134 Kreuze haben IG Metall und der Betriebsrat des Automobilzulieferers Faurecia in einen Grünstreifen vor dem Werksgelände in der Biberbachstraße in Oberhausen gesteckt. Auf ihnen sind Bilder von Beschäftigten zu sehen, die sinnbildlich für 134 von 1400 Faurecia-Mitarbeiter stehen, deren Stelle gestrichen werden soll. "Wir wollten noch einmal auf uns aufmerksam machen", erklärt Betriebsratsvorsitzender Erich Vollmann die Aktion am Montag. Denn bekannt wurde der geplante Stellenabbau bereits im September letzten Jahres. Seither haben Arbeitnehmervertreter versucht, dies zu verhindern oder zumindest eine Senkung der zu streichenden Stellen zu erreichen. Allerdings vergebens, wie Vollmann am Montag bei einer kleinen Kundgebung berichtete.
Faurecia nennt Krise der Autoindustrie und Corona als Grund
Das Unternehmen begründete den Stellenabbau, der sozialverträglich erfolgen soll, zuletzt mit der Krise in der Automobilindustrie sowie der Corona-Pandemie. Grundsätzlich, sagt Vollmann, seien diese Argumente auch nicht völlig von der Hand zu weisen. Auch die aktuell schlechte Auslastung, die immer wieder angeführt werde, könne nicht wegdiskutiert werden. Montag bis Mittwoch, so der Betriebsrat, seien in der Produktion nur etwa 50 Prozent der Beschäftigten im Einsatz, Donnerstag und Freitag noch weniger. Zwischenzeitlich habe man in der Produktion sogar zu 100 Prozent Kurzarbeit gehabt. Auch in der Entwicklung sei Kurzarbeit teils zum Einsatz gekommen.
Doch auch wenn diese Zahlen die Argumente des Unternehmens derzeit stützen, so drücke sich darin auch ein großes Versäumnis des Managements aus: "Man hat es schon vor Corona verpasst, sich auf den Wandel in der Automobilindustrie einzustellen, sich neu auszurichten und neue Aufträge zu gewinnen", sagt der Betriebsrat. Jetzt würden in diesem Jahr einige Großprojekte auslaufen, ohne dass Anschlussprojekte gewonnen worden sind.
Stellenabbau in Augsburg: Faurecia lehnte Beschäftigungsgarantie ab
Ebenso ärgern sich die Arbeitnehmervertreter darüber, dass Faurecia es abgelehnt hat, erneut eine Beschäftigungsgarantie zuzusagen, in deren Gegenzug die Belegschaft Zugeständnisse macht - beispielsweise keine Bezahlung von Mehrarbeit. Die letzte Beschäftigungssicherung war vor sechs Jahren geschlossen worden und lief Ende 2020 aus. Laut Betriebsrat Ali Can Cagliyan hätten die Mitarbeiter am Standort über diesen Zeitraum Zugeständnisse in Höhe von 50 Millionen Euro gemacht. "Diese Vereinbarung diente nicht nur dem Erhalt des Arbeitsplatzes, sondern sollte auch helfen, den Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen." Eine Verlängerung dieser Maßnahme habe die Unternehmensleitung abgelehnt, stattdessen sei man zum Tarifvertrag zurückgekehrt und habe den Abbau der Arbeitsplätze angekündigt, schildern die Arbeitnehmervertreter das Vorgehen.
Aktuell laufen die Verhandlungen zum Stellenabbau laut Betriebsrat Vollmann "zäh", aber immerhin gäbe es das Potenzial für sozialverträgliche Lösungen und Freiwilligenprogramme. Ob noch mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen könnten, sei schwer abzusehen. "Das hängt ganz stark von den weiteren Entwicklungen ab."
IG Metall rechnet mit Verlust von über 2000 Stellen in Nordschwaben
Und wie sieht die Lage in den IG-Metall-Betrieben in Augsburg und der Region generell aus? "Das Bild, das wir haben, ist sehr durchwachsen", schildert Angela Steinecker, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Augsburg. Während bei manchen Firmen die Auftragsbücher weiter voll seien und sogar Personal eingestellt werde, gebe es auch Beispiele mit Personalabbau, wie eben bei Faurecia. Insgesamt jedoch erwarte die IG Metall für Augsburg und die Region bislang keine große Insolvenzwelle oder gar Werksschließungen - auch nicht im Mittelstand. Etwas eingetrübt wird die Prognose allerdings doch: In den kommenden drei Jahren werden in der Metall- und Elektrobranche in Augsburg und Nordschwaben über 2000 Arbeitsplätze verloren gehen. Darin eingerechnet sind bereits bekannte Stellenstreichungen wie jene bei Premium Aerotec oder MAN Energy Solutions.
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