Überraschende Kehrtwende in der Diskussion um den Namen der Werner-Egk-Schule in Oberhausen. In der CSU-Stadtratsfraktion herrscht inzwischen die Auffassung, dass die Schule doch nicht umbenannt werden soll. Die geschichtliche Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Namensgeber der Schule könnte vielmehr an einer großen Tafel abgehandelt werden, so die Auffassung. Diese wäre dann an prominenter Stelle am Schulgebäude anzubringen.
Die Debatte um den Namen der Schule ist damit um eine Facette reicher. Ausgelöst hatte sie ein pensionierter Lehrer aus Nordrhein-Westfalen. Hans-Georg Kalbhenn missfiel, wie der Lebenslauf des Komponisten Werner Egk auf der Internetseite der Schule dargestellt war. Er wandte sich an die Stadt und kritisierte, dass im Internet nur Angaben zu Leben und Werk des Musikers aufgeführt seien, nicht aber zu seinem Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus. Kalbhenn ging es um eine vollständige Darstellung des Künstlers – nicht um mehr, nicht um weniger.
Die Kommission für Erinnerungskultur empfahl die Umbenennung
Sein Schreiben versetzte die Stadt aber offenbar in Alarmbereitschaft. Sie schaltete die Kommission für Erinnerungskultur ein, die eine Umbenennung der Schule empfahl. Egk (1901 bis 1983) habe vom NS-Regime profitiert und sich danach nicht ausreichend distanziert. Der Komponist, der in Augsburg die Schule besuchte, war unter den Nationalsozialisten ein Funktionär der Reichsmusikkammer und Kapellmeister der Berliner Staatsoper. Als Vorbild für Grundschulkinder, so die Kommission, tauge er damit nicht. Das Schulreferat bat die Schulleitung, einen neuen Namen zu suchen. Bei vielen Oberhauser Bürgern stieß die Umbenennung von Anfang an auf Unverständnis.
Im Stadtrat soll das Thema kommenden Mittwoch nun abgeschlossen werden. Der Vorstoß der CSU-Stadtratsfraktion liegt auf dem Tisch. Es zeichnet sich auch eine Mehrheit im Stadtrat ab, um die etwaige Namensumbenennung auszubremsen. Die Stadtratsfraktion von Pro Augsburg unterstützt jedenfalls die Position der CSU. Dies sagte am Donnerstag Stadtrat Rudolf Holzapfel gegenüber unserer Redaktion. Die vier Stadträte von Pro Augsburg würden gegen die Umbenennung stimmen. Aus Sicht von Holzapfel habe die Debatte um den Namensgeber der Schule letztlich viel zu hohe Wellen geschlagen.
Die Schule wurde im Jahr 1994 nach Werner Egk benannt. Seit über zwei Jahren wird über die Namensgebung debattiert. Das Thema hat die Gemüter stark bewegt – nicht nur in Oberhausen. Knackpunkt war: Soll tatsächlich die Grundschule im Stadtteil umbenannt werden? Soll somit der Namen des Komponisten Werner Egk aus dem Schulnamen gestrichen werden?
Ein anderer Name war bereits gefunden
Ein anderer Name wäre bereits gefunden: Grundschule Augsburg Oberhausen Mitte. Dafür ausgesprochen hat sich die Schulfamilie. Sie folgte damit der Empfehlung der Kommission für Erinnerungskultur. Das letzte Wort haben allerdings die Stadträte. Es muss einen politischen Beschluss geben, um die Angelegenheit zu regeln. Dass der Name der Schule nochmals zu einer politisch brisanten Geschichte werden sollte, hatte sich abgezeichnet. Bereits Anfang April hätte der Bildungsausschuss über den Namen abstimmen sollen. Die Entscheidung wurde auf Antrag der CSU vertagt. Es bestehe Beratungsbedarf, hieß es. Fast zwei Monate sind seitdem vergangen.
Das Thema kommt am Mittwoch in der Stadtratssitzung erneut auf den Tisch. Noch steht nicht fest, wie der Antrag, über den abgestimmt werden soll, aussieht. Bildungsreferent Hermann Köhler (CSU) ist von seiner Fraktion beauftragt, einen Vorschlag vorzulegen. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, sperrt sich aber die komplette CSU-Fraktion gegen die Umbenennung.
28 Stadträte stellt die Fraktion, hinzu kommt die Stimme von Oberbürgermeister Kurt Gribl. Mit den vier Stimmen von Pro Augsburg gäbe es folglich eine Mehrheit. 31 Stimmen sind dazu bei kompletter Anwesenheit aller Stadträte nötig. Nach Stand der Dinge ist die Umbenennung also vom Tisch. Es bliebe beim Namen Werner-Egk-Schule.
Linken-Stadtrat spricht von einem "Skandal"
Die Entwicklung auf politischer Ebene, die sich jetzt abzeichnet, nennt Linken-Stadtrat Otto Hutter einen „Skandal“. Es sei zudem höchst bedauerlich, dass die Entscheidung ins Parteipolitische gezogen werde. Hutter selbst war Mitglied der Kommission für Erinnerungskultur: „Ich sehe im jetzigen Vorgehen eine Brüskierung der Erinnerungskommission, der Schulfamilie und allen, die damals von Nationalsozialisten verfolgt wurden.“ Werner Egk könne nicht als Vorbild gelten, sagt Hutter.
Schulreferent Hermann Köhler sagte am Donnerstag auf Anfrage unserer Redaktion, dass die anstehende Stadtratssitzung der ultimative Zeitpunkt für eine Entscheidung sei. Seinen Angaben zufolge ist es der vorerst letzte Termin, um eine Entscheidung pro Namensänderung zu treffen. Sonst werde die Zeit bis zum nächsten Schuljahr zu knapp, um die Umbenennung überhaupt umzusetzen. Eine Änderung eines Schulnamens bringe schließlich einigen organisatorischen Aufwand mit sich.
Politisch festlegen will sich der CSU-Mann Köhler nicht. Er hält alle Optionen offen und legt sich nur in einer Sache fest: „Es ist im Interesse der Schule, dass die Entscheidung nun getroffen wird.“ Es sei nicht gut, dass sie weiter in die Diskussion einbezogen sei. „Schulen haben andere Dinge zu entscheiden“, so Köhler.
Lesen Sie hier den Kommentar von Nicole Prestle: Werner Egk: Ein Versagen des Schulreferenten