Monatelang durfte Annette Bures wie viele ihrer Kolleginnen ihren Beruf als Kosmetikerin wegen der Corona-Maßnahmen nicht ausüben. Erst Anfang März sperrte sie ihr Geschäft im Textilviertel wieder auf und hat seither einen gut gefüllten Terminkalender. Genauer gesagt: hatte. Denn die neuen Regeln führten dazu, dass sie in den vergangenen Tagen vielen Kundinnen und Kunden absagen musste, weil sie die gebuchten Dienstleistungen wie Gesichtsbehandlung oder Maniküre nicht mehr anbieten darf. Nur noch klassische Fußpflege sei erlaubt.
Nur mit Corona-Schnelltest zur Fußpflege: Nicht jeder Kunde zieht mit
Doch auch da kassiere sie Absagen, weil nicht jede Kundin vor dem Termin noch den nötigen Schnell- oder PCR-Test machen kann oder möchte, sagt sie. "Die neuen Regeln sind für unsere Branche demütigend und kommen einem Berufsverbot gleich." Dass sie ebenso wie der Kunde eine FFP2-Maske tragen muss, akzeptiert sie. Aber sie kann nicht nachvollziehen, warum selbst die zusätzliche Vorlage eines negativen Tests nicht Absicherung genug ist, neben den Füßen beispielsweise auch noch die Hände pflegen zu dürfen. Der jungen Unternehmerin tut nicht nur ihre Kundschaft leid, sondern sie macht sich auch Sorgen um ihre Existenz. "Vermutlich kann ich keine weiteren Hilfsprogramme in Anspruch nehmen, weil ich noch geöffnet habe."
Auch Regine Fälschle ist ob der neuerlichen Einschränkungen enttäuscht. Seit 32 Jahren ist sie bereits als Kosmetikerin tätig, seit Montag hat sie wieder ganz geschlossen - weil sie keine Fußpflege anbietet. "Die Info, dass wir wieder schließen müssen, hat mich vergangenen Freitag kalt erwischt", erzählt Fälschle.
Zuerst habe sie über Facebook-Gruppen davon erfahren, dann auf der Seite der Handwerkskammer die Informationen bestätigt gefunden. "Es ist schon schwierig, dass man sich das alles immer selbst zusammensuchen muss", findet die Kosmetikerin. 20 Termine hat sie deshalb für diese Woche abgesagt. Die Kunden hätten Verständnis gezeigt - zwar nicht alle für die Vorgaben der Politik, aber dafür, dass sie nicht anders handeln könne.
Corona-Krise in Augsburg: Kosmetikerin verlegt Geschäft ins Internet
Um die Umsatzeinbrüche in Grenzen zu halten, ist Regine Fälschle schon vor einiger Zeit aktiv geworden. Sie schickt Kunden Produkte zu oder liefert sie aus. Dazu bietet sie einmal pro Woche einen Beauty-Talk auf Facebook sowie eine Online-Hautanalyse an. "Das hat mir sogar die ein oder andere neue Kundin beschert, weil ich diesen Service ja auch für Frauen aus Berlin oder Hamburg anbieten kann", schildert sie. Unterm Strich kalkuliert sie daher "nur" mit einem Umsatzeinbruch von rund 50 Prozent.
Auch Frisöre berichten, dass eine Öffnung mit Negativ-Test seine Tücken hat. Kunden würden es sich gut überlegen, ob zwischen Arbeit, Familie und Haushalt noch der Weg zum Testzentrum drin ist, damit man dann zum Frisör gehen kann, erzählen viele. Im Friseursalon Curl haben die neuen Regelungen direkte Auswirkungen, berichtet Inhaber Patrick Friemel. "Ein gutes Drittel der Kunden haben ihren Termin abgesagt." Gerade in der Früh würden die Kunden ihren Friseurtermin nun streichen. "Weil sie es davor oder am Abend vorher nicht schaffen, einen Test zu machen", berichtet Patrick Friemel. Daneben gebe es die Kunden, die sich nicht testen lassen wollten oder wegen ihres Berufs bereits zwei-, dreimal wöchentlich getestet würden. Friemel: "Lehrer testen sich beispielsweise regelmäßig, erhalten aber dafür kein Zertifikat. Das sollte doch eigentlich reichen."
Für den Friseur ist der nötige Schnell- oder PCR-Test wieder ein herber Rückschritt. "Und das, wo wir sowieso schon um unsere wirtschaftliche Existenz kämpfen." Nach der Quadratmeterregelung hätten nur noch zwei statt fünf Kunden gleichzeitig in dem kleinen Friseurladen bedient werden können. "Damals haben wir unsere Öffnungstage auf sechs Tage ausgeweitet und sind in den Schichtbetrieb gegangen. Dennoch befinden sich die Mitarbeiter noch teilweise in Kurzarbeit." Nun würde der Rahmen, in dem ein wirtschaftliches Arbeiten möglich wäre, wieder kleiner gesteckt. Er würde sich wünschen, dass die Vorgaben aber ein wirtschaftliches Arbeiten ermöglichten. Friemel: "Dieser Zustand ist mental und körperlich anstrengend. Ständig muss man sich damit auseinandersetzen, ob es sich überhaupt noch rechnet oder ob man nicht gleich ganz zumacht."
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