Susanne Busch lebt in Dickelsmoor, einem Friedberger Stadtteil, und damit in unmittelbarer Nähe zum Augsburger Flughafen. Seit Jahren engagiert sie sich gegen Fluglärm, der für Anwohner eine extreme Belastung darstelle. Dass jetzt die Firma Airbus Helicopters zusätzliche Einweisungsflüge am Airport vornimmt, ist für Susanne Busch in dieser Form nicht hinnehmbar: "Das ist der Wahnsinn, was jetzt da passiert." Wieder einmal seien die Anwohner zudem vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Der Raum Augsburg sei aus ihrer Sicht nicht der Ort, um diese Form von Hubschrauberflügen zuzulassen.
Leticia Bühler lebt im Augsburger Norden. Sie besucht die zehnte Klasse und schildert ihre persönlichen Erfahrungen: "Ich musste in der Vorwoche den Homeschooling-Unterricht abbrechen. Riesige Militärhubschrauber flogen stundenlang über unser Haus, das vier Kilometer vom Flughafen entfernt liegt." Die Hubschrauber seien sehr tief geflogen und seien so laut gewesen, "dass ich mich nicht einmal mehr mit meiner Mutter unterhalten konnte. Ein Austausch mit dem Lehrer war nicht mehr möglich." Dies sei gerade jetzt sehr ungerecht: "Homeschooling ist für uns nicht gerade einfach, zumal ich mich auch noch auf die Abschlussprüfungen vorbereiten muss."
Dass das Unternehmen Airbus Helicopters Piloten schule, wenn neue Hubschrauber verkauft werden, sei nachvollziehbar, sagt Susanne Busch. Es stelle sich jetzt aber die Frage, warum das bereits bestehende Angebot in massiver Weise ausgeweitet werde. Bislang war es so, dass Hubschrauber für Schulungszwecke auch in Augsburg starteten, um danach nach Lagerlechfeld zu fliegen. Am Fliegerhorst fand das Spezialtraining statt. Airbus Helicopters will jetzt mehr Flüge in Augsburg selbst durchführen. In welcher Größenordnung dies geschehen werde, wird vom Unternehmen nicht näher beantwortet. Auch Peter Bayer, Geschäftsführer des Augsburger Flughafens, macht dazu keine Angaben. Es gebe jedoch Regelungen, wie die Einweisungsflüge abzulaufen haben. Dazu gehört, dass nur werktags geflogen und die Mittagsruhe eingehalten werde. Susanne Busch kann diese Aussage nicht beruhigen: "Es gab die ersten Flüge. Und man kann sich gar nicht vorstellen, wie laut es war."
Fluglärm: Aus Mühlhausen kommen massive Klagen
Wer im Affinger Ortsteil Mühlhausen wohnt, der ist Fluglärm gewohnt. "Das ist manchmal nervig", sagt Gerhard Faltermeier: "Aber jetzt hat es sich massiv geändert." Die Lärmbelästigung habe in den vergangenen Wochen durch die Hubschrauber-Einweisungsflüge extrem zugenommen. So schlimm habe er das seit den Zeiten, als es am Augsburger Flughafen noch Linienverkehr gab, nicht mehr erlebt beziehungsweise gehört. Der Gemeinderat wohnt im Norden von Mühlhausen, ist also relativ weit von der Landebahn entfernt. Faltermeier hat sich die Situation vor Ort am Platz angeschaut und widerspricht den Angaben des Airbus-Pressesprechers zum Flugbetrieb.
Zum einen seien teilweise drei Hubschrauber gleichzeitig in der Luft gewesen und nicht nur einer. Zwei seien auf einer Platzrunde gewesen, und ein Dritter habe an der Landebahn Flugmanöver wie den Schwebeflug ausgeführt. Und zweitens werde die Platzrunde nicht, wie vom Airbus-Sprecher beschrieben, grundsätzlich südlich des Flughafengeländes und an der Autobahn geflogen. Laut Faltermeier drehen Maschinen ihre Runden nördlich des Airports rund um Mühlhausen und zurück über die Lechleite. Der Ort werde also rundum beschallt, aber allein die Flugmanöver am Platz selbst seien schon penetrant und extrem weit zu hören. Gerhard Faltermeier berichtet von einer Reihe von Beschwerden aus der Bevölkerung und will den Hubschrauberlärm zum Thema auf der nächsten Affinger Gemeinderatssitzung machen.
Flughafen Augsburg: Die Emotionen schlagen sehr hoch
Der Affinger Bürgermeister Markus Winklhofer geht davon aus, dass diese Beobachtungen und diese Runden nichts mit den Einweisungsflügen von Airbus zu tun haben und es sich um andere Hubschrauber handelt, die derzeit am Platz fliegen. Die Emotionen bei den Anwohnern würden hochschlagen, und er könne das sehr gut verstehen, sagt Winklhofer. Die Erwartungen seien sehr hoch und würden nicht unbedingt zum "Machbaren" für die Kommunalpolitik passen, sagt Winklhofer. Bei einem Informationsgespräch habe Airbus die Bürgermeister und Vertreter der angrenzenden Kommunen über die Flüge in Kenntnis gesetzt. Die seien auf einem Verkehrslandeplatz zulässig.
Für Susanne Busch liegt der Verdacht nahe, dass Augsburg zu einem großen Schulungszentrum von Airbus Helicopters ausgebaut werde. Man habe die Dinge intern eingefädelt, sagt sie. Frühzeitige Informationen gelangten nicht an die Öffentlichkeit. "Wir müssen dies jetzt schlucken." Man hätte das Thema, das viele Bewohner im Umfeld des Flughafens betreffe, viel intensiver abwägen müssen. Susanne Busch spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Alleingang des Flughafen-Geschäftsführers.
Das sagt Augsburgs Wirtschafsreferent zum Thema Lärm
Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle lässt diese Aussage nicht gelten. "Es gehört zum Geschäft eines Flughafen-Geschäftsführers, sich um Starts und Landungen zu kümmern." Dies sei eine Angelegenheit des Flughafens. Das Thema des erweiterten Schulungsbetriebs sei jedenfalls nicht frisch aufgeschlagen. Dem Vernehmen nach gab es entsprechende Informationen in der Aufsichtsratssitzung im Dezember. Hübschle verweist aber auch auf die wirtschaftliche Komponente: "Für Airbus Helicopters ist es wichtig, seine Produkte zu verkaufen." Der Flughafen Augsburg erbringe hier seinen Anteil. Wenn über Lärmbelästigungen geklagt werde, müsse man sehen, dass die Grenzwerte deutlich unterschritten würden.
Laut Flughafen-Chef Bayer wäre es gar nicht möglich, das Ansinnen von Airbus Helicopters abzubügeln: "Ich kann nicht einfach sagen, du darfst hier nicht fliegen." Es gebe eine öffentliche Betriebspflicht. Nicht zuletzt wegen öffentlicher Fördergelder, die der Flughafen in der Vergangenheit bezogen habe. Die von Susanne Busch geäußerte Kritik am durch Hubschrauber-Schulungsflüge entstehenden Fluglärm hält der Flughafen-Chef für überzogen.
Susanne Busch, die frühere Vorsitzende der Initiative "Stoppt Fluglärm", sagt, dass Anwohner vor allem wegen der extrem lauten Hubschrauberflüge genervt seien. "Das geht teils über Stunden, wir können nicht mehr atmen." Gegenwärtig muss man davon ausgehen, dass die Zahl der Hubschrauberflüge am Flughafen weiter zunehmen werden. Airbus Helicopters will nach eigenen Angaben das Schulungsprogramm immer dann komplett in Augsburg durchziehen, wenn in Lagerlechfeld keine Möglichkeit dazu bestehe.
Die Zahl der Hubschrauberflüge steigt
Im Vorjahr gab es am Augsburger Flughafen laut Bayer insgesamt 43.755 Flugbewegungen. In dieser Zahl wird jeder einzelne Start und jede Landung registriert. Darunter waren auch 2685 Hubschrauber-Bewegungen. Im Vergleich zum Jahr 2019 wird deutlich, dass der Anteil der Hubschrauberflüge an den Gesamtbewegungen deutlich zugenommen hat. 2019 lag die Gesamtzahl bei 47.645 Bewegungen, also fast 4000 mehr als 2020. Die Zahl der Hubschrauberflüge lag mit 2355 Bewegungen allerdings niedriger als 2020.
Susanne Busch will gegen die Hubschrauberflüge weiter vorgehen. Leider sei der Aufschrei von Anwohnern zuletzt etwas ausgeblieben: "Mancher hat auch resigniert." Sie selbst sei keine Gegnerin des Flughafens, betont die Geschäftsfrau: "Es sind die Hubschrauberflüge, unter denen alle leiden müssen." So gehörten militärische Schulungsflüge eben nicht nach Augsburg, sondern auf einen Militärflughafen.
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