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Augsburg: Augsburger Händler fühlen sich durch die Stadt gegängelt

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Augsburger Händler fühlen sich durch die Stadt gegängelt

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    Über die Gestaltung von Schaufenstern sind sich Stadt und Einzelhändler oft uneins.
    Über die Gestaltung von Schaufenstern sind sich Stadt und Einzelhändler oft uneins. Foto: Silvio Wyszengrad

    Schöne Geschäfte machen eine Stadt lebenswert, aber nicht immer haben Behörden und Geschäftsleute die selbe Vorstellung von Werbung und Außengestaltung. Im Fall des Schokoladengeschäfts „Hallingers“ führte das nun zu einer Geschäftsaufgabe: Die Inhaber der gleichnamigen „Genuss Manufaktur“ ärgerten sich so über die Stadt, dass sie ihre Filiale am Perlachberg schlossen und nach München gingen. Auch andere Einzelhändler klagen.

    "Der Stadt war das Logo zu groß und zu pink"

    An diesem Schaufenster entzündete sich eine Debatte zwischen Ladeninhaber und Stadt.
    An diesem Schaufenster entzündete sich eine Debatte zwischen Ladeninhaber und Stadt. Foto: Hallinger

    Patrick und Karin Hallinger betreiben seit 2011 die „Hallingers Genuss Manufaktur“ mit zwei Filialen in Landsberg. Weitere Geschäfte kamen in Bad Wörishofen und Kaufbeuren hinzu. Dann folgte Augsburg. Dort verkauften sie Schokolade, Pralinen und Tees am Rathausplatz. Nach einem Shop-in-Shop-Prinzip hatten sie beim Möbelanbieter Boconcept ihre eigene Verkaufsfläche. Die Produkte kamen so gut an, dass sie bald einen eigenen Laden eröffneten: am Perlachberg 5. Damit begann der Ärger. Laut Karin Hallinger hatten sie ihr Firmenlogo in den Farben Anthrazit und Pink in das Schaufenster geklebt – so wie in ihren anderen Filialen auch. „Doch der Stadt war das Logo zu groß und zu pink“, sagt die Unternehmerin. Auch bei Aktionen, die im Schaufenster beworben wurden, hätten sie Briefe von der Stadt erhalten. Den Chocolatiers verging die Lust auf ihre Filiale in der Fuggerstadt. Stattdessen wollen sie jetzt in München ihr Geschäft ausbauen.

    Wo aber lag eigentlich das Problem? Das Gebäude am Perlachberg befindet sich im Bereich des denkmalgeschützten Ensembles Altstadt Augsburg. „Veränderungen am Äußeren der Gebäude, damit auch die Anbringung von Fensterbeklebung, sind nach dem Denkmalschutzgesetz erlaubnispflichtig“, erklärt Baureferent Gerd Merkle. Im Fall Hallinger habe es keine Genehmigung gegeben. Das Geschäft sei gebeten worden, die Beklebung zu ändern. „Die Firma entfernte daraufhin sogar mehr von der Beklebung als gefordert wurde.“ Grundsätzlich werde im Einzelfall von der Unteren Denkmalschutzbehörde versucht, mit den Betroffenen einen Konsens herzustellen. Das ist auch das Ziel von Wolfgang Puff vom Einzelhandelsverband. Er empfiehlt Geschäftsleuten beim Verband Rat zu suchen, wenn es Unstimmigkeiten gibt. „Unsere Aufgabe ist es, Kontakt zu den Behörden aufzunehmen. Es sollte immer eine Lösung im Vordergrund stehen.“ Puff weiß um die Schwierigkeit des Themas auch aus anderen Städten. „Hier kollidieren Freizügigkeit mit Disziplin, die auch sein muss. Denkmalschutz ist immer schwierig, weil es hier keine objektiven Beurteilungsrichtlinien gibt.“ Die Schaufensterwerbung Hallinger sei wohl auch eine subjektive Bewertung gewesen.

    Wenn Sitzgelegenheiten plötzlich nicht mehr erlaubt sind

    Karin Hoschek, die am Perlachberg in ihrem Geschäft „Sisento“ italienische Schuhe verkauft, würde auch gerne einen großen Schriftzug im Schaufenster anbringen, weiß aber, dass sie nicht darf. „Wir haben keine Möglichkeit aufzufallen, von oben am Berg sieht uns kein Mensch.“ Die Einzelhändlerin wünscht sich von der Stadt mehr Unterstützung. „Wir wollen die Stadt doch beleben.“ Das will auch Agnès Derivery, die seit fünf Jahren ihre Chocolaterie „Bitter Süß“ führt. Ihre Kunden sitzen gerne an den beiden Tischen vor dem kleinen Geschäft am Holbein-Platz, trinken Kaffee und genießen die Idylle der Altstadt. Für die Tische und die weißen Holzbänke hat Derivery eine Genehmigung. Doch dann kam vergangenen Oktober ein Schreiben der Stadt, dass bankartige Sitzgelegenheiten nicht mehr erlaubt seien.

    „Ich wurde plötzlich als Gastwirtin betrachtet, dabei habe ich nur einen Schokoladenladen. Es sieht doch jeder, dass ich keine Bierbänke habe.“ Die Französin ließ die Sitzgelegenheiten stehen. „Vor ein paar Wochen bekam ich wieder ein Schreiben mit der Info, dass auf mich nun eine Strafzahlung zukommen wird.“ Derzeit sei sie in Verhandlung mit der Stadt. „Da will man es in der Altstadt schön machen und man hat nur Probleme.“ Die Einzelhändlerin ärgert sich. Für ein kleines Tischchen, auf dem zu Deko-Zwecken eine Pflanze stand, musste sie bereits 350 Euro Strafe zahlen, „weil es laut Stadt eine unangemeldete Sitzgelegenheit war.“

    Auch Schaufensterpuppen vor der Ladentür sind verboten

    Auch die Betreiberinnen der gegenüberliegenden Mode- und Kosmetik-Boutique „Salz des Lebens“, Petra Schütze und Inge Viel-Steller, fühlen sich am Geschäft gehindert. Sie dürfen ihre Schaufensterpuppe nicht vor den Ladeneingang stellen. Generell muss für alles, was auf öffentlicher Fläche aufgestellt wird, eine Erlaubnis zur Straßensondernutzung beantragt werden. Die Behörde richtet sich dann nach den vom Stadtplanungsamt erarbeiteten Gestaltungsrichtlinien für die Innenstadt beziehungsweise nach der vom Tiefbauamt erlassenen Straßensondernutzungssatzung.

    Laut Wolfgang Puff sei es kritisch, wenn Gegenstände auf Gehwegen Raum einnehmen. Aber an einer Hauswand sollte das nicht so eng gesehen werden. „In Augsburg ist man da eher genau.“ Im Allgäu gebe es Städte, die die Gratwanderung gut bewältigten. Nachdem das Geschäft der Hallingers am Perlachberg über Wochen hinweg leer stand, tut sich dort nun etwas: Noch ist die Ladentür geschlossen, das Schaufenster ist mit vielen Plakaten zugeklebt. Es wird eine „Handyklinik“ angekündigt.

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