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Augsburg: Ärger vor Bar in Maxstraße: Wie Polizisten im Einsatz vorgehen

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Ärger vor Bar in Maxstraße: Wie Polizisten im Einsatz vorgehen

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    Ein Blick von oben auf den Zwischenfall in der Maximilianstraße. Dabei waren am Freitagabend zahlreiche Polizeistreifen im Einsatz gewesen.
    Ein Blick von oben auf den Zwischenfall in der Maximilianstraße. Dabei waren am Freitagabend zahlreiche Polizeistreifen im Einsatz gewesen. Foto: Screenshot Youtube

    Der Polizeieinsatz, der am Freitagabend vor dem Café Corso in der Maximilianstraße eskaliert ist, hat ein Nachspiel. Auf alle Fälle für Wirtin Katharina Ertl und ihre Mutter, möglicherweise aber auch für die Polizei. Das Verhalten beider Seiten wird derzeit rege diskutiert. Laut Polizei ist es jedoch nichts Ungewöhnliches, dass Beamte bei Einsätzen auch unmittelbaren Zwang anwenden müssen, wenn es die Situation erfordert. Bemerkenswert ist allerdings, dass eine Gastronomin im Fokus steht.

    Seit über 30 Jahren gibt es das Café Corso in der Maxstraße, Katharina Ertl hat es seit kurzem gepachtet. Warum die Situation am Freitag gegen 23.30 Uhr vor der Bar eskalierte, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Auf den Videos, die im Internet kursieren, ist deutlich zu sehen und zu hören, wie erhitzt und aggressiv die Stimmung vor Ort gewesen sein muss. Bilder zeigen das raue Handgemenge zwischen Wirtin Katharina Ertl, deren Mutter und den Polizeibeamten. Beide Seiten gehen nicht zimperlich miteinander um. Die Menge im Hintergrund schreit empört, es wird gegen Tische und Stühle getreten.

    Im Cafe Corso an der Maximilianstraße kam es in der Nacht auf Samstag zu Auseinandersetzungen zwischen der Wirtin und der Polizei.
    Im Cafe Corso an der Maximilianstraße kam es in der Nacht auf Samstag zu Auseinandersetzungen zwischen der Wirtin und der Polizei. Foto: Silvio Wyszengrad

    "Jede Einsatzsituation in Menschenmengen ist schwierig", sagt Polizeisprecher Michael Jakob zum aktuellen Fall und ergänzt: "Ein Einschreiten in Menschenmengen, die sich mit dem polizeilichen Gegenüber solidarisieren, erfordert immer ein Höchstmaß an Einsatztaktik." Die Einsatzkräfte müssten sich nicht nur auf das unmittelbare Gegenüber konzentrieren, sondern auch auf die Umstehenden. "Davon musste allerdings zu Beginn dieses Einsatzes nicht ausgegangen werden", sagt Jakob. Schon eine Stunde zuvor hatte die Polizei am dicht besetzten Herkulesbrunnen gegen Nachtschwärmer Platzverweise aussprechen müssen. Sie hatten den derzeit geltenden Mindestabstand missachtet. Trotz Feierlaune hätten sich die Leute einsichtig gezeigt. Erst später wurde die Polizei dann vom Ordnungsdienst zum Café Corso gerufen.

    Der städtische Ordnungsdienst rief die Polizei

    Die städtischen Mitarbeiter hatten an der Bar eine Lärmbelästigung und Verstöße im Rahmen des Ausschankes festgestellt. Was genau die Wirtin missachtet haben soll, wird nicht präzisiert. Vonseiten der Stadt heißt es, dass zu laufenden Verfahren keine Auskunft gegeben werden könne. Wie im Polizeibericht steht, habe sich die Wirtin gegenüber dem Ordnungsdienst uneinsichtig gezeigt. Offenbar kam Ertl der Aufforderung, den To-Go-Verkauf einzustellen, nicht nach. Vielmehr soll sie den Ordnungsdienst verbal angegangen haben. Deshalb wurde die Polizei gerufen. Dass die Situation dann derart eskaliert, damit hatten die Beamten wohl nicht gerechnet.

    "Als die Einsatzsituation kritisch wurde, waren innerhalb kürzester Zeit Unterstützungsstreifen vor Ort", erläutert der Polizeisprecher. Die Polizei habe zwar, wie es immer wieder mal vorkomme, unmittelbaren Zwang anwenden müssen, so Jakob. "Aber sie hatte die Lage aufgrund der Anzahl an Einsatzkräften in kurzer Zeit im Griff." Situationen wie diese zu bewältigen, ist auch ein Teil der Ausbildung der Polizeibeamten und -beamtinnen in Bayern. Zweieinhalb Jahre dauert sie. Kommunikations- und Deeskalationstraining spielt bei dem Lehrinhalt eine zentrale Rolle, erklärt Herbert Gröschel, Sprecher der Bayerischen Bereitschaftspolizei.

    Polizisten werden auch für schwierige Einsätze ausgebildet. Dazu gehören Situationen wie am Freitagabend in der Maxstraße.
    Polizisten werden auch für schwierige Einsätze ausgebildet. Dazu gehören Situationen wie am Freitagabend in der Maxstraße. Foto: Bernd Hohlen

    Bei praktischen Übungen würden zahlreiche unterschiedliche Szenarien durchgespielt. "Dabei geht es auch um Details wie: wie spricht ein Polizist im Einsatz eine Person an, wie geht er mit Betrunkenen, wie mit Hilfsbedürftigen, wie mit ethnischen Minderheiten, wie mit einem aggressiven Gegenüber um? Muss er von ihm einen Angriff erwarten oder ist dieser einfach nur ärgerlich und deshalb lautstark?"

    Binnen kürzester Zeit müssen die Polizisten die Situation einschätzen und entsprechend umsichtig und deeskalierend reagieren. Gröschel spricht von erlernten Mechanismen und einem breiten Fachwissen, welche ein Polizist innerhalb von Sekunden bei einem Einsatz abrufen und so eine Lagebeurteilung durchführen muss. Der Erste Polizeihauptkommissar will und kann den Einsatz in der Maximilianstraße überhaupt nicht beurteilen. Er erklärt aber das Instrument des "unmittelbaren Zwangs".

    Dieser kann zum Einsatz kommen, wenn Kommunikation und Deeskalation nicht mehr fruchten. Dann müssen polizeiliche Maßnahmen durchgesetzt werden. Beim unmittelbaren Zwang gibt es laut Gröschel verschiedene Stufen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit, beginnend mit körperlicher Gewalt (schieben, drücken, gezielter Schlag) oder dem Einsatz von Pfefferspray. Im äußersten Fall kann von einer Waffe Gebrauch gemacht werden.

    "Die Auszubildenden werden dazu regelmäßig geschult und geprüft. Das Ausbildungspersonal beobachtet und bewertet genau, wie sich ein Beamter entwickelt." Die Ausbildung sei anspruchsvoll. Gröschel zufolge kommt es immer wieder vor, dass angehende Polizeibeamte Ausbildungsabschnitte wiederholen müssten oder die Ausbildung gar nicht bestehen.

    Erster Polizeihauptkommissar Herbert Gröschel
    Erster Polizeihauptkommissar Herbert Gröschel Foto: Bereitschaftspolizei Bayern

    Darf man Polizisten im Einsatz filmen?

    Bei der Vorbereitung auf ihren Arbeitsalltag werde der Nachwuchs auch auf das Thema "Videos während eines Einsatzes" sensibilisiert. Schließlich filmen heutzutage Privatpersonen mit ihren Handys jegliche Einsätze. "Wir sind uns alle einig, dass Filmende nicht die Maßnahmen der Polizei beeinflussen dürfen", betont Gröschel. Alles andere wäre fatal. Auch am Freitagabend in der Maximilianstraße haben einige Zuschauer ihre Smartphones gezückt. "Ich darf filmen. Ich habe das Recht zu filmen," hört man etwa in einer Videoaufnahme einen Mann sagen. Inwieweit stimmt das? "Grundsätzlich ist das nicht verboten, wenn der Film eine Übersichtsaufnahme eines polizeilichen Einsatzgeschehens ist", meint Polizeisprecher Michael Jakob. Herausgelöste Porträtaufnahmen, auf denen nur ein einzelner Beamter zu erkennen ist, dürften hingegen nicht veröffentlicht werden.

    Die Videos von dem Abend zeigen eine hitzige und unübersichtliche Gemengelage. Sie erfassen aber nicht die Gesamtsituation. Der Einsatz endete mit einer verletzten Wirtin, ihrer verletzten Mutter und vier verletzten Polizisten. Gegen die beiden Frauen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Auch der Polizeieinsatz beschäftigt die Ermittler. In einem sogenannten Vorermittlungsverfahren wird laut Staatsanwaltschaft Augsburg geprüft, ob überhaupt ein Anfangsverdacht für eine Straftat bestehe. Eines steht jedoch fest: Über diesen Einsatz wird in Augsburg noch länger gesprochen.

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