Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Arbeit im Verborgenen: Wie schlagen sich Augsburgs Referenten?

Augsburg

Arbeit im Verborgenen: Wie schlagen sich Augsburgs Referenten?

    • |
    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und ein Teil ihres neuen Referententeams bei der konstituierenden Sitzung im Mai 2020.
    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und ein Teil ihres neuen Referententeams bei der konstituierenden Sitzung im Mai 2020. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Kleines Quiz zum Start: Würden Sie Augsburgs Sozialreferenten Martin Schenkelberg oder seinen Wirtschaftskollegen Wolfgang Hübschle auf der Straße erkennen? Nein? Kein Wunder, genau das ist ein Problem der neuen Augsburger Stadtspitze: Während Referenten die ersten Monate ihrer Amtszeit normalerweise nutzen, um Termine wahrzunehmen und Leute kennenzulernen, lief das "Jahr eins" von Schwarz-Grün weit gehend virtuell – und damit für viele Referenten abseits öffentlicher Wahrnehmung. Dabei hätte man die Neuen – es gibt immerhin sechs – gerne in Aktion erlebt nach aller Kritik, die es an der Besetzung dieser Posten zunächst gab. Ein Jahr später ist sie zwar abgeebbt, doch es gibt Probleme, die erst nach dem Ende der Pandemie sichtbar werden dürften.

    Augsburgs neue Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) hatte nach ihrer Wahl im März 2020 eines schnell deutlich gemacht: Sie ist keine Verfechterin von Kooperationen aus alter Verbundenheit. Die SPD, vorher sechs Jahre lang Koalitionspartner der Christsozialen, würde in der neuen Amtsperiode als Regierungspartei keine Rolle mehr spielen. Man einigte sich auf ein schwarz-grünes Bündnis, in das der kleinere Koalitionspartner selbstbewusst mit Personalforderungen eintrat. Der Grünen-Politiker Reiner Erben, schon zuvor sechs Jahre Umweltreferent, sollte seinen Posten behalten, die bisherige Grünen-Fraktionschefin Martina Wild beanspruchte ihrerseits das Bildungsreferat.

    Die Grünen forderten in Augsburg die Ausschreibung zweier Posten

    Die Grünen waren es auch, die bei der Besetzung zweier Ressortleitungen einen neuen Weg einschlagen wollten: Die Bereiche Soziales sowie Sport und Kultur sollten ausgeschrieben und damit der Weg für externe Bewerber freigemacht werden. Die CSU willigte ein und gab damit einerseits den bisherigen Sozialreferenten Stefan Kiefer (SPD) preis, andererseits ihren eigenen Mann Thomas Weitzel, der zwar für die CSU in den Wahlkampf gezogen war, aber nicht wie erwartet abgeschnitten hatte. Dirk Wurm, bislang Ordnungsreferent, war als SPD-Politiker da bereits für die künftige Referentenriege ausgeschieden.

    Jürgen Enninger ist Augsburgs Referent für Kultur und Sport.
    Jürgen Enninger ist Augsburgs Referent für Kultur und Sport. Foto: Silvio Wyszengrad

    Diese klaren, aber kompromisslosen Entscheidungen riefen Verletzungen hervor, die teils noch nicht verheilt sind und in politischen Diskussionen immer wieder zutage treten. Dennoch scheint die Koalition bei der Besetzung der Referate aus heutiger Sicht weit gehend ein gutes Händchen bewiesen zu haben. Jürgen Enninger, zuständig für das neu geschaffene und außerhalb Corona-Zeiten arbeitsaufwendige Kultur- und Sportreferat, bekommt von vielen Akteuren Zuspruch. Er sei ein Mensch, der zuhören könne und vorbereitet, aber unvoreingenommen, in Gespräche gehe.

    Lob kommt selbst aus der Kulturszene, die wirtschaftlich gerade leidet, sich aber selbst in Zeiten, in denen jeder sein Auskommen hätte, nicht grün ist. Enninger, heißt es, habe sich selbst für die härtesten Kritiker städtischer Strukturen Zeit genommen. "Das kennt man von früher so nicht", sagt einer. Auch die Sportfunktionäre halten ihn für fleißig und willens, sich in Themen einzuarbeiten, so gut dies unter Corona-Bedingungen eben ginge. Kritik wird lediglich verholen geäußert: Noch habe sich Enninger nicht freigeschwommen, er sichere sich lieber mehrfach in der Verwaltung ab, bevor er Entscheidungen treffe.

    Martin Schenkelberg war zuvor in kommunalen Spitzenverbänden als Jurist tätig und ist nun Augsburgs Sozialreferent.
    Martin Schenkelberg war zuvor in kommunalen Spitzenverbänden als Jurist tätig und ist nun Augsburgs Sozialreferent. Foto: Silvio Wyszengrad

    Mit gerade 40 Jahren erhielt Martin Schenkelberg (CSU) die Zusage für den Posten des Sozialreferenten und wechselte etwas verspätet im September von Ansbach nach Augsburg. Zuvor war der Rheinländer in kommunalen Spitzenverbänden als Jurist tätig. Er wolle sich als Anwalt der Schwachen in der Stadtregierung stark machen und dafür eng mit Bildungsbürgermeisterin Martina Wild zusammenarbeiten. Engagiert trat Schenkelberg seinen neuen Job an, setzte sich für die Öffnung der Jugendhäuser ein, als viele andere Einrichtungen in Bayern bereits geschlossen hatten, und rief einen runden Tisch zusammen, der über die Ausweitung der Besuchsregeln in Augsburger Altenheimen diskutiert. Sein Bemühen wird von den Akteuren aus dem sozialen Bereich honoriert, oft wirke der Sozialreferent allerdings noch zu zaghaft, heißt es. Auch wenn er das ambitionierte Unterstützungskonzept für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene umsetzen will, das er gerade erst gemeinsam mit Martina Wild vorgestellt hat.

    Aus Wirtschaft und Finanzen wurden zwei in Augsburg Referate

    Nicht nur personell, auch im Zuschnitt der Referate gab es mit Eva Weber Änderungen. Das mächtige Wirtschafts- und Finanzreferat, das die neue Oberbürgermeisterin unter ihrem Vorgänger Kurt Gribl selbst verantwortet hatte, wurde nach ihrer Wahl wieder zu zwei eigenständigen Ressorts. Das Thema Finanzen übergab Weber an den langjährigen Verwaltungsmitarbeiter Roland Barth, der Augsburgs Finanzen kennt wie kaum ein anderer. In die Politik wollte er nie, vielleicht ist er auch deshalb frei von jeglichem Geltungsdrang. Barth wirkt souverän, sucht selbst auf schwierige Fragen Antworten und kann gleichzeitig zugeben, wenn er keine hat. Mitten in der Pandemie hat er sein Amt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt übernommen, das Geld ist überall noch knapper, als es vorher bereits war. In Sitzungen wirkt er trotz dieser Unwägbarkeiten stets aufgeräumt und souverän.

    Und Wirtschaftsreferent Hübschle? Er ist ein Augsburg-Rückkehrer, den es nach Erfahrungen in Ausland und Wirtschaftsministerium vor allem aus persönlichen Gründen wieder an seine einstige Wirkungsstätte zurückzog. Sein großer Vorteil sei, dass er Augsburgs Akteure von früher kenne, die Stadt nun aber zusätzlich durch seine exzellenten Verbindungen in Ministerien und hohe Gremien voranbringen könne. "Er ist keiner, der in einer einzigen Behörde ständig eins weiter rückte. Er hat unterschiedliche Erfahrungen gemacht, was sich positiv auf sein Fachwissen auswirkt", heißt es aus Wirtschaftskreisen. Insider loben sein "profundes Wissen", das ihm auch bei schwierigen Themen wie Firmeninsolvenzen oder Stellenabbau nützlich sei. Hübschle, heißt es, engagiere sich stark für die Stadt und die Menschen und stehe für eine offene Kommunikation.

    Nur wenige Referenten stehen derzeit in der Öffentlichkeit

    Während vieles hinter Bürotüren abläuft, stehen einige Referenten durch die Pandemie eher im Fokus. Man sieht sie in Pressekonferenzen zur Corona-Lage, einige wirken dabei souverän, andere schneiden schlechter ab. An Grünen-Politiker und Gesundheitsreferent Reiner Erben gab es während der Pandemie häufig Kritik. Er hatte das Gesundheitswesen nach der Wahl erst übertragen bekommen – was Referatszuschnitte und die personellen Zuständigkeiten betrifft, war dies eine der fragwürdigsten Entscheidungen von Oberbürgermeisterin Eva Weber. Immer häufiger schien deshalb zuletzt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) das Wort zu übernehmen, wenn es um Corona-Regelungen, Restriktionen und andere Pandemie-Themen ging. Im Gegensatz zu Erben argumentiert Pintsch klar und schlüssig und lässt sich selbst in schwierigen Situationen nicht aus der Ruhe bringen. In Pintsch setzen viele Bürger deshalb das Vertrauen, die Lage zumindest einigermaßen im Griff zu haben.

    Augsburgs Gesundheitsreferent Reiner Erben musste während der Corona-Krise immer wieder Kritik einstecken.
    Augsburgs Gesundheitsreferent Reiner Erben musste während der Corona-Krise immer wieder Kritik einstecken. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Wie schlagkräftig die neue Referentenriege ist, wird sich erst richtig zeigen, wenn die Pandemie vorbei ist. Denn dann wird es darum gehen, die gesteckten Ziele umzusetzen. Gespannt darf man auf das Ressort von Bildungsreferentin Martina Wild sein: Lob erhält sie vonseiten der Schulen in Sachen Kommunikation. Sie sei im Gegensatz zu ihrem Vorgänger erreichbar und stelle sich den Herausforderungen. Ändern konnte sie jedoch bislang nicht viel – der Sanierungsstau in den Schulen ist ja noch da, wenn er durch Home-Schooling und Wechselunterricht zuletzt auch nicht im Vordergrund stand. Im Bereich Migration wiederum hat die Krise Risse in der Gesellschaft offen gelegt. Viele Menschen – egal welcher Herkunft – leben zwar in Augsburg, nehmen aber nicht aktiv am Stadtgeschehen teil. Dies zu ändern, dürfte eine der größten Herausforderungen werden.

    Auch im Bereich von Baureferent Gerd Merkle – CSU-Mitglied, enger Vertrauter und Freund von Oberbürgermeisterin Eva Weber und deshalb von Anfang an als Referent gesetzt – gibt es in den kommenden Jahren wegweisende Entscheidungen zu treffen. Eine Stadt, die nicht genügend Wohnraum für ihre Bürger bieten kann, deren Verkehrsplanung größtenteils noch aus den Strukturen vergangener Jahrzehnte stammt, muss umdenken. Merkle hat diesen Prozess mit in die Wege geleitet, zu Ende führen wird er ihn nicht: Er hatte schon zu Beginn der neuen Amtsperiode angekündigt, sich nach drei Jahren ins Privatleben zurückzuziehen. Der Referent eröffnet der Stadt damit auch Chancen: Ein jüngerer Nachfolger kann alte Probleme mit neuen Lösungsansätzen angehen.

    Oberbürgermeisterin Eva Weber war zu Gast im Podcast "Augsburg, meine Stadt". Hier können Sie das Gespräch anhören:

    Das könnte Sie auch interessieren:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden