Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Besitzerin von Schuhladen Sisento richtet sich wegen Corona neu aus

Augsburg

Folge von Corona: Besitzerin von Schuhladen Sisento richtet sich neu aus

    • |
    Karin Hoschek gibt ihr Geschäft in der Philippine-Welser-Straße auf. Sie will einen Showroom in Augsburg eröffnen und Herrenschuhe online verkaufen.
    Karin Hoschek gibt ihr Geschäft in der Philippine-Welser-Straße auf. Sie will einen Showroom in Augsburg eröffnen und Herrenschuhe online verkaufen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Karin Hoschek entschuldigt sich, dass ihr manchmal die Tränen kommen. Der Einzelhändlerin fällt es schwer, über den Schritt zu sprechen, der für sie unvermeidlich ist. Zehn Jahre lang hat Hoschek in ihrem Geschäft Sisento Schuhe verkauft, erst am Perlachberg, die vergangenen vier Jahre in der Philippine-Welser-Straße. Ende Dezember schließt sie nun ihren Laden und führt ihr Geschäft mit einem neuen Konzept fort. Sie wird einen Showroom für Herrenschuhe einrichten und vor allem online ihre Ware verkaufen. "Corona hat mir das Genick gebrochen", sagt die 48-Jährige, die den Schuhverkauf nun auf andere Weise weiterbetreiben will.

    Die roten Preisschilder an den Schuhpaaren machen auf den Ausverkauf aufmerksam. Karin Hoschek betrachtet ihre Ware mit Wehmut. Mit Leidenschaft habe sie ihren Laden geführt, sagt sie. Mehrere Male im Jahr sei sie nach Italien gefahren, um dort handgefertigte Schuhe einzukaufen. Doch dann war Pandemie. "Nach dem dritten Lockdown war nicht nur meine Energie weg. Auch meine finanziellen Reserven waren aufgebraucht", erzählt Hoschek. Die letzten Monate, als der Handel wieder öffnen durfte, seien für sie entscheidend gewesen. Ihre Hoffnung, das Geschäft ziehe nach dem Lockdown wieder an, platzte.

    Corona hat Sisento die Geschäftsgrundlage entzogen

    "Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem es keinen Sinn mehr macht." Mit Corona und den Maßnahmen sei der Bedarf an schönen Schuhen weggebrochen. "Es gab kaum Hochzeiten, Partys und wegen Homeoffice lag auch das Thema Anzug-Schuhe brach", erklärt Hoschek. Bis heute sei die Nachfrage am Boden. "Ich sehe das an meinen Schuhen, die eigentlich meine Bestseller waren. Früher verkaufte ich sie sofort, heute bleiben sie im Laden stehen." Karin Hoschek erklärt sich das gesunkene Kaufinteresse damit, dass mit der Pandemie viele Kunden endgültig auf Internet-Shopping umgestiegen sind. Zudem sei die Konsumfreude gesunken, viele kauften nur noch billige oder reduzierte Ware. "Die Menschen kommen zwar in die Stadt, aber Frequenz bedeutet nicht gleich Frequenz. Teilweise betritt vier Stunden lang niemand meinen Laden", meint die Einzelhändlerin kopfschüttelnd. "So etwas habe es vor Corona nicht gegeben."

    Für den Chef des Schwäbischen Handelsverbands, Andreas Gärtner, ist die Geschichte von Karin Hoschek eine klassische Folge der Corona-Krise. "Ihr wurde die Geschäftsgrundlage entzogen. Ohne die Lockdowns wäre das Konzept tragfähig gewesen", schätzt der Experte ein. Tatsächlich aber sei dieser Fall einer der wenigen in Augsburg, der sich ausschließlich auf die Pandemie zurückführen lasse. "Bei den allermeisten Geschäftsaufgaben, von denen ich weiß, war Corona der Auslöser, aber nicht der alles entscheidende Grund", so Gärtner. Insgesamt hätte es in den letzten zwei Jahren unter den rund 300 Mitgliedern, die der Handelsverband in

    Weihnachtsgeschäft ist für Augsburgs Händler essentiell

    Entwarnung will er trotzdem noch nicht geben, denn das bevorstehende Weihnachtsgeschäft sei für viele Einzelhändler noch einmal eine entscheidende Hürde. "Sollte dieses Corona bedingt schlecht ausfallen und es diesmal keine staatlichen Hilfen mehr geben, könnte das für einige existenziell sein." Monika Loncar, Inhaberin von "Vom Fass" in der Philippine-Welser-Straße, liefert die Begründung dafür. Sie schätzt den Anteil ihres Weihnachtsgeschäfts am Jahresumsatz auf 40 Prozent. Erst im Juli hat sie den Laden übernommen, der vom Vorbesitzer aus Altersgründen abgegeben worden und zuvor in der Karolinenstraße beheimatet war. Finanziell ist sie in Vorleistung gegangen, das Weihnachtsgeschäft sollte also sitzen. Doch mit Blick auf die rasant steigenden Corona-Zahlen und den damit verbundenen Einschränkungen wird ihr doch etwas bang. "Die Menschen sind verunsichert, es gilt Maskenpflicht in den Geschäften, das ist vor allem für uns, wo wir vom Probieren leben, schwierig", erzählt sie.

    Auch Julia Serba, die schräg gegenüber die Julück Butik führt, treibt die Lage um. "Obwohl wir schon am Beginn des Weihnachtsgeschäfts stehen, ist kaum etwas los." Nach dem Lockdown sei das Geschäft nicht mehr richtig in Schwung gekommen. Im August habe sie sogar zwei Wochen geschlossen, weil es sich nicht rentiert habe zu öffnen. Dennoch wolle sie weitermachen.

    Statt im stationären Handel will Sisento künftig online verkaufen

    Für Karin Hoschek ist dieser Vorsatz Geschichte. Trotz allem blickt sie positiv in die Zukunft. Denn von ihren "Babys", wie sie die Schuhe nennt, will sich die 48-Jährige nicht trennen. Sie plant einen Online-Handel als Schwerpunkt und nebenbei einen Showroom in Augsburg. Dabei will sie sich nur noch auf Herrenschuhe konzentrieren. Einen Ausstellungsraum hat sie im Auge. "Ich hoffe, dass ich dafür bald die Genehmigung erhalte, um meinen Internethandel starten zu können." Den neuen Weg, den Hoschek einschlagen will, hat eine einst benachbarte Einzelhändlerin aus der Philippine-Welser-Straße schon im vergangenen Jahr gewählt. Im Sommer 2020 gab Taschendesignerin Ruth Moser ihr Geschäft auf. Seitdem vertreibt die 59-Jährige ihre Waren online. "Außerdem sind wir erfolgreich auf Messen unterwegs. Ich bereue es nicht. Es war die richtige Entscheidung", sagt Moser heute. Corona sei nicht der Hauptgrund für diesen Schritt gewesen, "aber der letzte Auslöser". Die Kunden, die sie jetzt habe, seien bewusste Kunden, die ihre Taschen wertschätzten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden