufgrund fehlender Einzelvorschriften nicht geahndet werden.

    Die aktuelle Bilanz der Augsburger Bienenretter fällt gemischt aus. Der Geschäftsführer des städtischen Landschaftspflegeverbandes, Nicolas Liebig, freut sich über erste Erfolge. Er äußert aber auch Kritik an der Laufzeit des staatlichen Förderprogramms. „Es gehört zum Wesen von Projekten, dass sie irgendwann enden. Im Falle unseres Insektenprojektes läuft die Projektförderung leider deutlich zu früh aus.“ Mit mehr personellen Kapazitäten und der Möglichkeit, noch mindestens drei Jahre in diesem Projekt weiterzuarbeiten, könnte man nach seiner Einschätzung in Augsburg noch sehr viel mehr für den Insektenschutz bewegen.

    Wo neue Blühwiesen in Augsburg entstanden sind

    Passiert ist einiges in Sachen Artenvielfalt: „In unserem Projekt haben wir bis jetzt mehr als 25 Hektar Fläche insektenfreundlicher gestaltet“, sagt Liebig. Diese Fläche ist zusammengenommen rund ein Drittel größer als der Kuhsee. Im Lauf dieses Jahres kommen noch einige Flächen dazu, sodass insgesamt 30 Hektar neue Blühwiesen im Stadtgebiet entstehen, aber auch weitere Tümpel und Totholz-Häufen für Insekten.

    Parallel hat das städtische Grünordnungsamt auf mehr als 41 Hektar öffentlichen Flächen den Mähturnus verlängert, damit Blumen und Kräuter besser blühen können. Geht man von einer durchschnittlichen Breite von fünf Metern aus, sind das über 80 Kilometer, so Liebig. „Man könnte entlang dieser Strecke also fast zwei Marathons laufen.“ Damit gebe es mehr Nahrungsangebote insbesondere für Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge, aber der innerstädtische Biotopverbund werde spürbar verbessert.

    Tipps und Tricks: So wird Ihr Garten bienenfreundlich

    1. Den Garten ein Stück verwildern lassen und dort kleine Blühecken oder Blühstreifen als Nahrungsquelle für Bienen anzulegen.

    2. Keine Insektizide oder Pflanzenschutzmittel verwenden.

    3. Brutplätze für Bienen schaffen durch das Auslegen von altem Totholz, kleiner Sandhaufen oder das Aufstellen von Insektenhäusern.

    4. Kleine Wasserschalen zum Trinken aufstellen.

    5. Vermieden werden sollten pflegeleichte Gärten, wo nur Rasen oder Schotterflächen zu finden sind.

    Bei der Landschaftspflege spricht man von ersten Erfolgen in Augsburg, die Hoffnung geben. Positiv hat sich beispielsweise die große Physikwiese auf dem Gelände der Universität entwickelt. Dort wurden ein Jahr nach der Umwandlung einige Pflanzen und Kleintiere gesichtet, die fester Bestandteil artenreicher Wiesen in der Region sind. Dazu gehören Wiesensalbei, Margerite, Glockenblume und Klappertopf, aber auch Insekten wie der seltene Kurzschwänzige Bläuling. Ebenso erfreulich ist die Entwicklung auf dem Gelände der Uniklinik Augsburg oder am Gaswerk in Oberhausen, wo neuer Lebensraum für die Blaue Holzbiene geschaffen wurde. Beim Begleitgrün an der Rumplerstraße sieht Liebig allerdings noch Verbesserungsbedarf.

    Zur Allianz der Augsburger Bienenretter gehören mittlerweile 15 Partner, die auf ihren Grundstücken aktiv etwas für Insekten tun, darunter Unternehmen wie die Mediengruppe Pressedruck, in der die Augsburger Allgemeine erscheint. Es gab sogar Preise. DEKA Messebau und die Lechwerke wurden vom Bayerischen Umweltministerium als „blühender Betrieb“ ausgezeichnet.

    Wissenschaftliche Erfolgskontrolle wäre nötig

    Aus Sicht von Liebig kann das bisher Erreichte aber nur ein Anfang sein. Das Stadtgrün allein zu verbessern, reiche nicht aus. „Wir müssen in der gesamten Landschaft mehr und großflächigere Angebote für Insekten schaffen. Nur so gelingt die Kehrtwende beim Artensterben.“ Ein weiteres Problem sei, dass bei laufenden Projekten eine wissenschaftlich fundierte Erfolgskontrolle aus finanziellen Gründen oft nicht möglich ist. „Es wäre sinnvoll, wenn Begleituntersuchungen von einer außenstehenden Stelle durchgeführt werden“, so Liebig. Prädestiniert dafür wäre das bayerische Artenschutzzentrum.

    Das Artensterben in Bayern

    In Bayern verschwinden immer mehr Tier-und Pflanzenarten. Es ist das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier.

    Der Bestand der Insekten ist seit 1989 um etwa 75 Prozent gesunken. Fast genauso groß ist der Rückgang bei den Tagfaltern: 73 Prozent sind bereits verschwunden.

    Mehr als die Hälfte aller Bienen (54 Prozent) sind bedroht oder bereits ausgestorben.

    Nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren leben heute in Bayern. Seit 1965 ist der Bestand der Feldvögel um etwa 65 Prozent zurückgegangen. Quelle: Bund Naturschutz Bayern

    In 24 Monaten Projektlaufzeit gab es rund 100.000 Euro Zuschüsse. Damit finanzierte der Landschaftspflegeverband Personal und Maßnahmen. Jetzt läuft das staatliche Förderprogramm aus. Liebig sagt jedoch, „wir spüren weiterhin eine große Bereitschaft mitzumachen und sich zu engagieren, sowohl in der Bevölkerung als auch bei Betrieben, in Sportvereinen oder in Siedlergemeinschaften“. Vor allem der Bedarf an Beratungsangeboten sei sehr groß.  

    Tine Klink ist nicht nur Gartentherapeutin, sondern auch neue "Insekten-Rangerin" in Augsburg.
    Tine Klink ist nicht nur Gartentherapeutin, sondern auch neue "Insekten-Rangerin" in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    Neue Augsburger Insekten-Rangerin kommt auf dem E-Bike

    Deshalb gibt es nun ein Folgeprojekt, das mit Unterstützung der Stadtsparkasse finanziert wird. Mit diesen Fördermitteln kann für ein Jahr eine neue „Insekten-Rangerin“ engagiert werden. Den Job übernimmt die Augsburgerin Tine Klink. Sie war Mitbegründerin des Arbeitskreises „Urbane Gärten in Augsburg“ und ist zertifizierte Gartentherapeutin. Klink macht sich ab sofort mit einem E-Bike auf den Weg, um Bürger und Vereine vor Ort zu beraten, wie sie heimischen Insekten beim Überleben helfen können. Sie hat bereits konkrete Pläne: So sollen auf dem Gelände des Alten- und Pflegeheims Haus Augustahof, des Jugendzentrums Villa sowie des Bayernkollegs neue Insektenflächen entstehen. Außerdem sucht sie Kontakt zu weiteren Augsburger Siedlergemeinschaften, die mitmachen. Die Kontaktaufnahme zur Insekten-Rangerin läuft über die Umweltstation Augsburg, Telefon 0821/324-6074.

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden