Wegen der Corona-Krise wurden zahlreiche Großveranstaltungen in Augsburg und Umgebung abgesagt. Das Modular-Festival ist eine davon. Für die Veranstalter bedeutet der Ausfall nicht nur ein finanzielles Defizit - sondern auch viel Arbeit. Was es nun zu tun gibt, verraten die Macher des Modular im Interview. Und wie Socken wenigstens ein bisschen Trost spenden sollen.
Vom 11. bis 13. Juni wäre das elfte Modular-Festival über die Bühne gegangen. Normalerweise würde ich Sie jetzt auf dem Oberhauser Gaswerkareal antreffen und nicht in der Zentrale des Stadtjugendrings.
Patrick Jung: Das stimmt. Am Donnerstag wäre dort das erste Material angeliefert worden und wir hätten uns mitten in der heißen Phase des Aufbaus befunden.
Aufgrund der Corona-Krise kam aber alles anders. Mitte April gab die Stadt bekannt, dass unter anderem das Jugendfestival in diesem Jahr nicht stattfinden kann. Was haben Sie in den vergangenen Wochen getan?
Jung: Wir haben das, was in monatelanger Vorarbeit zuvor geplant wurde, wieder rückabgewickelt. Wir haben also alle angerufen und allen abgesagt. Teilweise war das aber gar nicht mehr möglich. Nachdem das Modular-Festival recht früh im Jahresverlauf stattfindet, waren einige Leistungen schon erbracht, wie etwa die Grafiken, das Programmheft oder das Sicherheitskonzept.
Helmut Jesske: Die Organisation eines Festivals setzt sich aus 1000 Puzzleteilen zusammen. Verfahren für öffentliche Ausschreibungen, wie etwa für das Sicherheitskonzept, müssen frühzeitig angegangen werden.
Sie haben natürlich auch schon Geld in das Festival investiert, das nun gar nicht stattfindet. Können Sie einen Betrag nennen?
Jesske: Noch nicht. Wir müssen erst abwarten, wie die Ticketrückgabe läuft.
Jung: Damit der finanzielle Schaden für uns nicht zu groß wird, sind wir auf Unterstützung angewiesen.
Wie wollen Sie die erhalten?
Jung: Wir setzen auf die Hilfe unserer Besucher und Fans des Modular-Festivals. Insgesamt 3100 Eintrittskarten waren bereits verkauft. Derzeit können die Tickets zurückgegeben werden. Die Besucher können das Geld für ihr Ticket zurückbekommen, sie können es aber auch spenden und erhalten dafür eine Modular-Danke-Box.
Was ist in der Box drin?
Jung: In der Box sind eigens designte Modular-Socken, ein Festivalbecher, ein Festivalbändchen, ein Plakat und viele weitere Dinge, wie ein Bierdeckel. Die Box kann über unsere Homepage für 50 Euro bestellt werden, es gibt aber auch die Modular-Socken für 20 Euro und einen Festival-Trinkbecher für 15 Euro. Ohne Veranstaltungen wird es für viele junge Menschen ein trister Sommer – da ist es doch schön, ein Stück Modular zu Hause zu haben.
Für Sie muss der Ausfall des Festivals besonders schlimm sein. Seit 2015 arbeiten Sie im Modular-Team mit und haben im vergangenen Sommer die Leitung des Festivals übernommen.
Jung: Ja, die ersten Wochen nach der Bekanntgabe, dass das Festival ausfällt, waren hart. Schließlich ist ein neues Team mit vielen neuen Ideen am Werk, die in diesem Jahr nicht umgesetzt werden können. Das ist ein Gefühl von Machtlosigkeit, die einen trifft. Da hilft es aber nicht, den Kopf in den Sand zu strecken. Wir haben uns stattdessen in die Arbeit gestürzt – auch wenn eine Portion Wehmut dabei ist. Allein der Blick auf den Wetterbericht tut weh: Wir hätten wohl drei Tage Sonnenschein gehabt. Aber es ist ja nicht nur für uns schlimm. Es ist für unsere vielen ehrenamtlichen Helfer schlimm, die sich dort nun nicht treffen und mitwirken können. Der Stadtgesellschaft entgeht eine kulturelles Highlight, den Jugendlichen ihr Festival.
Jesske: Die Kinder und Jugendlichen sind die Verlierer der Corona-Krise – sie schauen voll in die Röhre. In den vergangenen Monaten mussten auch die Jugendhäuser geschlossen bleiben, dabei lebt Jugendarbeit vom Miteinander.
Was entgeht den Menschen, die das Modular-Festival 2020 besucht hätten?
Jung: Wir hätten in diesem Jahr erstmals eine Stunde länger Musik machen dürfen und hätten somit die Aufenthaltsqualität erhöht. Wir hätten alle Bühnenpositionen verschoben und das Thema Sport wäre unter anderem mit einem Boulderbereich und einer Rollschuhdisco der 1980er Jahre wieder mehr in den Vordergrund gerückt. Ein Großteil des Sportprogramms hätte sich in einem Bereich vor dem eigentlichen Festivalgelände abgespielt und wäre somit für jeden zugänglich gewesen. Es hätte im Vorfeld zur Einstimmung auch keine Festivalzentrale gegeben, sondern ein Modular-Eismobil.
Modular-Festival 2021: Noch wurden keine Bands gebucht
Viele Ideen können Sie sicherlich im kommenden Jahr umsetzen. Wie sehen da Ihre Planungen aus?
Jung: Für das kommende Jahr haben wir noch nichts gebucht. Wir wollen jetzt keine Schnellschüsse tätigen.
Jesske: Wir werden den 1. Oktober abwarten. Bislang sind bis 31. August alle Großveranstaltungen verboten, Weiteres ist noch nicht bekannt. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch zu wenig: Kommt eine zweite Welle? Gibt es neue Entscheidungen vom Bund oder den Ländern?
Natürlich benötigt die Organisation aber eine gewisse Vorlaufzeit und lässt sich nicht in wenigen Wochen stemmen.
Jesske: Das stimmt. Wir sind natürlich im engen Austausch mit den Stadtwerken, denen das Oberhauser Gaswerkgelände gehört und die es zur Zeit umbauen. Möglicherweise müssen wir im kommenden Jahr mit dem Termin flexibler sein und das Zeitfenster vergrößern.
Wie meinen Sie das?
Jesske: Wir müssen uns die Option offen halten, das Festival im Sommer oder am Ende des Sommers zu veranstalten. Schließlich weiß niemand, inwieweit sich die Vorgaben verändern. Wir werden uns mit den Veranstaltern der anderen Augsburger Großveranstaltungen, wie den Sommernächten oder des Brechtfestivals, an einem Runden Tisch treffen und beraten. Der Austausch tut gut, denn es stehen alle vor denselben Problemen.
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Die Verantwortlichen des Modular-Festivals sind:
Patrick Jung, 31, leitet das Jugendfestival Modular.
Helmut Jesske, 58, ist Geschäftsführer des Stadtjugendrings.
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