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Augsburg: Ärger an Augsburger Privatschule löst Verunsicherung aus

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Ärger an Augsburger Privatschule löst Verunsicherung aus

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    Ein Transporter der Polizei vor dem Gebäude der Hermann-Schmid-Akademie in Kriegshaber: Dort wurden vorige Woche Büroräume durchsucht.
    Ein Transporter der Polizei vor dem Gebäude der Hermann-Schmid-Akademie in Kriegshaber: Dort wurden vorige Woche Büroräume durchsucht. Foto: Annette Zoepf

    Er ist aus Afghanistan geflohen, erst seit gut drei Jahren lebt Mohammad Javad Jahangir, 20, in Deutschland. Er hat es in dieser Zeit geschafft, die mittlere Reife zu bestehen. Aktuell absolviert er eine Ausbildung zum kaufmännischen Assistenten für Informationstechnologie. Der junge Flüchtling ist einer von rund 600 Schülern, die an der privaten Hermann-Schmid-Akademie (HSA) im Augsburger Stadtteil Kriegshaber unterrichtet werden. Unter dem Dach der Akademie gibt es mehrere Privatschulen, unter anderem eine Realschule, eine Wirtschaftsschule und eine Technikerschule. Zuletzt ist die Schule aber durch ein Ermittlungsverfahren ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.

    Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs. In der vorigen Woche rückten Ermittler an und beschlagnahmten Beweismaterial. Mohammad Javad Jahangir sagt: „Durch die HSA habe ich die Chance bekommen, es überhaupt versuchen zu dürfen, die mittlere Reife zu erzielen.“ Er habe der Schule und vor allem den engagierten Lehrern dort viel zu verdanken. Er sei gut gefördert worden, dafür werde er sein ganzes Leben lang dankbar sein. Der 20-Jährige ist überzeugt, dass er es an einer staatlichen Schule deutlich schwerer gehabt hätte. Er hoffe, sagt er, dass es allen gelinge, einen „sachlichen Umgang“ mit der Situation an der Schule zu finden.

    Die Fronten an der Schule in Augsburg sind verhärtet

    Ob Wunsch und Wirklichkeit in diesem Fall zusammenfinden? Aktuell sieht es danach eher nicht aus. Die Fronten an der Schule sind verhärtet, auch durch die Lehrerschaft geht offenkundig ein Riss. Der Schulleiterin der Realschule wurde zum Schuljahresende gekündigt. Auch drei Schüler, zwei Mädchen und ein Junge, mussten die Schule verlassen und sich für dieses Schuljahr eine neue Bildungsstätte suchen. Die Schule hatte die Verträge für diese Kinder gekündigt – wegen eines Zerwürfnisses zwischen der Leitung der privaten Akademie und den Eltern. Aus den Reihen von Eltern und Lehrern kam offensichtlich auch eine Strafanzeige, welche die Ermittlungen ausgelöst hat.

    Ermittler tragen Umzugskartons in die Hermann-Schmid-Akademie: Am Donnerstag gab es an der Privatschule eine Durchsuchung.
    Ermittler tragen Umzugskartons in die Hermann-Schmid-Akademie: Am Donnerstag gab es an der Privatschule eine Durchsuchung. Foto: Annette Zoepf

    Die Kripobeamten haben nicht nur Büros der Akademie durchsucht, sie schauten sich auch in den Privatwohnungen der Verantwortlichen um. Derzeit richtet sich das Verfahren gegen den Geschäftsführer der Akademie und dessen Tochter, die als Prokuristin tätig ist. Die Ermittler gehen der Frage nach, ob es der Akademie gelungen sein könnte, durch falsche Angaben zu hohe Fördergelder vom Freistaat zu kassieren. Die Schulen wurden in den vergangenen Jahren mit Millionenbeträgen unterstützt, insbesondere beim Neubau des Schulgebäudes an der Ackermann-Straße. Das 21-Millionen-Euro-Projekt ist laut früheren Angaben der Akademie zu einem Drittel durch Fördergelder finanziert worden. Das neue Gebäude wurde im Jahr 2015 eingeweiht. Der Bau wurde aber nicht über die gemeinnützige Träger-GmbH der Akademie abgewickelt, sondern über den Förderverein. Der Verein soll nur sehr wenige Mitglieder haben, im unteren einstelligen Bereich – darunter der Geschäftsführer und die Prokuristin.

    Wegen dieses Fördervereins hat sich auch der Zwist zwischen der Akademie-Leitung und einigen Eltern entwickelt. Die Eltern der Realschule nämlich werden gebeten, monatlich 20 Euro freiwillig an den Verein zu spenden. Als zwei Väter – der Vorsitzende des Elternbeirats und dessen Vize – nachforschen wollten, wie das Geld genau verwendet wird, kamen sie nicht weit. Ihnen wurde, wie sie unserer Redaktion berichteten, der Einblick verweigert. Das bestätigte die Prokuristin auch unserer Zeitung. Sie sehe nicht ein, einzelnen Spendern detaillierte Einblicke in die Finanzen zu geben, teilte sie im Sommer auf Anfrage mit. Finanzamt, Wirtschaftsprüfer und Bank seien die Prüfinstitutionen des Vereins, und nicht einzelne Eltern.

    Krach an Augsburger Schule: Eltern sagen, dass sie Transparenz gefordert haben

    Eine Frau, die ebenfalls im Elternbeirat der Realschule saß, sagt: „Wir wollten Transparenz von der Prokuristin über die Verwendung der Fördergelder und hatten anscheinend in ein Wespennest gestochen.“ Sämtliche Bemühungen, etwa in persönlichen Gesprächen mit der Akademie-Leitung und durch Anfragen bei verschiedenen Ämtern seien alle ohne „erkennbare Reaktionen“ geblieben. Sie sagt, die Leidtragenden dieser Situation seien vor allem die Lehrer, auch durch Mobbing untereinander. Deshalb hätten sie ihr Kind nach einem Jahr auch wieder von der Schule genommen. Es sei ein Jahr gewesen, das ihre Einstellung zu Privatschulen „komplett verändert“ habe.

    Marina Fiege und Dagmar Lick-Haas sind die ehemaligen Leiterinnen der Rudolf-Diesel-Realschule, die im Konflikt gehen mussten. Sie schreiben in einem Brief an unsere Redaktion, im Kollegium habe es eine „ungesunde Fluktuation“ gegeben, weil viele engagierte Lehrer aufgrund der schlechteren Bezahlung oder wegen Konflikten mit der Prokuristin an andere Schulen gewechselt hätten. Zudem sei es ihnen nicht erlaubt gewesen, die von den Eltern gezahlten Fördergelder – deren Verbleib bis dato nicht transparent gemacht worden sei – für die Belange der Schüler einzusetzen.

    Die Leitung der Akademie hält die Vorwürfe des Betriebsrats für falsch

    Die Bezahlung der Lehrer ist ebenfalls ein Streitpunkt. Der Betriebsrat kritisiert, dass Lehrer teils zu schlecht bezahlt würden. Der Lohn sei in diesen Fällen nicht – wie vom Gesetzgeber gefordert – mit der Bezahlung an einer staatlichen Schule vergleichbar. Immer wieder seien sie auch von Kollegen dazu aufgefordert worden, als Betriebsräte für eine angemessene und sich an den Gesetzen orientierte Bezahlung zu sorgen, sagen der Betriebsratsvorsitzende Hermann Kick und seine Stellvertreterin Georgia Klein. „Antworten haben wir zu unserem Bedauern nicht bekommen.“

    Der Schulbetrieb läuft indes normal weiter. Unter Lehrern und Schülern herrsche derzeit aber eine große Verunsicherung, sagt Hermann Kick. Die Leitung der Akademie habe noch nicht ausführlicher über die aktuelle Situation informiert. Auch auf eine Anfrage unserer Redaktion hat die Schule bislang nicht reagiert. Auf der Internetseite der Hermann-Schmid-Akademie steht inzwischen aber eine Stellungnahme. Darin heißt es, die Vorwürfe des Betriebsrats seien „aus unserer Sicht nicht richtig“. Zu den Ermittlungen wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs teilt die Leitung mit: „Wir arbeiten eng mit der Staatsanwaltschaft Augsburg zusammen, damit die Vorwürfe vollständig aufgeklärt werden können.“

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