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Augsburg: Augsburger Ex-AfD-Chef Steffen Müller wird wegen Beleidigung verurteilt

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Augsburger Ex-AfD-Chef Steffen Müller wird wegen Beleidigung verurteilt

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    Der Ex-Chef der Augsburger AfD wird von Rechtsanwalt Moritz Bode vertreten.
    Der Ex-Chef der Augsburger AfD wird von Rechtsanwalt Moritz Bode vertreten. Foto: Peter Fastl

    Am Ende der Gerichtsverhandlung geht Steffen Müller, früherer Chef der Augsburger AfD, als Angeklagter in die Offensive. Er sehe hier einen gewissen politischen Elan vonseiten der politisch weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft, meint er säuerlich. Zuvor hatte Staatsanwalt Gregor Hohenadl in seinem Plädoyer eine Verurteilung des Kommunalpolitikers gemäß der Anklage wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 14.000 Euro gefordert. Doch das Urteil fällt milder aus.

    Der 45-jährige Müller steht wegen eines Kommentars auf Facebook vor Gericht, der ihm zum Verhängnis wurde. Wie bereits mehrfach berichtet, war im September vergangenen Jahres in dem sozialen Netzwerk eine Diskussion um das Augsburger Klimacamp entbrannt. In dessen Verlauf wurde Lisa McQueen, Stadträtin der Satire-Partei "Die Partei", als Politikerin bezeichnet, deren einzige Qualifikation ihre dunkle Hautfarbe und ihr Geschlecht sei. McQueen sei "maximalpigmentiert", "weiblich biologisch" und inhaltlich gesehen ein "dünnes Brett", hieß es in dem Kommentar. Der Eintrag wurde schnell wieder gelöscht, doch zuvor hatte "Die Partei" davon Screenshots gemacht. Der einstige Augsburger AfD-Chef erklärte damals in einem Gespräch mit unserer Redaktion, dass er den Beitrag selbst verfasst hatte. Die 31-jährige Lisa McQueen erstattete Strafanzeige.

    Prozess gegen einstigen Augsburger AfD-Funktionär stößt auf Interesse

    Die wenigen Zuschauerplätze in dem Gerichtssaal im Justizgebäude sind am Donnerstagvormittag schnell besetzt. Mitglieder von "Die Partei" und Stadträtin Margarete Heinrich sind gekommen, um Lisa McQueen beizustehen, Steffen Müller wird von Parteimitgliedern, unter ihnen AfD-Fraktionschef Andreas Jurca, und Freunden unterstützt. Manche müssen vor der Tür warten, weil nichts mehr frei ist. Der Angeklagte (Verteidiger Moritz Bode) erklärt Richterin Teresa Freutsmiedl, wie es damals zu dem Schlagabtausch auf Facebook kam. Als AfD sei man in der Diskussion von einem Funktionär der Partei "Die Partei" als Rassisten und Nazis bezeichnet wurden.

    "Wir wollten das nicht auf uns sitzen lassen." Der Disput habe sich hochgeschaukelt, so dass es zu der Aussage kam - "zu der ich stehe", fügt Müller hinzu. Er habe Lisa McQueen nicht beleidigen wollen, sondern sich auf einen ihrer Wahlslogans aus der Oberbürgermeisterwahl bezogen. Dieser lautete "Schwärzer als die CSU". "Dass sie weiblich ist, ist klar", erklärt er seine Aussage weiter. Mit der Äußerung vom "dünnen Brett" habe er gemeint, dass die Kommunalpolitikerin politisch inhaltsarm arbeite.

    Zeugin Lisa McQueen: "Ich war geschockt"

    Richterin Freutsmiedl will wissen, warum Müller mit seinem Kommentar auf McQueen abzielte, die an der Facebook-Diskussion gar nicht beteiligt war, was der Zusatz "weiblich biologisch" sollte, warum er das Wort "maximalpigmentiert" wählte. Bisweilen wird sie schärfer im Ton. "Sie dachten, wenn man kritisiert, dann am besten über Hautfarbe und Geschlecht?", fragt sie provokant. Müller hat für alles eine Erklärung. Den Zusatz "biologisch" habe er als ironisches i-Tüpfelchen angeführt, da die Genderfrage derzeit ein Politikum sei, zu der die AfD kritisch stehe. "Maximalpigmentiert" sei für ihn ein neutraler und ein sozialwissenschaftlich gängiger Begriff, meint er. Bei der betroffenen Lisa McQueen kam der Facebook-Kommentar anders an, wie sie der Richterin erklärt. Geschockt sei sie gewesen, als sie von dem Beitrag erfahren habe. Sie habe sich beleidigt gefühlt. Verteidiger Moritz Bode hat an dieser Stelle einige kritische Fragen an die 31-Jährige.

    Stadträtin Lisa McQueen (Die Partei) hatte Strafanzeige gegen Steffen Müller (AfD) gestellt.
    Stadträtin Lisa McQueen (Die Partei) hatte Strafanzeige gegen Steffen Müller (AfD) gestellt. Foto: Peter Fastl

    Was sie mit dem Slogan "Schwärzer als die CSU" denn meine, ob man da nicht damit rechnen müsse, eine Diskussion auszulösen, ob denn der Begriff "maximalpigmentiert" nicht weniger schlimm sei als "schwarz"? "Warum musste Herr Müller überhaupt meine Hautfarbe bringen, ich verstehe da den Zusammenhang nicht", kontert McQueen. Bei dem Slogan "Der Partei" sagt sie, es gehe hier um Werte. Die Partei fühle sich christlicher und damit schwärzer als die CSU. Auf Nachhaken des Verteidigers räumt sie aber ein, dass man dies zweideutig verstehen könne, man sei schließlich eine Satire-Partei.

    Die Stimmung im Augsburger Gerichtssaal wird hitziger

    Die Stimmung im Saal, in dem es ohnehin schon warm ist, wird hitziger. "Ich habe den Eindruck, dass auf meinen Mandanten 'Feuer frei' gilt", kritisiert der Verteidiger, der Freispruch fordert. Er sieht weder den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, noch eine Beleidigung vorliegen. Er sehe nur, dass sich alle Rohre gegen Steffen Müller richteten, weil er bei der AfD sei. Die Richterin kommt weder ihm noch der Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung zu 140 Tagessätzen je 100 Euro forderte, nach.

    Sie verurteilt Müller lediglich wegen Beleidigung zu 9000 Euro Geldstrafe. Ihr habe der Angriff auf die Menschenwürde gefehlt, was ein Tatbestandsmerkmal der Volksverhetzung sei, erklärt sie ihre Entscheidung. Sie bewertet den Kommentar nicht als einen derart massiven Angriff, dass man von einer Volksverhetzung ausgehen könne. Gleichwohl gehe es hier nicht um einen politischen Meinungskampf, sondern um Beleidigung. "Sie waren Kommunalpolitiker, sie sollten Verständnis haben, dass man nicht beleidigt werden möchte. Stattdessen greifen Sie eine Politikerin an, die sich in ihrer freien Zeit für den Stadtrat engagiert", redet sie Müller ins Gewissen.

    Hören Sie dazu auch unseren Podcast:

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