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Augsburg: Augsburger Seniorin hilft Liebesbetrüger mit Geldwäschekonto

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Augsburger Seniorin hilft Liebesbetrüger mit Geldwäschekonto

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    Vor dem Augsburger Amtsgericht musste sich eine 79 Jahre alte Frau wegen Geldwäsche verantworten.
    Vor dem Augsburger Amtsgericht musste sich eine 79 Jahre alte Frau wegen Geldwäsche verantworten. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Betrügerinnen und Betrüger erstellen auf Social-Media-Plattformen oder Dating-Portalen gefälschte Profile und spielen ihrem Gegenüber die große Liebe vor, um an sein Geld zu kommen. Mit dem englischsprachigen Begriff "Romance Scam" oder auch "Love Scam" wird dieser Internetbetrug bezeichnet. In Augsburg werden vor dem Amtsgericht nahezu wöchentlich solche Fälle verhandelt, in denen die Opfer, Männer wie Frauen, sehr viel Geld verloren haben. Die Frau, die an diesem Nachmittag vor Gericht steht, ist der Geldwäsche angeklagt. Die 79-jährige Augsburgerin soll für den Betrug ihr Konto bei einer Augsburger Bank bereitgestellt haben - und das wohl nicht zum ersten Mal. 

    Doch konkret geht es an diesem Tag nur um den Fall einer Geschädigten aus Mecklenburg-Vorpommern, die einem bis heute unbekannten Täter 50.000 Euro überwies; auf das von ihm genannte Konto, das der angeklagten Augsburgerin gehört. Er sei gerade in Australien und habe keinen Zugriff auf sein Konto, hatte ihr Internet-Bekannter der verliebten Frau vorgeschwindelt. Noch bevor die Beweisaufnahme beginnt, wird deutlich, dass die Angeklagte und ihr Verteidiger es an diesem Nachmittag schwer haben werden. Richter Christoph Prinke stellt klar, sollten sich die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft in der Verhandlung bestätigen, müsse die Angeklagte mit einer erheblichen Freiheitsstrafe rechnen. Weil sie als Finanzagentin agiert und damit nicht leichtfertig, sondern mit Vorsatz gehandelt haben könnte.

    Angeklagte aus Augsburg hatte seriösen Job als Chefsekretärin

    Was man der modisch gekleideten Angeklagten auch aufgrund ihres Alters nicht zutrauen mag. Sie wird in diesem Jahr 80. Mehrere Jahrzehnte hatte sie einen seriösen Job als Chefsekretärin in einer Augsburger Behörde. Die Angeklagte spricht auch gleich das Thema Dating-Portale selbst an und versichert: "Das hat mich noch nie interessiert." Laut Anklage war sie aber sehr wohl auf "zweisam.de" unterwegs. Dabei hat die Frau selbst traumatische Erfahrungen im Internet gemacht. Sie sei, wie sie dem Gericht erzählt, auf einen Internetbetrüger hereingefallen, habe 40.000 Euro verloren. "Mein ganzes Erbe." 2015 erstattete sie Anzeige bei der Polizei. Als deutlich wird, dass die 79-Jährige sich erneut eher als Opfer denn als Täterin fühlt, bittet ihr Verteidiger Ulrich Swoboda um eine Verhandlungspause. Nach einem längeren Gespräch mit seiner Mandantin legt die 79-Jährige ein Geständnis ab.

    Demnach hat sie gewusst, dass der Mann, mit dem sie seit Jahren in Kontakt stand, ein Betrüger ist. Was sie nicht gehindert hat, Anfang des Jahres für ihn, der vorgab, wieder in Deutschland leben zu wollen, in Augsburg ein Konto bei der Postbank zu eröffnen. Sie habe gehofft, dass es dieses Mal die Wahrheit sei, sagt ihr Anwalt. Der Staatsanwalt wirft ihr vor, dass sie Anfang Februar von den 50.000 Euro auf ihrem Konto auf Anweisung 3000 Euro einem Mittäter - auch er bis heute unbekannt – überwiesen hat. Als sie weitere 40.000 Euro in bar abheben will, um mit diesem Geld nach Essen zu fahren, um es dort einem "Agenten" zu übergeben, verwehrte ihr die Bank den Zugriff. Was letztlich ihr Glück ist.

    Augsburger Kripobeamtin über Angeklagte: "Beratungsresistent"

    Denn das Urteil fällt milde aus, wohl auch, weil der angerichtete Schaden mit 3000 Euro gering ist. Die Angeklagte sei, gibt Amtsrichter Prinke seinen Eindruck aus der Verhandlung wieder, keine Hochkriminelle. "Ich nehme es Ihnen ab, dass sie gutgläubig waren." Das Gericht verhängt eine Haftstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung und verbunden mit einer Geldbuße in Höhe von 1500 Euro.

    Außerdem bekommt die 79-Jährige, was in ihrem Alter ungewöhnlich ist, einen Bewährungshelfer an ihre Seite. Denn so ganz traut das Gericht den Beteuerungen der hilfsbereiten Seniorin – "nie wieder, das mit dem Geld ist vorbei" – nicht. Kein Wunder. Sie sei, so die Einschätzung der Augsburger Kriminalpolizei, "beratungsresistent". "Wir haben sie 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen, keine Gelder mehr weiterzuleiten", sagt im Prozess die ermittelnde Kriminalkommissarin aus. Nach Aussage der Zeugin ist die Angeklagte vor zehn Jahren sogar um 120.000 Euro betrogen worden. Was sie dennoch nicht davon abhielt, sich später an Geschäften im Online-Handel zu beteiligen, bei der Täter Waren mit dem Vorsatz bestellen, diese nach Erhalt nicht zu bezahlen. Die Augsburger Staatsanwaltschaft stellte hier das Verfahren gegen sie ein. Jedoch laufen noch Ermittlungen bei der Kripo im mittelfränkischen Schwabach. Wieder geht es um Romance Scam und ein Geldwäschekonto. Und wieder taucht hier der Name der 79-jährigen Augsburgerin auf. (peri)

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