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Augsburg: Aufregung um gefällte Bäume im Stadtjägerviertel

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Aufregung um gefällte Bäume im Stadtjägerviertel

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    Mehrere Bäume sind am Freitagmorgen im Stadtjägerviertel gefällt worden. Das ehemalige Telegrafenamt soll in Wohnungen umgebaut werden.
    Mehrere Bäume sind am Freitagmorgen im Stadtjägerviertel gefällt worden. Das ehemalige Telegrafenamt soll in Wohnungen umgebaut werden. Foto: Silvio Wyszengrad

    Sarah Nikolai sagt, sie habe weinen müssen. Zu sehen, wie vor ihren Augen ein Baum nach dem anderen gefällt wird, das hat die Anwohnerin mitgenommen. Aufregung herrschte am Freitagmorgen in der Stadtjägerstraße. Am ehemaligen Telegrafenamt wurden rund 15 Bäume gefällt und noch an Ort und Stelle zerhäckselt. Sogar die Polizei rückte deshalb im Stadtjägerviertel an. Eine weitere Anwohnerin hatte nämlich in der Früh die Beamten informiert.

    Frau rief Polizei ins Augsburger Stadtjägerviertel

    Laut Polizei wollte die Frau wissen, ob es seine Richtigkeit habe, dass die alten Bäume beseitigt werden. Über 50 Jahre, so schätzen Anwohner in der Straße, sollen die Birken und Pappeln da schon gestanden haben. Manche von ihnen hätten das große Gebäude sogar überragt. 15 bis 20 Meter hoch seien sie zum Teil gewesen. Wenige Stunden später sind von den hohen Bäumen nur noch Äste und zerteilte Stämme übrig. Noch vor Ort werden sie durch eine Häckselmaschine getrieben, damit sie verheizt werden können. Laut rattert die Maschine, als ein Baumstück nach dem anderen im Trichter verschwindet.

    Der 30 Jahre alten Sarah Nikolai und ihrem Vater Werner, die in einem der Häuser gegenüber wohnen, tut der Anblick in der Seele weh. „Ich bin mit den Bäumen aufgewachsen. Und jetzt sind sie einfach weg“, sagt die Tochter fassungslos. Ihr Vater meint grimmig: „Ich gehe davon aus, dass wir in nächster Zeit hier keine Buntspechte mehr haben werden“. Diese hätten in den Pappeln immer gebrütet. „Und das alles für diese Luxuswohnungen“, merkt er an. Das ehemalige Fernmeldegebäude, in dem einst die Post, später der Zoll und zuletzt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beheimatet waren, ist ein ambitioniertes Bauprojekt.

    Was Klaus Bau in Stadtjägerviertel plant

    Dahinter steht das Bauunternehmen Klaus Bau, das in Augsburg mehrere Großprojekte umsetzt. Das einstige Hasenbräu-Areal in der Innenstadt zählt dazu, wie auch der neu entstandene Wohnungskomplex in der Georgenstraße im Domviertel. Das aktuelle Projekt in der Stadtjägerstraße 10 aber wird wohl eines der aufwendigsten Bauvorhaben des Unternehmens in Augsburg. Der Gebäudekomplex mit der Klinkerfassade aus den 20er-Jahren muss in seiner baulichen Grundstruktur erhalten bleiben. In dem historischen Carré sollen Eigentumswohnungen in verschiedenen Größen entstehen. Es geht um individuelle Wohnformen. Vorgesehen sind etwa 30 Quadratmeter große Singlewohnungen, Loft- und Atriumwohnungen mit bis zu 160 Quadratmetern, Townhouses und Atelier-Häuser. Die Baugrundfläche beträgt etwa 12.500 Quadratmeter. Rund 100 Einheiten sollen darauf entstehen. Das Bauwerk ist denkmalgeschützt. Aber was ist mit den Bäumen, die vor dem Anwesen am Freitag gefällt wurden?

    Sarah Nikolai und ihr Vater Werner wohnen in der Nachbarschaft. Sie sind traurig, dass die Bäume fehlen. Die Arbeiter gaben ihnen ein Stück Stamm als Erinnerung.
    Sarah Nikolai und ihr Vater Werner wohnen in der Nachbarschaft. Sie sind traurig, dass die Bäume fehlen. Die Arbeiter gaben ihnen ein Stück Stamm als Erinnerung. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Polizei musste hier selbst erst einmal Erkundigungen einziehen. Laut Polizeisprecherin Maria Enslin kam dabei heraus, dass die Bäume entsprechend den städtischen Regelungen und mit einer Genehmigung entfernt worden seien. Das wird auch vonseiten des Bauunternehmens Klaus Bau betont. Wie Gregor Schmidt, Projektleiter der Stadtjägerstraße 10 berichtet, unterliegen Birken und Pappeln nicht der Baumschutzverordnung. Die Fällung sei also völlig rechtskonform gewesen. Ein Blick in den Baum-Leitfaden der Stadt Augsburg bestätigt das.

    „Zudem haben wir im Vorfeld natürlich das Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen (AGNF) sowie die Untere Naturschutzbehörde informiert.“ Gregor Schmidt sagt, man sei sich bewusst, dass Baumfällungen ein sensibles Thema sind. „Das verstehen wir auch, aber wir machen die Bäume nicht völlig grundlos weg.“ Wegen Rückbaumaßnahmen hätten die Pappeln und Birken weichen müssen. Man werde beizeiten mit der Stadt auch eine Ersatzpflanzung absprechen, ergänzt Schmidt.

    Skepsis angesichts des Augsburger Wohnprojekts überwiegt

    Bürger zeigen sich immer wieder alarmiert, wenn in der Stadt Bäume gefällt werden. Als in Göggingen vor vier Jahren quasi über Nacht zwei über 100 Jahre alte Kastanien und ein Spitzahorn in der Bürgermeister-Aurnhammer-Straße umgeschlagen wurden, war die Empörung unter Bürgern groß. Die Bäume waren zuvor bei Arbeiten beschädigt worden. Man entfernte sie dann aus Sicherheitsgründen. Auch das Fällen mehrerer Bäume vor dem Hauptbahnhof im Jahr 2017 stieß bei etlichen Augsburgern auf Unverständnis. Zumal diese Bäume unter Schutz standen.

    In der Stadtjägerstraße 10 sollen die ersten Wohnungen voraussichtlich in etwa vier bis fünf Jahren bezugsfertig sein. Die Familie Nikolai, die seit rund 30 Jahren in der Straße lebt, sieht dem Projekt mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich bin gespannt, was hier passiert. Ich wäre nicht begeistert, wenn hier so neureiche Münchner herziehen“, meint der 67-jährige Werner Nikolai. Seine Tochter fügt etwas zynisch hinzu: „Ich bin gespannt, wann sich die ersten über Verkehr und Lärm durch den Plärrer beschweren“. Die Skepsis überwiegt.

    Über eine Geste freuen sich die beiden am Freitagvormittag dann aber doch noch. Ein Arbeiter der beauftragten Baumpflegefirma reicht ihnen noch zwei Stücke Birkenstämme über den Gartenzaun – als Erinnerung. Sarah Nikolai hatte darum gebeten. „Die stelle ich als Andenken in unseren Garten.“ Eines der beiden Holzstücke hat sogar eine Herzform. Zumindest ein kleiner Trost für sie.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: In der Stadt ist jeder Baum wichtig

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